125000 Euro für Gemeindehaus und Kirche

Von Konrad Buck

Rund 125000 Euro für gute Zwecke: Die Nufringer Konfirmanden der vergangenen 19 Jahre haben jeweils am Tag der Deutschen Einheit erkleckliche Beträge erradelt. Dafür wurde die evangelische Kirchengemeinde nun mit einem „Fundraising-Preis“ der Württembergischen Landeskirche ausgezeichnet.

125000 Euro für Gemeindehaus und Kirche

Das Konfirmanden-Radelngibt es schon seit 19 JahrenGB-Fotos: gb

Das Nufringer Konfirmanden-Radeln belegte in der Kategorie „Stiftung“ den mit 800 Euro dotierten zweiten Platz. 2020 jährt sich dieses Konfirmanden-Radeln bereits zum 20. Mal. „Da fahre ich wahrscheinlich noch eine Ehrenrunde mit“, schmunzelt Heidi Fuchs. Eine „Ehrenrunde“ deshalb, weil Heidi Fuchs den neuen Konfirmanden-Jahrgang bereits in die Obhut des Jugendreferenten Martin Faiß abgegeben hat – denn die langjährige, seit Februar 1998 am Ort tätige Theologin wird am 18. Oktober verabschiedet und tritt danach ihren Ruhestand an.

Heidi Fuchs hatte vor 20 Jahren die Idee geboren, jährlich am Tag der Deutschen Einheit (3. Oktober) ein „Konfi-Radeln“ als Fahrrad-Sponsoren-Rallye auszurichten, wahlweise 25 oder 50 Kilometer lang. Die Jugendlichen waren dabei angehalten, Sponsoren für die gute Sache zu finden. Die Spanne pro Konfirmand reicht von drei Sponsoren, bestehend aus Eltern und Großeltern, bis hin zu 47 Geldgebern, die pro zurückgelegtem Kilometer eine zuvor vereinbarte Summe spendieren. In den Anfangsjahren kam das Geld dem evangelischen Gemeindehaus zugute – rund 100000 Euro sind für dieses Projekt erradelt worden. Danach floss der Erlös in die Stiftung Pelagiuskirche, die die erforderlichen Umbauten und Renovierungen an der aus dem zwölften Jahrhundert stammenden Kirche finanziert.

Die Konfirmanden haben in den 19 Jahren rund 125000 Euro für gute Zwecke erwirtschaftet, im Schnitt haben sie pro Jahr ungefähr 1000 Kilometer zurückgelegt. „Dabei konnte man das Schöne wie Spaß, Freude und Bewegung mit dem Nützlichen verbinden. Ich versuche ohnehin, den Konfis die Kirche lieb und wichtig zu machen und sie ins Bewusstsein zu rücken“, sagt Heidi Fuchs, die das Konfirmationsjahr stets mit zusätzlichen Angeboten und Aktionen angereichert hat – zum Beispiel mit einer Siegerehrung nach der Radaktion samt Pizza-Essen und Übernachtung. Auch Eltern und Kirchengemeinderäte haben sich an den wechselnden Ausfahrten beteiligt – und natürlich Pfarrerin Heidi Fuchs. Sie agierte meist bei der kürzeren 25-Kilometer-Tour als „Nachhut“, um die langsameren Radler zu begleiten, obwohl die Theologin sonst weitaus längereStrecken gewohnt ist: In jedem Jahr macht sie sich zu Beginn der Sommerferien alleine auf eine lange Radtour auf – Taizé, Prag und Paris gehörten bislang ebenso zu ihren Reisezielen wie Venedig oder die Orte, an denen Martin Luther gewirkt hatte. In diesem Jahr wird die sommerliche Tour aber, wenn überhaupt, nur kurz sein, weil sich vor ihrer für den 18. Oktober vorgesehenen Verabschiedung noch viele Termine ballen und weil zudem das Pfarrhaus auszuräumen ist.

Auffallend ist, dass die Jahrgänge zuletzt relativ schwach besetzt waren. „Vor 20 Jahren hatten wir noch bis zu 45 Konfirmanden“, erinnert sich Heidi Fuchs. Der aktuelle Jahrgang, dessen Konfirmationsfest im Herbst nachgeholt wird, umfasst nur 13 Jugendliche, der künftige Konfi-Jahrgang sogar nur zwölf Jungen und Mädchen. Neben demografischen Gründen ist diese Entwicklung wohl auch einer zunehmenden Kirchenferne geschuldet. „Viele Eltern haben keinen Bezug mehr zur Kirche, die Säkularisierung ist auch in Nufringen angekommen“, stellt Heidi Fuchs fest.

Der erste Preis im Segment „Stiftung“ wurde der Reutlinger Kreuzkirchengemeinde zuerkannt, die 100 Menschen dazu motivieren konnte, gemeinsam die „Stiftung lebenswerte Nachbarschaft“ zu gründen. Das Anfangsvermögen betrug 230000 Euro. Den ersten Platz in der Kategorie „Einzelmaßnahme“ belegte eine Aktion der evangelischen Kirchengemeinde Baltmannsweiler, die bei der Aktion „Sieben Wochen ohne Kleingeld“ die Frage aufwarf, wie viel der Pfarrer der Kirchengemeinde wiegt. Antwort: so viel wie 1655 Euro Münzgeld und einige Dutzend „Steine für Scheine“ zugunsten der Kirchenrenovierung. Diese Aktion wurde mit dem ersten Platz und 1200 Euro Preisgeld bedacht. Die Kirchengemeinde hatte ihre Mitglieder im Jahr 2018 dazu aufgerufen, sieben Wochen lang kein Kleingeld auszugeben, sondern die Münzen so lange zu horten, bis deren Gesamtgewicht dem Körpergewicht des örtlichen Pfarrers entspricht.

In der Kategorie „Gesamtkonzept“ sprach die Jury dem Projekt „Gemeinsam schaffen wir es!“ der Kirchengemeinde Weissach den ersten Platz zu. Konzerte, ein Schwäbischer Abend mit dem Schriftsteller und Historiker Gerhard Raff, mehrere Kunstausstellungen, eine Weinprobe und ein „Church-Run“ brachten 135000 Euro für die Kirchenrenovierung. Um den „Fundraisingpreis 2020“ der Evangelischen Landeskirche Württemberg hatten sich 24 Kirchengemeinden mit Spendenaktionen aus den vergangenen drei Jahren beworben.