Altstadtlauf-Splitter

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Herrenberg Altstadtlauf 2019 GB-Foto: Bäuerle

Herrenberg Altstadtlauf 2019 GB-Foto: Bäuerle

Das perfekte Promi-Rennen

Schon seit dem ersten Altstadtlauf organisiert Günther Ansel das Prominenten-Team. Die einzige Gruppe, die mehr als zehn Teilnehmer haben darf. „Einige Läufer haben nicht so lange Zeit, weil sie noch andere Termine haben“, erklärt Günther Ansel diese Besonderheit. So habe zum Beispiel Marc Biadacz, Bundestagsabgeordneter der CDU, nur eine Stunde rennen können, bevor er zu einem Anschlusstermin fahren musste. „Deshalb braucht man mehr Leute, dann kann man die Laufzeiten gut verteilen“, meint Günther Ansel. Neben Marc Biadacz konnte der 77-Jährige noch 17 weitere, namhafte Personen aus dem Kreis für den Altstadtlauf begeistern. „Herrenbergs Oberbürgermeister Thomas Sprißler muss man zum Laufen auch gar nicht überreden, der ist jedes Mal Feuer und Flamme“, freut sich Günther Ansel. „Aber das sind wir alle.“ Daher komme auch der Team-Slogan „Ich b(renne) für den Altstadtlauf“. „Es ist faszinierend, wie in kurzer Zeit so ein tolles Team zustande kommen kann“, schwärmt Günther Ansel. „Alle sind begeistert.“ -jsp-

Gorilla läuft mit

Bei der Affenhitze im Gorilla-Kostüm unterwegs? Mit langen schwarzen Zottelhaaren? Und Kunststoffmaske? Und das Ganze als Läufer beim 100-Kilometer-Altstadtlauf? Gibt’s nicht? Doch, doch. Das gibt’s. Und ja doch: ganz ohne Jux. Im Kostüm steckt Jörn Dierberger, der für die „Gassahuber“ Herrenberg das Staffelholz über Asphalt und Kopfsteinpflaster trägt. „Wenn man läuft, dann geht’s“, sagt er lapidar. „Aber wenn man steht, dann steigt die Hitze auf.“ So wie jetzt. Das Affenfell ist vorne bis zum Bauchnabel geöffnet, die Suppe rinnt dem 32-jährigen Herrenberger in Strömen hinunter. Wie man auf so eine, äh, affige Idee kommt? „Es macht halt Spaß.“ Die Reaktionen des Publikums seien außerdem top, Affengebrüll inklusive. Es ist nicht das erste Mal, dass Dierberger in diesem Outfit beim Altstadtlauf mitmacht, sondern das dritte Mal. Dieses Jahr allerdings schränkt er seinen Einsatz als laufender Gorilla ein: Von sechs Runden läuft er lediglich zwei im Kostüm: „Man wird halt älter.“ -wey-

Jubel für die Fans

Schon seit fünf Jahren gehört der Fan-Pavillon des Sommerrain-Teams und des SV Affstätts zum Altstadtlauf einfach mit dazu. Nicht nur Kuchen und Getränke warten hier auf die Läufer, auch der Jubel ist aus diesem Zelt am lautesten. „Wir sind alle Familienmitglieder und Freunde von Läufern“, erklärt Dagmar Kunkel, die den Fan-Pavillon mitorganisiert hat. Aber nicht nur die Läufer aus den eigenen Reihen werden lauthals angefeuert. „Wir wollen alle mit unserem Jubel anspornen.“ Dafür bekomme der Fanblock auch immer tolle Rückmeldung von den Sportlern, viele bedanken sich am Ende für den Ansporn. „Bei der Ehrenrunde bejubeln sie dann oft uns“, strahlt Dagmar Kunkel. „Unser Fanblock macht einfach immer Riesenspaß.“-jsp-

Runde über 660 Kilometer

Eine Runde über 1,3 Kilometer? Da kann Horst Bloemsaat nur lächeln. Der Deckenpfronner dreht demnächst eine über sage und schreibe 660 Kilometer, gespickt mit 7500 Höhenmetern. Okay, nicht laufend, sondern wandernd. Und nicht in Stunden, sondern in Tagen. Um genau zu sein: In zehn bis 14 Tagen, schätzt der 56-Jährige. Aber die zweimal 1,3 Kilometer durch die Herrenberger Altstadt riss er am Samstag dann doch recht gelassen – trotz der Bollenhitze. „Ich wollte eigentlich nur zuschauen“, sagte er während des Laufs gegenüber dem „Gäubote“. Aber dann funkte die SG Stern Sindelfingen, bei der er Mitglied ist, SOS: Krankheit und Verletzung ließen die Läuferzahl innerhalb des Teams immer weiter schmelzen. Also stieg Bloemsaat, der „beim Daimler“ als Industriemechaniker tätig ist, kurzerhand ein. Klar, einer wie er, der schon zig Marathons und Ultraläufe absolviert hat, muss da nicht lange überlegen. Die Nummer mit der 660-Kilometer-Runde aber ist eine andere. Die führt ihn ab kommenden Samstag, 6. Juli, von seinem Heimatort rund um den Schwarzwald. Dabei hat er nur das Nötigste. Unterwegs wird er ausschließlich zelten. Und Getränke und Essen wird er sich „erbetteln“, wie er sagt, indem er bei Bedarf an Häusern klingelt. Die ganze Sache ist eine für einen guten Zweck: Er versucht, mit der Aktion Geld einzusammeln für die Kinderklinik in Tübingen. Wer Horst Bloemsaat in seinem Vorhaben unterstützen möchte, kann dies über die eigens eingerichtet Homepage unter der Adresse www.kinderspendenlauf.de tun. Dort findet sich übrigens auch einen Link, über den man den 56-Jährigen jederzeit tracken kann. -wey-

Mit Massage fit fürs Laufen

Ein weißes Zelt, mehrere Liegen und geschulte Fachkräfte der Physiotherapie-Praxis Dr. Georg Drenker sorgen dafür, dass die Läufer nach getaner Arbeit wieder auf die Beine kommen. „Die Sportler können sich hier hinlegen und wir massieren ihnen gegen eine Spende von zwei Euro die Oberschenkel und Waden“, erläutert Adeline Weber. „Damit die Läufer wieder fit sind und weitermachen können.“ Während die Masseurinnen zu Beginn noch wenig zu tun haben, stehen die Läufer nach einigen Stunden vor dem kleinen Zelt Schlange. „Nach einer Weile bekommen viele Wadenkrämpfe durch die Belastung“, erklärt Adeline Weber. „Da wird unser Angebot natürlich gerne angenommen.“ -jsp-

Am Start für die Vielfalt

Die Initiative „Herrenberg bleibt bunt“ zeigt Flagge beim Altstadtlauf und hat ein eigenes Team gemeldet. Eines, bei dem das Motto Programm ist: Dort nämlich geben sich Menschen aller Couleur und aus zahlreichen verschiedenen Heimatländern den Staffelstab in die Hand – eine Handlung durchaus mit Symbolkraft in diesem Kontext. Und in diesen Zeiten. Läufer aus Deutschland, aus Syrien, aus Simbabwe sind dabei und haben ein gemeinsames Ziel vor Augen. Aus Afghanistan ist auch einer am Start: Sher Ali Ghamjan. Er lebt seit 2015 in Deutschland und kommt aus dem Schwärmen ob dieser Großveranstaltung, von der er das erste Mal ein Teil ist, nicht mehr heraus: „Es ist echt cool hier!“, sagt er über beide Ohren grinsend. Trainiert hat er zwar kaum, was aber auch kein Problem für ihn ist. Hitze hin, Hitze her. Denn der 20-Jährige ist fit wie ein Turnschuh. Seit er in Deutschland ist, spielt er Handball, und zwar in Leonberg in der zweiten und in der dritten Herrenmannschaft, und engagiert sich als Schiedsrichter. Am Ende des Samstags wird er sage und schreibe zwölf Runden gedreht haben. Schwer vorstellbar, dass das bei dieser achten Lauf-Auflage jemand übertroffen hat. Seine schnellste übrigens in 4:59 Minuten. Zum Vergleich: Kamen Mobili, der schnellste aller gut 1000 Läufer, brauchte für seine feinste Sahnerunde 4:01 Minuten, also gerade einmal 58 Sekunden weniger. Mobili hätte übrigens auch bestens ins Team von Sher Ali Ghamjan gepasst: Er ist Italiener und hat Wurzeln in Bulgarien. -wey

Wie im italienischen Dorf

Peter John ist als einer der Moderatoren hautnah an den Läufern. „Ich habe schon einige Wiederholungstäter entdeckt“, meint Peter John. „Aber auch viele junge Teams, die zum ersten Mal mitlaufen.“ Gerade da sei er auch gespannt, wie sie die Hitze wohl meistern werden. „Solche Wetterverhältnisse ist ja nicht jeder gewohnt.“ Auch die Moderatoren müssten sich bei dem heißen Wetter in Acht nehmen. „Wir dürfen keine kalten Getränke zu uns nehmen, sonst ist bei der Siegerehrung die Stimme weg“, weiß Peter John aus Erfahrung. Die kühlen Getränke gebe es erst hinterher. „Aber nach dem Lauf herrscht in Herrenberg auch ein besonderes Flair“, findet John. Im Gegensatz zu anderen Feiern würden die Leute nach dem Altstadtlauf nämlich nicht am Alkohol abstürzen. „Da wird dann ein leichtes, beschwingtes Sommerfest gefeiert“, freut sich Peter John. „Ein Leben wie in einem italienischen Dorf.“-jsp-

Wohnmobil-Blockaden

Die Terroranschläge in Berlin haben auch in Herrenberg ihre Spuren hinterlassen. Um für absolute Sicherheit zu garantieren, versperren während des Laufs Wohnmobile jede mögliche Einfahrt in die Altstadt. „Pkws kann man dafür nicht nehmen, nach den Sicherheitsauflagen brauchen die blockierenden Wägen ein bestimmtes Gewicht“, erklärt Altstadtlauf-Organisationsmitglied Erich Kienle. Zudem müsse ständig jemand in der Nähe sein, um das Wohnmobil wegfahren zu können, falls Hilfskräfte durch müssen. Der Wohnmobilvermieter „my Caravaning“ habe sich dazu bereit erklärt, die Blockaden kostenlos zu übernehmen. „Das passt ganz gut, Wohnmobile sorgen ja auch für ein wenig Urlaubsflair“, meint Erich Kienle.-jsp-

Lieber lachen, statt schwitzen

Während sich die Läufer abmühen, genießen einige Fans lieber den gemütlichen Teil. Das Bier steht gekühlt in einer Ecke. Tische und Bänke sind aufgebaut. „Hier ist es schattig“, lautet Reinhold Eiseles lachende Antwort auf die Frage, warum sich der Fanblock gerade diese Ecke ausgesucht hat. „Und Bekannte von uns wohnen hier.“ Die Gruppe schaue dem Altstadtlauf nicht zum ersten Mal aus dieser Perspektive zu. „Es macht Spaß, Freunden zuzusehen, wie sich quälen“, grinst Christian Brodbeck. Aber nicht nur die Schadenfreude sorgt bei den gut gelaunten Herrenbergern für Begeisterung. „Der Altstadtlauf bietet man ein bisschen Abwechslung“, sind sie sich einig. „Endlich ist mal wieder was los in Herrenberg.“-jsp-

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Erstellt:
1. Juli 2019

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