Dass der HC Neuenbürg kein Aufsteiger wie jeder andere ist, wurde gestern Abend in der Markwerghalle deutlich. So mussten sich die Herrenberger Oberliga-Handballer vor gut 500 Zuschauern am Ende mit 33:35 gegen den Liga-Neuling geschlagen geben.
Janne Böhm (SG H2Ku Herrenberg) hat bei diesem Tempogegenstoß freie Bahn GB-Foto: Drofitsch/Eibner
Über weite Strecken des Spiels lagen die SG-Männer vorne – und in der 56. Minute waren die Gäste beim 33:32 erstmals in Führung gegangen. „Wir haben uns in der entscheidenden Phase nicht so clever angestellt, da war Neuenbürg abgezockter und hat deshalb verdient gewonnen“, lautete das Fazit von SG-Trainer Fabian Gerstlauer nach dem Abpfiff. Er hatte eben auch gesehen, dass es in dieser Saison unter den Aufsteigern „kein Fallobst gibt“ – was in besonderer Weise für den HC Neuenbürg gilt, der mit etlichen Akteuren gespickt ist, die schon höherklassig gespielt haben.
Die ersten 30 Minuten gingen mit der 20:17-Führung beim Pausenpfiff allerdings klar an die Gastgeber, bei denen vor allem Sandro Münch mit seinen zwölf Treffern zu alter Torgefährlichkeit zurückgefunden hatte. Bereits nach 30 Sekunden war es indes Maximilian Bröhl, der zum ersten Treffer am gestrigen Abend hochstieg. In der Abwehr überraschten die Hausherren gegen den spielstarken Aufsteiger mit einer eher offensiveren Variante. „Das haben wir ganz bewusst gemacht“, erklärte Gerstlauer mit Blick auf den wurfgewaltigen Gegner. Probleme hatte die SG immer wieder mit dem Neuenbürger Rückraumspieler Marco Langjahr, der beispielsweise beim 10:9 (14.) praktisch unbedrängt durch die Abwehr spazierte.
Nach einer Viertelstunde gelang es der SG H2Ku zum ersten Mal, sich auf drei Tore abzusetzen, als Yannik Schopp per Konter das 12:9 erzielte. Gästetrainer Erkan Öz reagierte mit einer Auszeit, doch danach erhöhte Schopp mit einem Dreher von der Außenbahn auf 13:9. Anschließend ließen die Hausherren in doppelter Überzahl und beim 14:10 jedoch die große Chance aus, den Vorsprung weiter auszubauen. Julian Frauendorff verkürzte aus dem Rückraum zum 11:14 – und nach einem Stürmerfoul von Jannis Mezger trickste Langjahr die SG-Abwehr trotz Sonderbewachung durch Schopp beim 12:14 (19.) aus, als bereits Zeitspiel angezeigt war. Trotzdem erarbeitete sich die SG erneut einen Vier-Tore-Vorsprung, als Münch mit seinen Strafwürfen zum 18:14 oder 20:16 (30.) erfolgreich war. Beim 20:17 aus Herrenberger Sicht ging es in die Kabinen – und die SG-Anhänger waren durchaus zuversichtlich, dass an diesem Abend erneut ein Heimsieg möglich ist.
Nach dem Seitenwechsel blieb es bei der Manndeckung für Langjahr, doch plötzlich wurde es eng: Münch scheiterte mit einem Siebenmeter an HC-Keeper Felix Spohn, aber auch Mezger leistete sich einen Fehlwurf gegen den starken Gästekeeper. Als sich Max Fuhrmann ebenfalls eine Fahrkarte geleistet hatte und Neuenbürg per Konter beim 23:23 (39.) den Ausgleich markierte, reagierte SG-Coach Gerstlauer mit einem Time-out. Mit einem Doppelschlag brachte Alexander Zürn die Herrenberger zwar wieder mit 26:24 (41.) in Führung – und die SG legte bis zum 32:31 durch Münch (53.) immer wieder vor.
In der Schlussphase waren die Neuenbürger dann jedoch den entscheidenden Tick cleverer: Langjahr glich mit einem verdeckten Wurf zum 32:32 aus, während Frauendorff einen Fehlwurf von Bröhl mit dem 33:32 (56.) bestrafte – und damit der ersten Führung des Aufsteigers. Doch damit nicht genug: Ausgerechnet jetzt entschärfte HC-Schlussmann Spohn einen Strafwurf von Fuhrmann – und wieder mal in Unterzahl war Xaver Nitzke von außen zum 34:32 (59.) für die Gäste erfolgreich. Die SG-Herren versuchten es noch mit einer Auszeit und einer offenen Abwehr, doch die Gäste aus Neuenbürg ließen sich den Sieg nicht mehr aus der Hand nehmen.
Gerstlauer sieht eine Steigerungim Offensivspiel der SG
Kein Wunder war es da, dass Gästetrainer Öz nach 7:3 Zählern aus den ersten fünf Spielen von einem Traumstart für den Neuling sprach. „Aber das war bisher nur der Anfang“, wies er ebenfalls darauf hin, dass es bisher nur wenige Vertreter aus der Badenliga geschafft haben, in der BWOL zu bestehen. Für Fabian Gerstlauer gab es trotz der Enttäuschung über die neuerliche Heimniederlage gegen einen Aufsteiger auch positive Aspekte. So hatte er eine Leistungssteigerung in der Offensive gesehen, aber ebenso, dass Sandro Münch im Angriff ein starkes Spiel gemacht hatte. „Er hat seine Nebenleute gut eingesetzt und selbst Torgefahr ausgestrahlt“, so der SG-Trainer. Deshalb müssten seine Spieler in den nächsten Tagen wieder die Köpfe frei kriegen – denn am kommenden Sonntag geben die Herrenberger in Schutterwald erneut bei einem starken Aufsteiger ihre Visitenkarte ab.
SG H2Ku Herrenberg: Mohr, Heinz (beide im Tor), Schopp (4), Fuhrmann (4/4), Marquardt (4), Zürn (2), Finn Böhm, Janne Böhm (2), Münch (12/5), Stöffler, Bröhl (4), Schnitzler, Mezger (1)
HC Neuenbürg: Spohn, Panazan (beide im Tor), Frauendorff (6), Nitzke (6), Kern, Kraus (6/4), Angrick (3), Kracht (4), Karasinski, Langjahr (8), Unser, Blum (2), Bäuerlein