„Auch ich kann die Uhr nicht zurückdrehen“

Viel hatten sich die Verantwortlichen und Fans der SG H2Ku Herrenberg vom Comeback von Tobias Barthold erhofft, nur wenig ist bei der derben 16:31-Niederlage beim TSV Zizishausen herumgekommen. Wunderdinge hatte aber selbst der langjährige SG-Torhüter nicht erwartet. „Auch ich kann die Uhr nicht zurückdrehen“, kommentierte Tobias Barthold sein erstes Spiel nach zuvor 18 Monaten Pause.

Von Edip Zvizdiç

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Greift in der Not bei seinem „Herzensverein“ SG H2Ku Herrenberg noch mal ins Geschehen ein: Tobias Barthold GB-Foto: Zvizdic

Greift in der Not bei seinem „Herzensverein“ SG H2Ku Herrenberg noch mal ins Geschehen ein: Tobias Barthold GB-Foto: Zvizdic

Als Tobias Barthold in der elften Minute für den A-Jugendlichen Georg Mohr das Feld betrat und katzengleich wie eh und je seinen Posten zwischen den Pfosten des SG-Tores einnahm, ging ein Raunen durch die Reihen des Herrenberger Anhangs. Als „Barthel“ dann auch gleich den ersten Wurf auf sein Tor entschärfen konnte – ausgerechnet gegen seinen langjährigen Herrenberger Mitspieler Cornelius Maas –, stimmten die Fans der SG H2Ku Herrenberg bereits die ersten, mantramäßig vorgetragenen Sprechchöre an. „Es gibt nur einen Tobi Barthold“ sollte auch dem Gegner in dessen Halle klarmachen, dass er eigentlich nichts mehr zu erwarten hatte.

Wunsch und Wirklichkeit gehen aber selten Hand in Hand. Vor allem dann, wenn das Alter eine gewichtige Rolle einnimmt. Denn so geschmeidig sich Tobias Barthold im Kasten der SG auch bewegte, seine 40 Jahre forderten augenscheinlich ihren Tribut. An Bälle, die er früher um den Pfosten gucken konnte, kam er nicht heran. Andere wiederum rutschten ihm durch die Hosenträger. So verpuffte der „Barthell“-Effekt bevor er überhaupt eingetreten war. Die Herrenberger Torwart-Legende wusste seine eigene Leistung nach dem Spiel aber genau einzuordnen: „Nach 18 Monaten Pause und nur einem Training diese Woche konnte man auch von mir keine Wunderdinge erwarten.“

Dass er sich überhaupt noch einmal überreden ließ, war der Notsituation geschuldet, in der sich sein Herzensverein aktuell befindet. Nachdem sein Nachfolger als Herrenberger Nummer eins, Marvin Heinz, in der vergangenen Woche einen gegnerischen Wurf aus nächster Distanz genau ins Gesicht bekommen hatte und mit Verdacht auf eine schwere Gehirnerschütterung das Spiel gegen Bittenfeld II vorzeitig beenden musste, war die SG mangels Alternativen auf der Torhüterposition zum Handeln gezwungen. Denn auch Nicolas Rhotert (Muskelfaserriss) muss schon seit geraumer Zeit verletzt passen, so dass nur der unerfahrene A-Jugendliche Georg Mohr zur Verfügung stand. „Wir haben nach externen Möglichkeiten geschaut, die haben sich aber allesamt zerschlagen“, nannte SG-Trainer Fabian Gerstlauer seine Beweggründe. „Dann haben wir die naheliegendste Lösung gesucht und bei Barthel angefragt. Er hat kurz überlegt und dann zugesagt.“ Damit hatte der Herrenberger Coach die größte Baustelle geschlossen – und kann auch in den kommenden Spielen auf seinen ehemaligen Mitspieler bauen. „Tobias hat uns seine Hilfe angeboten, solange Marvin und Nico ausfallen“, ist Fabian Gerstlauer erleichtert und weiß das Engagement der Torhüter-Ikone zu schätzen. „Das ist überragend.“

Für Tobias Barthold selbst ist das keine große Sache. „Der Verein hat mich gebraucht, und es fällt mir immer noch schwer, meiner SG abzusagen.“ Dennoch betont der 40-Jährige, dass seine Rückkehr nur zeitlich begrenzt ist. „Sobald Marvin oder Nico wieder zur Verfügung stehen, war es das für mich auch schon wieder.“

Dass auch Christian Dürner für das Spiel in Zizishausen aus dem Ruhestand zurückgekehrt war und zunächst auch dabeibleiben wird, stuft Tobias Barthold als „sehr wichtig“ ein. „Die jungen Spieler brauchen einen wie Chris, der sie an die Hand nimmt und mit der nötigen Ruhe und Erfahrung führt.“ Für das gemeinsame Blitz-Comeback zog Tobias Barthold nach der derben Klatsche in Zizishausen einen ungewöhnlichen, aber durchaus zutreffenden Vergleich aus dem Pokern heran. „Chris und ich, das ist wie ’Anna Kournikova’ beim Pokern“, hatte der SG-Torhüter seine gute Laune nicht verloren. Dieses vermeintlich starke Pokerblatt trägt in Anlehnung an die ehemalige russische Tennisspielerin deren Namen, gilt aber als schlechtes Omen. Tobias Barthold: „Anna Kournikova sieht zwar gut aus, gewinnt aber selten bis gar nie.“

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Erstellt:
3. Dezember 2019

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