Corona-Vorsorge dezimiert die Ausstellung

Gültstein ist ein wichtiger Ort für Landwirte und Landschaftspfleger nicht nur im Gäu: Gleich vier Unternehmen, die mit Landmaschinen handeln, haben dort ihren Sitz und laden jährlich zu einer Ausstellung ein. An diesem Wochenende schmälerte das Coronavirus die Anzahl der Aussteller. Die interessierten Besucher fanden sich bei den drei verbliebenen Firmen jedoch zuverlässig und in großer Zahl ein.

Von Thomas Morawitzky

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Die Gäste konnten Traktoren jeglicher Art inspizieren GB-Foto: Schmidt

Die Gäste konnten Traktoren jeglicher Art inspizieren GB-Foto: Schmidt

Jürgen Bauer ist der Einzige, der am Samstagvormittag auf dem Gelände der Landmaschinenhandlung Claas Württemberg die Stellung hält. Bauer stammt aus Aidlingen-Lehenweiler, ist ein guter Kunde von Claas, ist selbst Verleiher von Landmaschinen. Als privater Eigentümer präsentiert er seine Fahrzeuge vor verschlossenen Toren, aus eigenem Antrieb, wie er sagt. Die Claas GmbH gehört der BayWa, der Bayrischen Warenvermittlung landwirtschaftlicher Genossenschaften mit Sitz in München an, und die BayWa hat wegen des Coronavirus’ an diesem Wochenende alle Publikumsveranstaltungen abgesagt. Jürgen Bauer will die Interessenten nicht enttäuschen und zeigt seine Maschinen. „Hände schüttele ich nicht“, sagt er.

Die Gültsteiner Landmaschinen-Ausstellung zieht in der Regel mehrere Tausend Besucher an. Dass Claas an der Ausstellung nicht teilnehmen werde, wurde zuvor kommuniziert. In unmittelbarer Nachbarschaft von Claas findet sich auch die Firma Hagenlocher Motorgeräte, die sich an der Ausstellung sehr wohl beteiligt. Deshalb konnte Jürgen Bauer auch Gäste auf dem Gelände vor Claas begrüßen, die dort seine eigenen Maschinen interessiert in Augenschein nahmen, einen Ballenwickler beispielsweise oder eine Maschine zur Beseitigung von Wildschweinschäden. „Die Leute akzeptieren die Entscheidung der BayWa, an der Ausstellung nicht teilzunehmen“, sagt er.

Mähroboter mit
automatisierter Expertise

Schritte weiter, bei Hagenlocher, herrscht durchaus guter Betrieb. Die Kleinmotorgeräte, die Geschäftsführer Bernd Hagenlocher präsentiert, darunter auch Neuheiten und Entwicklungen im Trend, locken viele Gäste. Mähgeräte, Holzbearbeitungsmaschinen sind gefragt; auf großes Interesse treffen auch neuere Modelle der Mähroboter, die dem Gras, ob hoch oder niedrig, mit automatisierter Expertise an die Halme rücken. Interessant auch: Die ferngesteuerten Mähgeräte, vor allem eingesetzt von Straßenmeistereien, zur größeren Sicherheit ihrer Mitarbeiter, Geräte, die auch an sehr starken Hanglagen arbeiten können. Diese ferngesteuerten Mäher und Roboter sind es, die bei Hagenlocher als Neuheiten die größte Aufmerksamkeit auf sich ziehen; einige der Geräte sind in Herrenberg und seinen Teilorten erfolgreich im Einsatz. Bernd Hagenlocher erinnert sich noch an die erste Gültsteiner Landmaschinenausstellung im größeren Rahmen vor nun 49 Jahren, die er als Kind erlebte. Insgesamt findet die Ausstellung seit 60 Jahren statt, die Familie Hagenlocher war mit ihrem Betrieb von Anfang an dabei und wird im kommenden Jahr ihr 100. Betriebsjubiläum feiern.

Neben Hagenlocher beteiligen sich die Agrom Agrar- und Kommunaltechnik in der Marie-Curie-Straße an der Ausstellung und Frank Schneider, der Landmaschinen jeder Größe auf seinem Firmengelände nahe der Gültsteiner TV-Halle ausstellt. Dort reihen sich die Traktoren imposant auf. Der Höhepunkt in Schneiders Landmaschinenschau: ein selbstfahrender Futtermischwagen der italienischen Firma Sgariboldi, der Futter abfräst, aufnimmt, mischt, durch Ställe fährt und das Futter dort den Kühen vorlegt – groß, zeitsparend, für etwa 180000 Euro. Sgariboldi ist daheim in der Po-Ebene, dort, wo die meisten Kühe Italiens gehalten werden.

Frank Schneider zeigt auf seinem Gelände etwa 50 große oder kleine Maschinen. Highlights sind die Teleskoplader der Firma Scheffer und, ganz neu, ein Traktor der Firma Same, bei dem auch die Hinterachse mitgelenkt werden kann, was zu einer starken Verkürzung des Wendekreises führt. Frank Schneider fürchtet trotz Coronavirus keinen Besuchereinbruch bei seiner Schau: „Deshalb kommen nicht mehr oder weniger“, sagt er. Bernd Hagenlocher teilte am Sonntagnachmittag dann aber mit, dass seine Ausstellung 2020 zwar gut besucht war, aber doch weniger als in den Vorjahren: „Ich glaube nicht, dass das wirklich an der Angst vor dem Virus liegt, sondern eher an der Unsicherheit der Gäste, weil mit Claas der größte Teilnehmer an der Traditionsschau abgesagt hat“, sagt Hagenlocher. Frank Schneider ist zur selben Zeit sehr zufrieden: „Die Resonanz“, sagt er, „ist super, es ist ständig etwas los, 3000 bis 4000 Besucher waren da.“ Der Unterschied mag daran liegen, dass bei Schneider der Musikverein Gültstein bewirtet, es bei Hagenlocher jedoch keine Bewirtung gibt. Dass mit Claas ein Betrieb abgesagt hat, bei dem in anderen Jahren der Obst- und Gartenbauverein und der Liederkranz Gültsteins sich engagierten, wird sich in der Kasse dieser Vereine gewiss niederschlagen.

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Erstellt:
2. März 2020

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