Corona bringt den Sportbetrieb zum Erliegen

Von Robert Stadthagenund Andreas Gauß

Verwaiste Sportplätze, leere Hallen – unter anderem der Württembergische Fußballverband (WFV) und der Handballverband Württemberg (HVW) haben am Donnerstag bekanntgegeben, dass der Spielbetrieb ab sofort ruht. Die Handball-Bundesliga der Frauen hatte bereits am Vormittag mitgeteilt, dass die Spieltage der Ersten und Zweiten Bundesliga am kommenden Wochenende komplett ausfallen.

Corona bringt den Sportbetrieb zum Erliegen

Von der Verbandsliga bis zur Kreisliga wird in den kommenden Wochen nicht gekickt GB-Foto: gb

Fußball

Angesichts der dynamischen Lageentwicklung bei der Verbreitung des Coronavirus haben die Verantwortlichen des Württembergischen Fußballverbands (WFV) gestern entschieden, den Spiel-betrieb ab sofort bis einschließlich 31. März komplett auszusetzen, heißt es in einer Pressemitteilung. Diese Regelung betrifft alle Ligen unterhalb der Oberliga Baden-Württemberg, und zwar in allen Altersklassen. Für die Spielklassen darüber entscheiden die jeweiligen Liga-Träger.

„Unabhängig von behördlichen Vorgaben tragen wir damit der aktuellen Entwicklung Rechnung und werden unserer gesamtgesellschaftlichen Verantwortung gerecht. Damit haben unsere Spielerinnen und Spieler, aber auch die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kurzfristig Klarheit und können entsprechend planen“, erklärt WFV-Präsident Matthias Schöck aus Hildrizhausen. Weiter heißt es in der Mitteilung des WFV: Im Laufe des heutigen Tages haben vermehrt Ortspolizeibehörden Allgemeinverfügungen erlassen, die eine Aufrechterhaltung des Spielbetriebs zum aktuellen Zeitpunkt nicht mehr vertretbar erscheinen lassen. „Wir wollen mit dieser Entscheidung auch unsere Vereinsvertreter und ehrenamtlichen Mitarbeiter entlasten und ihnen ein Stück weit die Verantwortung abnehmen“, ergänzt WFV-Hauptgeschäftsführer Frank Thumm. In den kommenden Wochen will der WFV die Entwicklungen intensiv beobachten und sorgfältig prüfen, inwieweit eine Wiederaufnahme des Spielbetriebs in Einklang mit den Empfehlungen und Vorgaben der maßgeblichen Behörden möglich ist.

Bezirksspielleiter Helmut Dolderer (Wildberg) bekam, wie alle Funktionärskollegen und Vereinsvertreter im Bezirk Böblingen/Calw, übers WFV-Postfach gegen 17 Uhr am gestrigen Donnerstag, die Mitteilung, dass der Spielbetrieb vorerst bis zum 31. März ruhen wird. Kurz vorher hatte er allerdings schon Kontakt mit dem Verband, weil auf einer Bürgermeister-Krisensitzung Anfang der Woche im Landkreis Calw die Empfehlung herausgegeben wurde, nur noch Veranstaltungen mit maximal 50 Personen zuzulassen. Dolderer: „Im Kreis Böblingen habe ich von einer solchen Anordnung bislang nichts mitbekommen und ich wollte Klarheit, denn ich fand es einfach schwierig, wenn wir in unserem Spielbetrieb in Böblingen/Calw Spiele in einem Kreis absagen und im anderen nicht.“ Mit den Worten „Jetzt haben wir erst mal Pause“, kommentierte er die WFV-Entscheidung, die nun zen-tral für alle Bezirke getroffen wurde. Allerdings dachte Dolderer auch schon an die Folgen: „Mit dem Ausfall bis zum 31. März sind es drei Spieltage, die man nachholen müsste. Das können wir jetzt schon sagen: Mit Spielen unter der Woche bekommen wir dies nicht mehr aufgefangen. Da müsste man eventuell über eine Verlängerung der Saison nachdenken.“ Ursprünglich sollte die Saison im Bezirk bereits am 7. Juni abgeschlossen werden, weil fünf Tage später die Fußball-Europameisterschaft (12. Juni bis 12. Juli) starten soll. „Ich denke, dass da der WFV in der nächsten Woche schon eine Dringlichkeitssitzung mit allen Bezirksspielleitern einberufen wird“, übt sich Helmut Dolderer vorerst einmal in Geduld.

Handball

Drastische Maßnahmen haben unter anderem die Handball-Verbände in Baden-Württemberg beschlossen. Die Saison im Jugendspielbetrieb wird abgebrochen, der Spielbetrieb bei den Männern und Frauen wird bis mindestens 19. April ausgesetzt. Gleichzeitig sagte sowohl die Handball-Bundesliga der Männer (HBL) als auch die Handball-Bundesliga Frauen (HBF) ihre Spieltage der Zweiten Bundesliga (HBL) sowie der Ersten und Zweiten Bundesliga (HBF) am kommenden Wochenende ab.

„Wir schaffen es aufgrund der unterschiedlichen Entscheidungen auf kommunaler Ebene beziehungsweise der Gesundheitsbehörden vor Ort nicht mehr, einen flächendeckenden Spielbetrieb aufrechtzuerhalten und durchzuführen“, wird Hans Artschwager (Hildrizhausen) in der Pressemitteilung des HVW zitiert. „Selbst wenn wir wollten und könnten.“ Der Präsident des HVW, Vize-Präsident des Deutschen Handballbundes (DHB) und Sprecher der Landesverbände weiter: „Prävention ist keine Hysterie und Ignoranz kein Mut: Unabhängig von der Entscheidung der Kultusminister und der Ministerpräsidentenkonferenz hat sich die Entscheidungsgrundlage gerade auch für den Sport und den Handball in Deutschland gravierend verändert, nachdem die WHO gestern den Pandemiefall ausgerufen hat.“ Neben den Maßnahmen, die den Spielbetrieb betreffen, wurde beschlossen, auf nicht notwendige Sichtungsveranstaltungen, Sitzungen, Tagungen oder Fortbildungen bis auf Weiteres zu verzichten. Diese Entscheidungen haben die Landesverbände Baden, Bayern, Hessen, Pfalz, Saar, Rheinland, Rheinhessen, Südbaden und Württemberg sowie Handball Baden-Württemberg in Abstimmung gefällt. Weitere Landesverbände wollen sich laut der HVW-Pressemitteilung diesem Beschluss anschließen, wenn ihre Gremien getagt haben.

Spätestens zum 19. April 2020 wird über eine mögliche Wiedereinsetzung des Spielbetriebs der aktiven Mannschaften sowie die Saisonwertungen in den jeweiligen Landesverbänden entschieden. „Dynamische Entwicklungen bedürfen vorausschauender Abwägungsentscheidungen“, sagt Hans Artschwager, „durch unsere Entscheidung wollen wir nicht nur der Verbreitung des Coronavirus, sondern auch der Infektion mit Angst entgegenwirken.“ Dem Appell von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn („Jeder Deutsche kann und sollte mithelfen, das Coronavirus zu verlangsamen“) wolle der Handball folgen und zum Erreichen dieses Ziels aktiv mitwirken. „Wir Handballer hoffen, dass diese Krise uns allen hilft, die Solidarität untereinander zu stärken.“

Die Handball-Bundesliga der Frauen (HBF) will in der kommenden Woche beraten, wie es nach der Absage des aktuellen Spieltags weitergeht. „Das ist schwer zu prognostizieren“, sagt Mike Leibssle, der Trainer der SG H2Ku Herrenberg. Der Coach sieht zwei Möglichkeiten. „Entweder man spielt die Runde unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu Ende oder man bricht die Saison ab.“

Tischtennis

Beim Verband Tischtennis Baden-Württemberg war am Donnerstag noch keine Entscheidung zum aktuellen Spielbetrieb gefallen. Die sollte am Abend in einer Sitzung des Präsidiums gefällt und am heutigen Freitag bekanntgegeben werden.

Volleyball

Jürgen Handte, zuständiger Pressewart für den Bezirk West im Volleyball-Landesverband Württemberg (VLW), verschickte am gestrigen Donnerstagabend eine offizielle Stellungnahme seitens des Verbands: „Der VLW schließt sich der Empfehlung des Deutschen Volleyball-Verbands an und beendet aufgrund der aktuellen Entwicklung des Coronavirus vorzeitig den Spielbetrieb in allen Bereichen (Erwachsne, Jugend, Senioren, Mixed). Im Aktiven-Spielbetrieb betrifft dies neben dem Liga-Spielbetrieb auch die Pokalrunden und die Relegation. Im Jugend-Spielbetrieb sind davon der Jugendpokal, die Kleinfeldrunden U13, U15 und U17 sowie die Regionalmeisterschaften und deutschen Meisterschaften betroffen. Regelungen zur Wertung und zum Auf- und Abstieg werden bis zum 20. März kommuniziert. Zudem macht der Verband auch noch eine eindeutige Empfehlung: „Den Vereinen wird empfohlen, auch den Trainingsbetrieb vorerst auszusetzen, um die sozialen Kontakte im Volleyball zu minimieren.“

Weitere Sportarten

Die 26. Internationale Sindelfinger Swimming Championship am Samstag und Sonntag im Badezentrum ist abgesagt. Für den Wettbewerb hatten sich über 750 aktive Teilnehmerinnen und Teilnehmer angemeldet. Und auch der Darts Grand Prix, der eine Woche später im Sindelfinger Glaspalast hätte stattfinden sollen, wird ausfallen. Viele weitere Events und Wettbewerbe werden aufgrund der aktuellen Lage nicht stattfinden. Wer eine Veranstaltung zu besuchen plant, sollte sich vorab im Zweifel auch direkt beim Veranstalter über eine mögliche Absage informieren.