Das Laufen gehört schon seit der Kindheit dazu

Das Laufen gehört schon seit der Kindheit dazu

Marika Vetter (rechts) mit dem Leichtathletik-Nachwuchs: Das Training soll die allgemeine sportliche Grundausbildung abdecken GB-Foto: Holom

Schuhe an, Haustüre auf und los – Kaum ein Sport ist so simpel wie das Laufen. Damit Kinder und Jugendliche es von Anfang an richtig machen, bieten Marika Vetter und Daniel Höhne vom VfL Herrenberg ein spezielles Lauftraining im Volksbankstadion an. Und können über die Verbesserungen der Kids seither nur staunen.

Denn selbst an den heißesten Sommertagen ziehen einige Kids tatsächlich das schweißtreibende Lauftraining der kühlenden Nässe des Freibads vor. Die Wasserflaschen stehen bereit, die Schuhe sind geschnürt und schon kann es mit dem Einlaufen losgehen. Zehn Minuten lockeres Rennen im Herrenberger Stadion. So startet in der Regel das Trainingsprogramm. Die sieben bis acht Teilnehmer der Laufgruppe sind zwischen acht und 14 Jahre alt. Angeboten wird das Training aber sogar bis 18 Jahre. Eine große Altersspanne, auf die bei der Planung allerdings Rücksicht genommen wird. „Jeder bekommt einen speziellen Trainingsplan, der auf sein Alter und Können angepasst ist“, beschreibt Lauftrainerin Marika Vetter, die seit einiger Zeit auch Leichtathletik-Abteilungsleiterin ist. „Die jüngeren Kinder machen dann eben kürzere oder langsamere Einheiten.“

Nach dem Warmlaufen wird es dann so richtig anstrengend. Erst werden verschiedene Laufeinheiten wie „Hopserlauf“ und „Kniehebellauf“ trainiert, dann kommt das Hauptprogramm mit Intervall-Läufen. Zum Schluss wird gedehnt oder ein bisschen Krafttraining angehängt. Insgesamt geht das Training eine Stunde. Mehr wäre aber auch zu viel. „Das Lauftraining wird ja zusätzlich zu Leichtathletik angeboten“, erläutert Marika Vetter. „Daher ist es auch ein bisschen anstrengender.“ Vermutlich seien sie auch deshalb momentan noch eine relativ kleine Gruppe. „Laufen ist einfach nicht jedermanns Sache“, ist sich die 24-Jährige bewusst. „Aber die Kids, die kommen, sind super motiviert und haben Spaß daran.“

Völlig außer Atem beenden die Kids ihre Aufwärmübung und genehmigen sich erst mal einen Schluck Wasser. „Laufen macht Spaß“, bestätigt der zehnjährige Simon. „Ich will unbedingt schneller werden.“ Denn das Lauftraining hat auch immer ein Ziel. Zum Beispiel die Schönbuch-Cup-Läufe oder der demnächst anstehende Mercaden-Lauf in Böblingen (21. Juli). „Da wollen die Kids natürlich immer besser werden und eine gute Platzierung bekommen“, schmunzelt Marika Vetter. Auch beim Altstadtlauf hätte die Gruppe unbedingt mitmachen wollen – obwohl die Kids dafür eigentlich noch zu jung sind. „Ich habe sogar einen Brief an die Veranstalter schreiben müssen, aber da war natürlich keine Chance“, lacht die Wahl-Balingerin. „In zwei Jahren sieht das aber sicher anders aus.“

Marika Vetter selbst ist beim Altstadtlauf allerdings mitgerannt. Das Laufen gehört für sie schon seit der Kindheit einfach dazu. „Man braucht dafür nicht viel, ist an der frischen Luft und hat einen guten Ausgleich zum Alltag“, zählt sie die Vorzüge ihres Lieblingssports auf. „Außerdem ist man selbst schuld, wenn man keine gute Leistung bringt.“ Bei dieser Schwärmerei ist es kein Wunder, dass die Sportskanone ihre Leidenschaft sogar zum Beruf gemacht hat. In diesem Frühjahr hat Marika Vetter ihr duales Sportökonomie-Studium beendet. Den beruflichen Teil hat sie im VfL-Fitnessstudio absolviert, im Club hat sie vor vier Jahren auch das Leichtathletiktraining für Kinder und Jugendliche ins Leben gerufen. „Leichtathletik ist gerade für Kinder ziemlich wichtig“, ist Marika Vetter überzeugt. „Damit deckt man einfach die allgemeine sportliche Grundausbildung ab.“ Motorische Fähigkeiten wie Laufen, Werfen und Springen sollte schließlich jeder Mensch von Natur aus besitzen.

Während des Studiums lernte Marika Vetter übrigens auch ihren jetzigen Trainer-Partner Daniel Höhne kennen und lieben. Inzwischen leitet das sportliche Paar nicht nur die Laufgruppe, sondern auch ein Fitnessstudio in Balingen zusammen. „Wir haben auch schon früher eine Leichtathletik-Gruppe gemeinsam trainiert“, meint Marika Vetter. „Wir sind im Zusammen-Arbeiten also schon ein eingespieltes Team.“ Mit ihrem Umzug von Herrenberg nach Balingen mussten Marika Vetter und Daniel Höhne ihre Posten als „Leichti“-Trainer zeitbedingt allerdings abgeben. Der Weg von Balingen nach Herrenberg wäre mehrmals die Woche einfach zu weit. „Aber man kommt aus dem Vereinsleben einfach nicht so richtig los“, räumt sie ein. „Die Kinder hätten uns gefehlt, und da kam uns die Idee mit dem Lauftraining.“

Einmal die Woche für eine Stunde mit den Kids trainieren passt nämlich gerade noch in den Zeitplan. Beide genießen es jetzt, die Entwicklung ihrer Leichtathletik-Talente trotz des Umzugs weiterverfolgen zu können. „Wir kennen manche der Kids jetzt schon seit drei oder vier Jahren“, überlegt Marika Vetter. „In der Zeit passiert bei Kindern ja unheimlich viel.“ Manche Nachwuchs-Läufer würden mittlerweile sogar schon den eigenen Eltern davonrennen. „Ich will meine große Schwester einholen“, stellt die achtjährige Louisa klar, die zusammen mit ihrer älteren Schwester Chiara regelmäßig das Lauftraining besucht. Was genau ihnen am Laufen so gefällt, können sie kaum in Worte fassen. Schließlich ist das aber auch eine komische Frage. „Laufen macht einfach Spaß“, zuckt Louisa die Schultern. „Und hier können wir uns auspowern und an unsere Grenzen gehen“, ergänzt Chiara mit einem kräftigen Nicken. Dann wenden sich die beiden wieder ihrem Training zu. „An der Motivation können sich so manche Erwachsene eine Scheibe abschneiden“, muss selbst Marika Vetter ungläubig den Kopf schütteln. JENNY SPITZER