„Das ist ein Fingerzeig für das nächste Jahr“

Von Thomas Oberdorfer

Tobias Reichel hat einen weiteren Schritt auf der Karriereleiter vollzogen: Der Schiedsrichter vom GSV Maichingen wird ab der kommenden Saison vereinzelt Spiele in der Fußball-Bundesliga leiten. Von einer „perspektivischen Förderung“ spricht der Deutsche Fußball-Bund (DFB) in diesem Zusammenhang. „Für uns ist das natürlich eine tolle Sache“, sagt der Herrenberger Achim Gack, Obmann der Schiedsrichtergruppe Böblingen.

„Das ist ein Fingerzeig für das nächste Jahr“

Tobias Reichel macht den nächsten Schritt auf der Karriereleiter GB-Foto (Archiv): Eibner

Tobias Reichel vom GSV Maichingen pfeift seit der Saison 2017/18 in der zweithöchsten deutschen Fußballliga, in der Ersten Bundesliga stand er 2017/18 und 2018/19 an der Linie, er wird in dieser Klasse auch als Videoschiedsrichter eingesetzt. Ab der kommenden Spielzeit wird der 34-Jährige zudem in der ersten Liga als Schiedsrichter zum Einsatz kommen. Das hat der Deutsche Fußball-Bund in einer Sitzung am Montag beschlossen. „Zur perspektivischen Förderung der Referees hat das DFB-Präsidium zudem dem Vorschlag der DFB-Schiedsrichterführung zugestimmt, mit Dr. Matthias Jöllenbeck und Tobias Reichel zwei Unparteiische der Zweiten Bundesliga in der Bundesliga sowie mit Patrick Hanslbauer und Florian Lechner zwei Schiedsrichter der dritten Liga in der Zweiten Bundesliga und damit in der jeweils höheren Spielklasse vereinzelt zum Einsatz kommen zu lassen“, schreibt der DFB in einer Pressemitteilung. Mit der perspektivischen Förderung bekämen talentierte Referees die Möglichkeit, Spiele in einer höheren Spielklasse zu leiten, ohne bereits zum Stammteam dieser Spielklasse zu gehören.

Tobias Reichel hat am Montag von der Entscheidung des DFB erfahren. „Darüber habe ich mich natürlich wahnsinnig gefreut“, sagt er. „Ich freue mich darauf, in der Bundesliga dabei zu sein. Das ist ein Fingerzeig für das nächste Jahr.“ Reichel hat sich durch gute Leistungen über drei Jahre hinweg in Liga zwei hervorgetan, offenbar sehen das die Entscheidungsträger beim DFB ebenso. Reichel alleine könnte aber nicht gute Leistungen abliefern, entscheidend sei die Harmonie innerhalb seines Gespanns. Ihm zur Seite stehen Asmir Osmanagic und Tobias Endriß. Reichel: „Wir unterstützen uns gegenseitig, wir können uns gegenseitig vertrauen, das passt einfach.“ Wie viele Begegnungen der 34-Jährige in der kommenden Saison in der Bundesliga letztlich pfeifen wird, ist noch völlig offen. „Ich lasse mich einfach mal überraschen und werde natürlich versuchen, einen guten Job abzuliefern“, sagt Reichel.

„Für uns ist das wunderbar, Tobias ist ein Aushängeschild für uns“, sagt Achim Gack, Obmann der Schiedsrichtergruppe Böblingen, „wir sind sehr stolz darauf, was Tobias erreicht hat.“ Bei der hiesigen Schiedsrichtergruppe ist Reichel allerdings nur noch selten zu sehen: Seine Einsätze in der zweiten Liga, der Bundesliga, der dritten Liga oder als Videoschiedsrichter sind durchgetaktet. Gack: „Er ist vielleicht einmal im Jahr bei uns bei einer Schulung.“

Die Schiedsrichtergruppe Böblingen hatte schon in der Vergangenheit Unparteiische in ihren Reihen, die hochklassig pfiffen. Albert Binder von der Spvgg. Holzgerlingen hat laut dem Fußball-Fachmagazin „Kicker“ am 28. Mai 1966 seine erste Partie in der Bundesliga geleitet, es handelte sich um die Paarung Meidericher SV gegen Hannover 96. Das Spiel endete 2:2, aus dem Meidericher SV ging der MSV Duisburg hervor. Bis zur Saison 1969/70 stand Binder insgesamt 18 Mal als Schiedsrichter in der Bundesliga auf dem Platz. Christine Baitinger vom TV Darmsheim gehört ebenfalls zu den herausragenden Unparteiischen der Schiedsrichtergruppe Böblingen. Sie pfiff 1999 erstmals in der Frauen-Bundesliga, 2004 wurde sie Fifa-Schiedsrichterin, dies blieb sie bis 2014. Unter anderem war sie bei der Frauen-Weltmeisterschaft 2007 in China und bei den Olympischen Spielen 2008 in Peking im Turnier der Frauen im Einsatz. Dreimal wurde die heute 46-Jährige zur Schiedsrichterin des Jahres gewählt.

Christine Baitinger schaffte eseinst bis zur Fifa-Schiedsrichterin

Nicht als Schiedsrichter, aber als Linienrichter war der Bezirksvorsitzende Richard Armbruster in der Fußball-Bundesliga gefragt. 1985 rückte er in den B-Kader auf und war somit berechtigt, in der höchsten Spielklasse an der Linie zu stehen. In den Spielzeiten 1984/85 und 1985/1986 stand er insgesamt zehn Mal an der Seite, er war einer der Assistenten des Unparteiischen Robert Walz aus Winnenden. „Es war damals nicht so distanziert wie heute, alles war nahbarer“, sagt Armbruster, nach den Begegnungen in der Bundesliga sei man auch mit den Spielern in Kontakt gekommen. Oder aber auch vor den Partien. Armbruster erinnert sich an ein Spiel in Dortmund: „Vor dem Spiel kam Rolf Rüssmann zu mir, er war Kapitän von Dortmund. Er hat mir gesagt, ich soll mich melden, wenn einer seiner Spieler nicht spurt, den würde er dann zusammenstauchen.“ Ob in Gladbach, in Berlin, in Leverkusen oder in Mannheim, Armbruster erlebte Stadien mit beeindruckender Atmosphäre. „Das hat Spaß gemacht, davon habe ich auch im Beruf profitiert“, sagt Armbruster. Dass die Unparteiischen damals reine Amateure waren, zeigt eine Abrechnung: Für drei Tage Zeitaufwand erhielten sie 216 Mark, 72 Mark pro Tag. „Freitags reisten wir an, samstags war das Spiel und sonntags ging es zurück“, erzählt Armbruster.