Ehrungsbescheid mit Werbebrief verwechselt

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Trainer Markus Egeler zu seinem Verhältnis zu den Spielern: „Nach fünf Jahren geht das auch in Richtung Freundschaft“ GB-Foto: Schwartz

Trainer Markus Egeler zu seinem Verhältnis zu den Spielern: „Nach fünf Jahren geht das auch in Richtung Freundschaft“ GB-Foto: Schwartz

Unter der Woche Jugendtraining, am Wochenende der Kampf um die Punkte. Markus Egeler widmet seine Freizeit am liebsten seinem größten Hobby: Fußball. Ein Einsatz, der sich lohnt: Für seine Arbeit als Jugendtrainer wurde der Oberjesinger im vergangenen Dezember vom Bezirk Böblinger/Calw als „Junger Held“ ausgezeichnet. Doch seit Anfang März wird diese Leidenschaft – wie bei allen Fußballern – durch die Coronavirus-Pandemie ausgebremst.

Dass das Wochenende bis vor kurzem fast komplett dem Fußball gewidmet war, war für Markus Egeler fast schon selbstverständlich. Schließlich steht der Oberjesinger auf dem Fußballplatz, seit er sechs Jahre alt ist. Warum der Fußballsport ihn stets fasziniert hat, kann sich der hauptberufliche Trumpf-Mitarbeiter im Beteiligungscontrolling selbst nicht erklären. „Jedes Kind wirft oder tritt gerne gegen irgendwas“, überlegt Egeler. „So war es auch bei mir.“ Dazu sei gekommen, dass sein Freundeskreis ebenfalls im Verein gekickt habe und die Trainer Markus Egeler fußballerisch stets bei Laune halten konnten. Ob man sich von den eigenen Trainern wohl auch manches für das nun selbst gegebene Jugendtraining abschaut? „Vielleicht“, grübelt Markus Egeler. „Sowohl gute Sachen, als auch Dinge, die man anders machen möchte.“

Die Mischung, die er gefunden hat, scheint jedenfalls zu passen. Denn wenn Markus Egeler über seine Arbeit als Jugendtrainer spricht, wird man von der Begeisterung richtig angesteckt. „Es macht unheimlich Spaß“, schwärmt Egeler. „Sowohl das Fußballerische, als auch die Arbeit mit den jungen Menschen.“

Seit fünf Jahren trainiert Markus Egeler immer denselben Jahrgang 2002 in der Jugend-Spielgemeinschaft Kuppingen/Deckenpfronn/Oberjesingen/Sulz, der inzwischen in der A-Jugend angekommen ist. „Das ist sehr cool, weil ich die Jungs dadurch aufwachsen sehe“, grinst der 27-Jährige. „Man beobachtet, wie sie erwachsen werden und welche Phasen sie durchmachen.“ Gerade das pubertäre Alter sei aus Erwachsenensicht lustig zu sehen, obwohl man selbst vor rund zehn Jahren noch Teenager war. Interessant für Egeler ist, wie sie sich entwickeln bis zum Schulabschluss oder dem ersten Job. Schwierigkeiten habe er mit seiner jugendlichen Elf aber selbst in der pubertären Hochphase nie gehabt. Im Gegenteil. „Man merkt die Wertschätzung von den Jungs“, betont er. „Und nach fünf Jahren geht das Verhältnis auch in Richtung Freundschaft.“ Die Jugendlichen würden ihn gelegentlich sogar um außerfußballerischen Rat bitten, sei es wegen der Wahl des Studiengangs oder dem Abitur. Die enge Bindung zwischen Trainer und Team könne manchmal allerdings auch die Hemmschwelle etwas sinken lassen. „Manchmal kommt dann auch ein flapsiger Spruch, gerade weil man so ein freundschaftliches Verhältnis hat“, räumt Markus Egeler ein. „Aber Konflikte sind normal, man redet kurz drüber und dann ist auch wieder gut.“

Dass in Oberjesingen eine Jugendmannschaft nur über eine Spielgemeinschaft zusammenkommen kann, ist für den Sportler übrigens nichts Neues. „Ich habe früher auch in einer Spielgemeinschaft gekickt“, zuckt Egeler die Schultern. Kinder zum Fußballspielen zu motivieren, sei nicht schwer – problematisch werde es, wenn es darum geht, die Jugendlichen zu halten. „Heutzutage gibt es einfach so viele Angebote und immer mehr Alternativen zum Fußball“, erklärt Markus Egeler. „Deshalb sehe ich es als meine Aufgabe als Jugendtrainer, die Jungs bei Laune zu halten.“ Aber auch das Schulsystem G8 in den Gymnasien trage zu dem Spielerschwund bei. Schließlich fangen die Jungs dadurch ein Jahr früher an, zu studieren und wechseln fürs Studium zum Teil den Wohnort. Und dagegen könne natürlich selbst das beste Training nicht ankommen.

Doch egal, wie sich die Jugendmannschaft zusammensetzt: Markus Egeler ist mit Herzblut bei der Sache. Kein Wunder, dass er für diesen Einsatz im vergangenen Jahr auch den Ehrenamtspreis „Junger Held“ des Bezirks entgegennehmen durfte. „Das war eine ziemliche Überraschung“, erinnert sich Markus Egeler schmunzelnd. Berufsbedingt wohnt er seit Mai vergangenen Jahres in Stuttgart, doch der Brief sei bei seinen Eltern in Oberjesingen gelandet und wurde ihm als Sammelpost einmal beim Heimatbesuch überreicht. „Als ich ihn aufgemacht habe, dachte ich zuerst, es sei Werbung“, lacht Egeler. „Beim Training wurde ich dann auf die Ehrung angesprochen und hab mir die ’Werbung’ doch noch mal genauer angesehen.“ Daraufhin sei die Freude natürlich groß gewesen. „Es ist schon toll, wenn das Ehrenamt und Engagement erkannt und gewürdigt wird“, findet Markus Egeler. Vor allem tue die Bestätigung gut. Denn seit seinem Wohnortwechsel muss Egeler einen ziemlichen Spagat für das Training hinlegen. „Aktuell kann ich in der A-Jugend auch nur als Co-Trainer arbeiten“, erklärt Egeler, der zusammen mit Norman Blum den ältesten Jahrgang der SG Kuppingen/Deckenpfronn/ Oberjesingen/Sulz betreut. „Weil es zeitlich sonst nicht klappen würde.“

Gerade als man ans Planen ging, wie Markus Egeler im nächsten Jahr wieder aktiver am Jugendtraining teilnehmen kann, legte der Coronavirus alle Aktivitäten auf Eis. „Im Februar haben wir noch trainiert, aber jetzt müssen wir in der WhatsApp-Gruppe die Jungs ermahnen, sich fit zu halten“, meint Markus Egeler. Jeder für sich allein, versteht sich. Die täglich auf der Sportseite im „Gäubote“ erscheinenden Übungen habe man schon abfotografiert und in die Gruppe gestellt.

Auch als aktiver Kicker des A-Ligisten SV Oberjesingen musste Egeler zurückstecken, freilich schon vor der Corona-Krise. „Das ist ein bisschen frustrierend“, gibt er zu. „Wir haben ja einen breiten Kader und man muss regelmäßig im Training sein, um bei einem Spiel aufgestellt zu werden.“ Und zuletzt machte das aktive Kicken besonders viel Spaß, schließlich ist der SVO seit der vorigen Saison auf dem aufsteigenden Ast. „Das letzte Jahr war unfassbar“, schwärmt Markus Egeler vom Aufstieg in die Kreisliga A2. „Wie die Mannschaft mit den Neuzugängen und dem Trainerteam zusammengewachsen ist, war richtig toll.“

Doch die Erfolgssträhne bei den Aktiven wird durch die Zwangspause ein wenig getrübt. Von daher macht sich Markus Egeler momentan viele Gedanken, wie es mit ihm weitergeht. Als Jugendtrainer will er auf jeden Fall weitermachen, gerne „seinen“ Jahrgang 2002 im letzten A-JugendJahr begleiten. Aber eher nicht mehr in der Co-Trainer-Rolle. „Also, als Cheftrainer würde ich mir das schon zutrauen.“ Wohlwissend, dass der zeitliche Spagat mit seiner Rolle als Abwehrspieler im A-Liga-Team dann nicht geringer ausfallen würde. Aber alles ist momentan ungewiss, auch ob die A-Jugend noch ihre Qualirunde zur Bezirksstaffel bestreiten kann. Egeler hofft, dass man eventuell wieder ab Mitte Juni kicken könnte.JENNY SCHWARTZ

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Erstellt:
31. März 2020

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