„Ein dünner, zäher Typ“

„Ein dünner, zäher Typ“

Oktay Yaprak (rechts, gegen Valmir Mustafa) scheut auch die Zweikämpfe nicht GB-Foto (Archiv): Vecsey

Ein baldiges Karriereende? „Solange ich noch allen davonlaufe, befasse ich mich nicht damit“, sagt Oktay Yaprak, lacht dabei herzhaft und legt sogar noch einen drauf: „Auf die ersten Meter kann ich mit Usain Bolt mithalten.“ Nun ja, der mittlerweile 33-jährige achtfache Olympiasieger aus Jamaika war tatsächlich nicht für einen explosiven Start berühmt. Ob die Sprint-Legende schlechthin aber gegen den 38-jährigen Kicker des FC Unterjettingen auf etwa 20 Meter auch wirklich den Kürzeren ziehen würde, wird höchstwahrscheinlich nie geklärt werden.

Dabei ist Oktay Yaprak in der Region eines der Synonyme für den schnellen Fußballer. Nach ersten Gehversuchen beim SV Nufringen zog es ihn in der E-Jugend zum Nachwuchs des VfB Stuttgart, bei dem er zwei Jahre verbrachte, ehe es für ihn fußballerisch ab den D-Junioren beim VfL Herrenberg weiterging. Bei den Herrenbergern schaffte er schließlich auch den Sprung in den Aktivenbereich. Sein großes Plus – wie sollte es auch anders sein – war seine Schnelligkeit.

Man würde Oktay Yaprak aber Unrecht tun, würde man ihn nur auf sein hohes Tempo reduzieren. „Klar hat er eine wahnsinnige Grundschnelligkeit, auch in höherem Alter noch, aber er hat halt eben auch die Erfahrung, die Übersicht und die Technik, um aus bedrängten Situationen herauszukommen“, weiß sein Trainer Jürgen Axt. Der neue Coach des FCU trainiert ihn zwar erst seit ein paar Monaten, dennoch war er für ihn kein Unbekannter. „Im Grunde ist Oktay ein Phänomen“, gerät Axt regelrecht ins Schwärmen. „In seinem Alter noch so gut drauf zu sein, ist nicht alltäglich, erleichtert mir aber meinen Trainerjob, denn dadurch habe ich eine Baustelle weniger in der Mannschaft.“

All die fußballerischen Vorzüge haben Oktay Yaprak bis in die Oberliga gebracht. In der Saison 2002/03 wagte er den Sprung zum SGV Freiberg. Trainer dort war Willi Zimmermann. Einer seiner Mitspieler damals war Tobias Lindner, der aktuell die Spvgg. Aidlingen trainiert. Dass es ihn nach nur einem Jahr wieder nach Hause, zum VfL Herrenberg, zog, hatte mehrere Gründe. Zum einen, dass Willi Entenmann von Zimmermann das Traineramt übernahm und Oktay Yaprak hauptsächlich nur noch die Bank drückte. Andererseits war auch sein Herzensverein soeben in die Landesliga aufgestiegen. „Das war zu verlockend“, erinnert sich der gebürtige Türke. „Außerdem wurde mir auch der Aufwand in Freiberg viel zu groß.“

Neun Jahre lang sollte er es fortan beim VfL aushalten. Die Rückrunde der Saison 2009/10 absolvierte er im Dress des SV Deckenpfronn, ehe er wieder das Herrenberger Trikot überstreifte. „Dass ich ein halbes Jahr weg war, lag an Thomas Carle, mit dem ich nicht so zurechtkam“, blickt Oktay Yaprak dennoch ohne Zorn zurück.

Ansonsten hatte er mit seinen Übungsleitern aber keinerlei Probleme. „Ganz einfach, weil er ein feiner Kerl ist“, sagt zum Beispiel Markus König, seit Saisonbeginn Trainer des VfL Herrenberg, über seinen ehemaligen Schützling. Beim FC Unterjettingen hatte König den mittlerweile 38-Jährigen fast fünf Jahre unter seinen Fittichen und schwärmt heute noch von ihm. „Oktay war bereit, sich auch noch im höheren Fußballeralter weiterzuentwickeln.“ Dafür müsse sich dieser aber wohlfühlen. „Oktay ist ein sensibler Typ, der ein vertrautes Umfeld braucht“, weiß König. Sei das der Fall, dürfe man sich als Trainer auf Hochleistungen freuen. „Im Grunde war Oktay in jeder Liga, in der er gespielt hat, immer einer der Besten.“ Auffallend sei, so Markus König weiter, wie schnell Oktay Yaprak nach längeren Verletzungspausen wieder einsatzbereit war. „Ein dünner, zäher Typ, den ich nach seiner Rückkehr in den Kader zuerst eine Halbzeit habe spielen lassen, ehe er schon im nächsten Spiel wieder ein Kandidat für die Startelf war.“

Verlass war immer auf Oktay Yaprak, der in jungen Jahren im rechten Mittelfeld beheimatet war, ehe er es sich später als Rechtsverteidiger gemütlich gemacht hat. „Die Position liegt mir, die ist für mein Alter perfekt.“ Generell war er aber bereit, dort zu spielen, wo immer ihn sein Trainer hinstellt. Willi Zimmermann, der Oktay Yaprak in der Saison 2001/02 in Herrenberg, dann in der Folgesaison in Freiberg trainieren durfte, ist heute noch begeistert von dessen Einsatzwillen. „Seine Gegenspieler hatten grundsätzlich ein Problem. Denn sobald sie Oktay ausgespielt hatten, stand er schon wieder vor ihnen. Er war unwahrscheinlich schnell.“

Inzwischen tummelt er sich beim FC Unterjettingen in der Kreisliga A 2. Und ein Ende ist nicht in Sicht. Orientieren tut er sich dabei an einigen Fußballlegenden aus dem Kreis, die in fortgeschrittenem Alter noch höherklassig überzeugt haben. Andreas Paulus (SV Deckenpfronn) oder Uli Eipper (TSV Hildrizhausen) – und natürlich Kurt Kremm. „Mit Kurti habe ich in Herrenberg noch zusammenspielen dürfen“, erinnert sich die Unterjettinger Nummer 10 gerne zurück. „Er ist fußballerisch ein Vorbild. Mit über 40 hat er in der Landesliga noch überragend gespielt.“

Herausragend waren in nunmehr zwei Jahrzehnten des Aktivenfußballs auch die beiden Freundschaftspartien gegen den VfB Stuttgart unter den Trainern Matthias Sammer respektive Giovanni Trappatoni. „Zweikämpfe zum Beispiel gegen Aljaksandr Hleb zu führen, sind dann doch eine ganz andere Hausnummer. Das waren definitiv die Höhepunkte meiner Karriere.“ Erfolge würde Oktay Yaprak auch gerne mit dem FCU feiern, jedoch ist das Team von Jürgen Axt sehr durchwachsen in die Runde gestartet. Nach drei Saisonspielen stehen gerade einmal drei Punkte auf der Habenseite. Entsprechend richtungsweisend wird das kommende Heimspiel am Sonntag gegen die Spvgg. Weil im Schönbuch (15 Uhr). Oktay Yaprak: „Schade, wir wollten eigentlich von Beginn an vorne mitspielen, aber aufgrund von Verletzungen und Urlauben haben wir noch kein einziges Mal unsere beste Elf aufbieten können. Aber das wird schon werden in den kommenden Wochen.“EDIP ZVIZDIÇ

Alle Begegnungen des Kreisliga-A2-Spieltages gibt es unter der Rubrik „Sporttermine am Wochenende“.