Einblicke indie Azubiwelt

Von Berkan Cakir

Zum neunten Mal hat die Industrie- und Handelskammer (IHK) in Böblingen die Aktion Ausbildungsplatz veranstaltet. Baldige Schulabsolventen des Kreises informierten sich dabei über Chancen und Möglichkeiten auf dem Ausbildungsmarkt, ließen sich Tipps zu den Bewerbungsunterlagen geben und im besten Fall noch eine freie Stelle vermitteln.

Einblicke in die Azubiwelt

Ein Berufsberater, der freie Azubistellen vermittelt, bei der Arbeit GB-Foto: Cakir

Seit vier Jahren ist Mustafa Kanbour in Deutschland. Der Realschüler der Berkenschule in Holzgerlingen steht kurz vor seiner mittleren Reife, hat die Bewerbungen bereits abgeschickt und wartet nun auf eine Antwort. „Am liebsten würde ich eine Ausbildung als Sozialversicherungsangestellter oder Bankkaufmann machen“, sagt der 17-Jährige. Dafür hängt nun auch viel vom Bewerbungsgespräch ab. „Ich wusste nicht, was mich erwarten wird in so einem Gespräch“, sagt er. Das sei auch der Grund, warum er zur Aktion Ausbildungsplatz gekommen sei.

Zum neunten Mal hat die Veranstaltung der Industrie- und Handelskammer (IHK) in Böblingen stattgefunden. Haupt- und Realschüler und Gymnasiasten, die kurz vor ihrem Abschluss stehen, konnten sich bei der Messe in der IHK-Bezirkskammer über die Chancen und Möglichkeiten auf dem Ausbildungsmarkt informieren. Vor Ort waren mehrere Vertreter verschiedener Verbände, Berufsberater der Arbeitsagentur, die freie Stellen vermittelten, und unter anderem auch die Böblinger Wirtschaftsjunioren, die Tipps für Bewerbungen gaben.

Bei Letzteren hat sich auch Mustafa Kanbour weiterhelfen lassen. „Als ich vor vier Jahren von Syrien nach Deutschland kam und hier mit der Schule begann, waren meine Noten nicht sehr gut. Dann habe ich mir das Ziel gesetzt, sie zu verbessern, was dann auch geklappt hat“, sagt er. Die Berater hätten ihm empfohlen, seine alten und neuen Zeugnisse im Gespräch zu erwähnen. „Damit klar wird, wie sehr ich mich entwickelt habe. Außerdem bin ich sehr sportlich. Das kann ich auch erwähnen, um zu zeigen, dass ich ausdauernd bin.“

Viele Besucher der Messesind noch in der Findungsphase

Nicht alle sind in ihrem Entscheidungsprozess schon so weit wie der Realschüler. Viele künftige Absolventen, die zur Messe gekommen sind, sind noch in der Findungsphase. Manche überlegen, die Schule weiterzumachen und eventuell zu studieren. Ihnen sollen vor allem die jungen Ausbildungsbotschafter die duale Ausbildung schmackhaft machen. Einer der Botschafter ist Markos Dubravkic. „Die meisten Schüler wollen wissen, wie der Alltag im Betrieb und in der Schule aussieht“, sagt er. Viele würden außerdem glauben, „dass eine Ausbildung nach der Haupt- oder Realschule nicht so viel wert hat wie ein Abitur oder ein Studium“. In der Ausbildung aber lerne man Dinge, die in der Praxis viel wichtiger seien. Später könne man dann ja immer noch studieren. Dubravkic selbst steht dafür exemplarisch. Er hat das Fachabitur an der Steinbeisschule in Stuttgart gemacht und sich dann für eine Ausbildung zum Industriemechaniker bei Geze in Leonberg entschieden.

Geht es nach Carmen Gutierrez von der Agentur für Arbeit und Tilo Ambacher, stellvertretender Geschäftsführer der IHK Bezirkskammer Böblingen, spielen im Entscheidungsprozess der Jugendlichen viele Faktoren eine Rolle – wie beispielsweise die Informationen, die sie sich einholen, und das freundschaftliche Umfeld. Die Eltern hätten dabei aber den größten Einfluss. Sie würden meist Ausbildungen vorschlagen, in denen der Verdienst hoch ist, wie in handwerklich-technischen Berufen. „Gerade in der Gastronomie und im Handel fehlt es aber an Auszubildenden“, sagt Gutierrez. Dem momentanen Stand nach gibt es im Kreis Böblingen insgesamt rund 2000 offene Ausbildungsstellen, in Herrenberg um die 325, davon die meisten in der Gastronomie- und Handelsbranche.

„Wir bieten deshalb beispielsweise Schnupperpraktika an, und viele Schüler sagen, dass sie das am Anfang zwar nicht gedacht hätten, aber sie nun sehr zufrieden mit dem Beruf sind“, sagt Gutierrez. Um auch die Eltern über Ausbildungsmöglichkeiten für ihr Kind aufzuklären, veranstaltet das IHK außerdem das Elterncafé. „Wichtig ist uns, dass die Jugendlichen ihren Fähigkeiten nach entscheiden, und nicht nach Prestige“, sagt Ambacher.