Mit dem Knopf im Ohr geadelt

Von Rüdiger Schwarz

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Mit diesem „Elefäntle“ fing anno 1880 die Karriere der Margarete Steiff an GB-Foto: gb

Mit diesem „Elefäntle“ fing anno 1880 die Karriere der Margarete Steiff an GB-Foto: gb

   Ob Molly der Plüschhund, die Comic-Figur Meckie, Teddybär Zotty oder Kuschelteddy Petsy – von der Ostalb erobern seit vielen Generationen knuddelige Gesellen und Spielkameraden längst nicht mehr nur die Kinderzimmer dieser Welt. Der Zufall schreibt immer noch die besten Geschichten, und so stolpert die Damen- und Kinderschneiderin Margarete Steiff im Jahre 1880 in einer Modezeitschrift über das Schnittmuster eines Filzelefanten. Eigentlich als Nadelkissen gedacht, bemächtigen sich schnell die Kinder des „Elefäntle“, spannen es als Zugtier vor den Wagen, beladen es als Lasttier. Weiche Spieltiere sind zu jener Zeit etwas völlig Neues.

   Bald entstehen im 1877 gegründeten Filzgeschäft der Margarete Steiff in Giengen an der Brenz Kätzchen, Hunde und rosa Schweinchen. Die Tierchen sind sehr gefragt, vermehren sich rasch, der Umsatz steigt Jahr für Jahr, aus der Werkstatt wird eine „Filzsachen- und Spielwarenfabrik“. Im ersten bebilderten Katalog von 1892 tummelt sich eine kunterbunte und illustre Tierschar aus Elefanten, Affen, Pferden, Kamelen, Giraffen und vielem mehr.
   Auf der Leipziger Messe sind die Tiere, die ab den 90er Jahren mit Holzwolle gefüllt werden, der Renner. Sie erobern nicht nur Deutschland, sondern ganz Europa und selbst Amerika. Das Familienunternehmen floriert, die Zahl der Angestellten und Heimarbeiterinnen nimmt stetig zu. Zwischen 1903 und 1907 beschäftigt das Unternehmen in seinem neu errichteten Geschäftsgebäude 400 Mitarbeiterinnen und 1800 Frauen in Heimarbeit. 1,7 Millionen Spieltiere werden gefertigt.

   Dabei will den von Margarete Steiffs Neffen Richard entworfenen Bären mit seinen beweglichen Armen und Beinen, dem Fell aus Mohair und den Glasaugen erst einmal niemand haben. Kurz vor knapp schlägt ein Amerikaner auf der Leipziger Messe zu, ordert 3000 Stück, auf der Weltausstellung in St. Louis wird der Bär zum absoluten Knüller. Seinen Namen „Teddybär“ bekommt er vom damaligen amerikanischen Präsidenten Theodore „Teddy“ Roosevelt weg.

1907 verlassen 974000 Teddybären die Spielwarenfabrik in Giengen an der Brenz. Ab 1908 fängt der Meister Petz der Kinderzimmer dann noch zu brummen an. Zu jener Zeit wird auch der Knopf im Ohr geboren, der die Tiere bis heute adelt. Margarete Steiff, die lebenslang an den Rollstuhl gefesselt ist, stirbt 1909, gerade einmal 61 Jahre alt. Selbst wenn die Margarete Steiff GmbH in den beiden Weltkriegen und zu Zeiten der Weltwirtschaftskrise auch schon Mal in schwieriges Fahrwasser gerät, findet man doch immer wieder in die Erfolgsspur zurück. 1927 wird die Fließbandfertigung eingeführt, seit 1931 arbeitet man mit Disney zusammen, auf den Hype um den Eisbärennachwuchs Mitte der 2000er in deutschen Zoos reagiert man mit den Stofftieren Flocke und Knut, 2008 kreiert gar Modezar Karl Lagerfeld Plüschtiere für das Unternehmen. In limitierter Auflage, wie sich von selbst versteht.
Zum 125-jährigen Firmenjubiläum wird 2005 „Die Welt von Steiff“ eröffnet. Der vom Schweizer Stararchitekten Andreas Ramseier entworfene zehn Millionen Euro teure und 14 Meter hohe dreigeschossige Baukörper erinnert mit seiner elliptischen Form an den berühmten Knopf im Ohr, beherbergt in seinem Inneren auf einer 2400 Quadratmeter großen Fläche über 2000 Stofftiere. In dieser Erlebniswelt gibt es neben über 135 Jahren Firmenhistorie den größten Streichelzoo mit lebensgroßen, exotischen Steiff-Tieren, auf denen man reiten und mit denen man kuscheln kann sowie das erste begehbare Steiff-Tier der Welt zu sehen. Diese gewaltige Schlange ist 15 Meter lang, hat einen Durchmesser von 80 Zentimetern, wiegt 800 Kilo, ist mit 60 Quadratmetern Mohair ausgestattet und lädt zur Rutschpartie ein. Bei den täglichen Schaufertigungen kann man hautnah mit dabei sein, wenn so ein Stofftier geboren wird. Jährlich erliegen an die 200000 Besucher aus aller Herren Länder dem Charme dieser animierten Erlebniswelt.

Info – Das Steiff-Museum in Giengen an der Brenz hat täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Der letzte Einlass zur Museumsführung ist jeweils um 17 Uhr. Weitere Infos im Internet unter www.steiff.com

Gewinner – Mit Tickets von der Familien-Tour gehen in das Böblinger Sensapolis: Tanja Yalcin, Claudia Fischer (Herrenberg), Simon Link (Gäufelden), Simon Brenner (Jettingen) und Regina Jann (Nufringen),


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Erstellt:
17. August 2019

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