Franziska Brauße: „Ich bin ein Wettkampftyp“

Auch noch einen Tag nach der längst überfälligen Bekanntgabe einer Verlegung der Olympischen Spiele von Tokio wusste Bahnradsportlerin Franziska Brauße vom RSV Öschelbronn nicht so recht, was sie davon halten sollte. „Ein wenig hat mich die schnelle Absage jetzt doch überrascht“, gab sie zu.

Von Andreas Gauss

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Triumph bei der Bahnrad-WM in Berlin: Franziska Brauße freut sich jetzt eben auf Olympia 2021 GB-Foto (Archiv): Mill

Triumph bei der Bahnrad-WM in Berlin: Franziska Brauße freut sich jetzt eben auf Olympia 2021 GB-Foto (Archiv): Mill

Noch Anfang der Woche hatte IOC-Präsident Thomas Bach um eine „14-tägige Bedenkzeit“ für die Entscheidungsträger gebeten. Athleten distanzierten sich, ein Land wie Kanada kündigte bereits einen Olympia-Boykott an. Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) verschickte laut Franziska Brauße noch am Montag per E-Mail eine Umfrage an die deutschen Olympia-Kandidaten, „in der es um die Meinung von uns Sportlern ging. Ob wir eine Absage/Verschiebung für sinnvoll halten oder an dem Termin festhalten“. Die Eningerin sprach von einer nicht einfachen Situation, in der die Athleten stecken würden: „Meiner Meinung nach war es noch schwierig, eine Entscheidung zu treffen, da sich die Situation täglich verändert.“

Kaum hatte sie den Fragebogen ausgefüllt und abgeschickt, blinkte eine Viertelstunde später über die Newskanäle im Internet die Meldung von der Verschiebung der Spiele ins Jahr 2021 auf. „Dass das jetzt relativ schnell ging, habe ich so nicht erwartet“, räumte Brauße ein. Immerhin herrsche jetzt Klarheit, meinte sie: „Und wir müssen nicht zwanghaft versuchen, ein Alternativtraining durchzuführen.“ Mit ihrem Trainer Sven Meier (Potsdam) wollte sie am gestrigen Mittwoch Kontakt aufnehmen und abstimmen, wie das Training weitergeht. Mit ihrem Freund Luka Zetsche, der in Brackenheim-Dürrenzimmern (bei Heilbronn) wohnt, und der selbst Straßenrennfahrer ist, unternahm sie gestern noch eine rund anderthalbstündige Ausfahrt auf dem Rad.

Das für sie größte Argument für eine Verschiebung war, dass aufgrund der Corona-Krise die Doping-Kontrollen seit einigen Wochen und in fast allen Ländern eingeschränkt sind. Der deutsche Frauen-Vierer, der sich für Olympia qualifiziert und in dem Brauße ihren Startplatz so gut wie sicher hat, hätte im April noch einen Wettkampf in Frankfurt/Oder absolviert, der jetzt allerdings abgesagt wurde. Dabei hätten sich andere Athleten in diversen Disziplinen über das Erreichen gewisser Zeitlimits noch für eine Nominierung empfehlen können. Franziska Brauße geht davon aus, dass die Qualifikation des Frauen-Vierers mit ihr, Lisa Brennauer, Lisa Klein und Gudrun Stock auch für 2021 bestehen bleibt und keine neuerliche Qualifikationsmühle seitens des Weltverbands aufgrund der Verschiebung ausgelobt wird. Wie es allerdings mit den namentlichen Nominierung der Olympiateilnehmer aussieht, die vom Bund Deutscher Radfahrer (BDR) für Mai vorgesehen war, vermochte sie nicht zu sagen. „Bis Ende April sind alle Wettkämpfe erst mal abgesagt“, so Brauße.

Ob der nächste große Bahnradwettkampf, die deutschen Meisterschaften im Juli in Köln, stattfinden, ist nicht sicher. Die U-23-Europameisterschaften kurz vor dem nun verlegten Olympia-Termin wären eigentlich nicht mehr im Kalender der 21-Jährigen gestanden. Gut möglich, dass die Wettkämpfe in Portugal nun doch von ihr wahrgenommen werden. Die vor ihr liegenden „Nur Training“-Wochen setzen ihr sichtlich zu. „Eigentlich bin ich eher ein Wettkampftyp, von daher ist das jetzt auch alles völlig neu für mich.“

Auftrieb geben der Sportlerin aber die beiden Bronzemedaillen, die sie Anfang März bei der Bahnrad-WM in Berlin errungen hatte. Diesen zuletzt starken Form-Nachweis kann ihr niemand nehmen. Deshalb gibt sie sich bezüglich Olympia 2021 auch optimistisch: „Die Vorfreude war in den letzten Wochen bei mir richtig da. Ich habe jetzt halt ein Jahr länger Vorfreude auf Olympia.“

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Erstellt:
26. März 2020

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