Hoch auf drei grünen Wagen

Hoch auf drei grünen Wagen ziehen sie hinaus – und kehren wieder. Drei Stunden später. Ganz Jettingen haben sie dann gesehen, viele Geschichten gehört, manche von ihnen schaurig, aber wahr. Die Ausfahrt des CDU-Ortsverbands ist der Höhepunkt des Jettinger Sommerferienprogramms. Am Samstag erlebten mehr als 60 Kinder Jettingen einmal ganz anders.

Von Thomas Morawitzky

Lesedauer: ca. 2min 24sec
„Hab’ mein Wagen voll geladen“ lautete das Motto der dreistündigen Fahrt durch den Ort GB-Foto: Bäuerle

„Hab’ mein Wagen voll geladen“ lautete das Motto der dreistündigen Fahrt durch den Ort GB-Foto: Bäuerle

Ganz neu allerdings war das für viele Kinder nicht unbedingt. Seit gut 30 Jahren veranstaltet der CDU-Ortsverein Jettingens seine Ausfahrt schon, und kaum eine Veranstaltung im Sommerferienprogramm der Gemeinde erfreut sich größerer Beliebtheit bei den Kindern. Das heißt: Nahezu alle Kinder, die dieses Mal mit dabei sind, waren es schon mindestens einmal zuvor, kennen die Gemarkung Jettingen also schon von oben, von der Ladefläche eines Anhängers aus. Nur beispielsweise Charlotte, sechs Jahre alt, gehört zu jenen, die zum ersten Mal unter freiem Himmel ihren Heimatort umrundeten. Schön fand sie die Fahrt auf jeden Fall – ein wenig überwältigt vom großen Rummel auf dem Wagen wirkt sie zuletzt doch.

Die Fahrt ist ein
großes Abenteuer

Reinhold Seeger und Wilhelm Heidlauff sind es, die auf den Traktoren sitzen. Einer der Schlepper zieht zwei, der andere einen Anhänger. Platz auf den drei Ladeflächen ist für insgesamt 60 Kinder. Es wimmelt dort droben von Kinderköpfen, die über die Seitenklappen der Anhänger schauen und aufgeregt miteinander sprechen. Dabei sein ist alles hier, die Fahrt ein großes Abenteuer, und auf dem Weg warten die Sensationen der Ortsgeschichte, die von anderen schwereren Zeiten erzählen, spannender als manch eine Gruselgeschichte.

Simon, neun Jahre alt, erzählt davon, was sich „am Arm“ in Jettingen zutrug. Jenseits des Oberjettinger Friedhofs befindet sich ein hölzernes Denkmal, das an eine Marktfrau erinnert, die an diesem Ort erschlagen wurde. „Sie hat Eier auf dem Markt verkauft“, erzählt Simon. „Dann kam ein Mann und hat sie totgeschlagen, weil er ihr Geld brauchte.“ Der Mörder aber verscharrte die Marktfrau nicht gut genug – ihr Arm ragte aus dem Boden und überführte ihn. Eine andere Wegstelle mit makabrem Hintergrund ist der Jägerstein, ein Sühnestein, den ein Täter errichten musste, der einen Forstgehilfen ermordet hatte. Arm und Jägerstein sind Landmarken bei Jettingen, über die die große Runde führt – auch der alte Wasserturm, eine 200 Jahre alte Kirche, die Überreste der Burg Steinberg gen Sulz und Sindlingen liegen auf der Route der Kinder. Die ganze Gemarkung Jettingens streichen die Traktoren in jedem Sommer mit ihren Hängern ab – ein großes Hallo von Kindern, die vorüberziehen, ihren Ort umkreisen.

Gut zehn Kilometer misst die Strecke, gut drei Stunden waren die Kinder unterwegs an diesem Samstag – inklusive einer Pause mit Bratwurst. „Meine eigenen Kinder haben früher auch teilgenommen“, sagt Beate Heidlauff, CDU-Vorsitzende in Jettingen und Organisatorin der Reise. Und auch Tobias, der wie seine Zwillingsschwester Carolina erst am Dienstag zuvor seinen neunten Geburtstag feierte, war dabei, droben auf dem Hänger, und erinnert sich nun stolz an alles, erzählt von Jägerstein, vom Arm, vom Wasserturm.

Zum Artikel

Erstellt:
27. August 2019

Sie müssen angemeldet sein, um einen Leserbeitrag erstellen zu können.