Lisa Gebhard: „Ich stehe immer unter Strom“

Saisonkehraus bei der SG H2Ku Herrenberg. Die Zweitliga-Handballerinnen empfangen am heutigen Samstag (18 Uhr/Markweghalle) die bereits als Absteiger feststehende HSG Gedern/Nidda. Sieben H2Ku-Spielerinnen werden heute Abend verabschiedet. Darunter auch Lisa Gebhard, die nach acht Spielzeiten bei der SG H2Ku ihre Karriere beendet.

Von Robert Stadthagen

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Lisa Gebhard: Einmal wird sie noch auf der Platte stehen GB-Foto (Archiv): Eibner

Die Füße stillhalten? Es gibt viele Dinge, die Lisa Gebhard deutlich besser kann. „Ja“, unterstreicht die 28-Jährige. „Wenn die Saison rum ist, gehen schon ein paar Tage am Pool. Aber dann wäre es schön, wenn wieder etwas passiert“, erklärt die gebürtige Fränkin. Für ein Energiebündel ihres Kalibers ist es natürlich auch eine Strafe, wenn sie mit dem Handball aussetzen muss. So wie in den vergangenen Wochen. Ein Muskelfaserriss hat die Rechtsaußen der SG H2Ku Herrenberg auf der Zielgeraden der Karriere außer Gefecht gesetzt. „Das war schon ein herber Schlag, dass ich nicht mehr aktiv mitwirken konnte“, meint sie. Zumindest konnte sie zuletzt als Coach in Harrislee als Vertretung des krank ausgefallenen Trainers Mike Leibssle wieder auf volle Betriebstemperatur hochfahren. Und am heutigen Samstag ist sie dann auch wieder am Ball. „Es ist mir extrem wichtig, noch einmal mit der Mannschaft auf der Platte zu stehen. Es kommt viel Familie und viele Freunde. Es geht ein großer Abschnitt meines Lebens zu Ende“, sagt Gebhard.

2011 ist sie vom Zweitliga-Absteiger HSG Albstadt zur SG H2Ku Herrenberg gekommen. Das Team war ohne einen Sieg durch die Saison gegangen. Gebhard war aus einem weiteren Grund frustriert. Eine Kahnbein-Operation hinderte sie damals von März bis Juni am Handballspielen. Zum Saisonstart war sie dann wieder voll da, um in die Fußstapfen von Anja Gloger zu treten, die zum damaligen Zweitligisten SG BBM Bietigheim gewechselt war. Vor dem Engagement in Albstadt hatte Gebhard beim VfL Waiblingen gespielt, zuvor beim Erstligisten 1. FC Nürnberg. Dort erlebte sie als junge Spielerin gleich zwei Insolvenzen mit, 2009 gingen die Lichter endgültig aus.

Apropos Lichter aus. Die Gefahr, dass die Akkus leer sind, bestand bei Lisa Gebhard quasi nie. Nicht umsonst kursiert in H2Ku-Kreisen der Spitzname Duracell-Häschen für sie. „Ich stehe immer unter Strom“, meint Gebhard. So oft wie sie stand kaum eine andere Spielerin in den vergangenen Jahren die kompletten 60 Spielminuten auf dem Feld. Wie schafft man das? „Ich versuche, auf meinen Körper zu achten – was eigentlich schon ein Widerspruch ist“, sagt sie lachend. Sie tut eben alles dafür, um die nötige Fitness für den Leistungssport zu halten. Im Spiel selbst gibt es dann keine Schonung. „Ich würde eher umfallen, als zuzugeben, dass ich einen Gegenstoß nicht mehr laufen kann.“ Diese Einstellung hat sie immer vorgelebt – und auch von Mitspielerinnen im Training und Spiel eingefordert, wenn es sein musste. „Sie ist ein emotionaler Leader und pusht immer – auch im Training. Es wird schwer werden, ihr Fehlen aufzufangen. Sie ist ein Unikat und sticht heraus“, sagt Trainer Mike Leibssle.

Wenn man sie in dieser Saison das Feld rauf und runter flitzen gesehen hat, mag man kaum glauben, dass nun Schluss sein soll. Offenbar können sich auch die Manager anderer Vereine nicht vorstellen, dass Gebhard schon reif für die Handball-Rente ist. Sie hätte sogar noch einmal den Sprung in die Erste Bundesliga machen können. „Es gab eine Anfrage von einem aktuellen Zweitligisten, der den Aufstieg anstrebt“, berichtet Gebhard. Sie hat dankend abgelehnt. „Ich habe den Entschluss aufzuhören ja bewusst gefasst, um Ruhe in meinen Alltag einkehren zu lassen. Das Angebot hat mich nicht gelockt“, sagt sie ehrlich.

Und trotzdem wird Lisa Gebhard heute Abend bei der Verabschiedung wehmütig werden. Sie weiß natürlich, dass ihr etwas fehlen wird. „Die Mädels werde ich total vermissen. Das Team ist für mich ein fester Anker, nachdem ich hier ja keine Familie habe“, sagt Gebhard. Die wohnt nach wie vor in Hersbruck in der Nähe von Nürnberg. Gebhard freut sich darauf, in Zukunft am Wochenende häufiger und spontaner in die Heimat fahren zu können. „Auch meine beste Freundin wohnt noch dort“, erzählt sie. Ihr Lebensmittelpunkt wird aber Herrenberg bleiben. Gebhard arbeitet als Produktmanagerin für ein Gültsteiner Unternehmen. Und da sie in Herrenberg wohnt, kann sie auch jederzeit im Training oder bei den Heimspielen vorbeischauen. „Ich werde am Anfang schon kribbelig sein, wenn am Abend nichts Fixes ansteht. Man hat mir aber gesagt, dass ich jederzeit vorbeischauen kann, um mal wieder einen Ball in die Hand zu nehmen“, sagt sie.

Heute Abend geht es im letzten Saisonspiel noch einmal um Punkte. Sportliche Brisanz hat die Partie gegen den Tabellen-Vorletzten und feststehenden Absteiger HSG Gedern/Nidda nicht mehr. „Wir haben uns aber seriös vorbereitet und werden die Partie ernstnehmen“, kündigt Mike Leibssle an. „Wir wollen den Spielerinnen, die uns verlassen, einen schönen Abschied bereiten.“ Neben Lisa Gebhard haben heute auch Katrin Schröder, Monika Lide, Saskia Putzke, Sandra Kußmaul, Celine Effinger und Katrin Friedrich ihren letzten Auftritt im Trikot der SG H2Ku. Leibssle würde die Saison gerne mit einem ausgeglichenen Punktekonto abschließen. Bei einem Sieg hätte die SG H2Ku Herrenberg 30:30 Punkte. Das sähe gut aus. Aber auch wenn es anders kommt, bleibt festzuhalten, dass die Mannschaft angesichts der außergewöhnlich vielen Verletzungen mit dem früh perfekt gemachten Klassenerhalt eine bemerkenswerte Runde gespielt hat.

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Erstellt:
19. Mai 2019

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