„Man braucht auch Mut zur Veränderung“

Von Andreas Gauss

Fußball: Als Folge der beschlossenen WFV-Strukturreform hat der SV Deckenpfronn den Wechsel-Antragin den neu zu bildenden Bezirk Nördlicher Schwarzwald/Calw gestellt.

„Man braucht auch Mut zur Veränderung“

Beim entscheidenden Punktspiel des SV Deckenpfronn, als mit einem 4:1-Sieg in Nufringen der Landesliga-Aufstieg perfekt gemacht wurde, war für den SVD-Chef Eberhard Reichert (rechts, im Jubel zusammen mit Bürgermeister Daniel Gött) die Welt noch in Ordnung. Nun aber will der Club den Bezirk Böblingen/Calw verlassen. GB-Foto (Archiv): Schmidt

Beim jüngsten Staffeltag des Bezirks Böblingen/Calw in der Emminger Fritz-Ziegler-Halle war der SV Deckenpfronn, mit seiner ersten Mannschaft frischgebackener Aufsteiger in die Landesliga-Staffel 3, gar nicht zugegen. Vereinschef Eberhard Reichert hatte Spätschicht und Jugendtrainer Andreas Paulus musste nach dem vorgeschalteten Jugend-Staffeltag noch auf einen anderen Termin. Dennoch war der SV Deckenpfronn im Hintergrund präsent bei dem Treffen der Fußballvereine. Denn unter den 84 Vereinsvertretern und der Bezirksführung um den Vorsitzenden Roland Ungericht hatte es schnell die Runde gemacht, dass justament am selben Tag der SVD seinen Antrag auf Wechsel in den neuen Bezirk Nördlicher Schwarzwald/Calw gestellt hatte.

Eberhard Reichert meinte auf „Gäubote“-Anfrage: „Wir haben das per Mail an die Bezirke Nördlicher Schwarzwald und Böblingen/Calw geschickt, an den Spielausschussvorsitzenden des WFV, Harald Müller, Spielleiter Thomas Proksch und an die WFV-Geschäftsstelle. Der Verband bekommt es auch noch per Post.“ Zur Begründung meinte Reichert, dass der SV Deckenpfronn an der Peripherie des zukünftig zu bildenden Bezirks Böblingen/Stuttgart liegen würde und eben nur 700 Meter von der Calwer Kreisgrenze entfernt sei. „Wir fahren ländliche Wege viel einfacher“, hat Reichert vor allem Respekt davor, dass er mit höherklassig spielenden Jugendmannschaften ins Stuttgarter Stadtgebiet fahren müsste. „Von der Logistik her ist das für uns nur schwer zu stemmen.“ Die Deckenpfronner Fußballer, so betonte Reichert, fühlen sich im neuen Schwarzwald-Bezirk „richtig beheimatet“. Die Unsicherheit, was der veränderte Spielbetrieb in Böblingen/Stuttgart, mit sich bringt, spiele ebenfalls eine Rolle. „Das wird mancher Verein erst in der Praxis erfahren müssen“, gab sich Reichert philosophisch, „und mit dieser Unruhe und dem Stress wollen wir erst gar nicht umgehen.“ Reichert holt tief Luft: „Zu einer solchen Entscheidung braucht man auch Mut zur Veränderung.“

Stress kommt gleichwohl auf fast alle Mannschaften des Bezirks zu. So konnte Bezirksspielleiter Rainer Winkler (Unterjettingen) in Emmingen die vom Verband herausgegebene Auf- und Abstiegspyramide nur schwer erläutern: „So richtig schlau bin ich daraus nicht geworden.“ Durch die Reduzierung der Bezirksliga auf 14 Vereine im Spieljahr 2023/24 kann es bis zu fünf Absteiger geben. Was auch die darunter liegenden A-Ligen mit Mehrabstieg betrifft.

Erst im zweiten Teil des Staffeltages kam Roland Ungericht auf die Folgen der Strukturreform zu sprechen. Die Aussprache, sprich die Wortmeldungen der Vereine, bezog sich nur auf die abgelaufene Saison. „Schade, das wir zerrissen werden. Bei uns hat alles gut funktioniert“, umschrieb Ungericht die Entscheidung beim außerordentlichen Verbandstag im Mai, die Böblinger Vereine dem Bezirk Stuttgart zuzuordnen und die Calwer Vereine tun sich mit den Clubs aus dem Kreis Freudenstadt und dem nördlichen Kreis Rottweil zusammen. Der seit rund einem Jahr amtierende Bezirkschef riss pragmatisch die Reserve-Frage an, wenn die zwei neuen Bezirksgebilde dann zur Saison 2024/25 spruchreif werden. Zwar würden die Kreisliga-B-4-Reservemannschaften aus dem Kreis Böblingen (derzeit acht Teams) auch im neuen Bezirk Böblingen/Stuttgart beibehalten werden können, aber im „nebenan liegenden“ Bezirk Nördlicher Schwarzwald/Calw werde sogar noch in der Kreisliga A mit Reserve gespielt werden. Ungericht: „Das kann für den einen oder anderen Verein auch attraktiv sein.“ Deshalb gab es eine Ansage an die Calwer Vereine der A-Liga, die in zwei Jahren eben in dem neuen Bezirk mit Nördlicher Schwarzwald auftreten werden, ob sie wieder mit einer Reservemannschaft an den Start gehen würden. Ungericht: „Es wäre schon schön, wenn wir da ein einheitliches System hätten.“

Zu den Wechselabsichten einiger Vereine aus dem Kreis Böblingen analog zum SV Deckenpfronn ging Ungericht nur insoweit ein, dass die Frist für die Vereine, sich zu einem solchen Wechsel zu erklären, am 31. Dezember dieses Jahres ablaufen würde. Je nach Anzahl der Vereine, könnte sich Ungericht auch vorstellen, dass es für diese Vereine eine Informationsveranstaltung geben könnte. Klar sei auf jeden Fall, so der Rotfeldener, dass ein Verein nicht nur mit den Aktiven, sondern auch mit allen Jugendmannschaften dann in den jeweiligen Bezirk wechseln müsste.

Daher kommt auf den SV Deckenpfronn noch etwas Gesprächsbedarf zu, führt doch der Club eine Jugendspielgemeinschaft mit den Vereinen TSV Kuppingen (Kreis Böblingen) und SV Sulz am Eck (Kreis Calw). Eberhard Reichert: „Mit diesen beiden Vereinen werden wir baldmöglichst die Gespräche aufnehmen.“