„Mich hat eine neue Herausforderung gereizt“

Yasar Köymen ist ein wichtiger Faktor für den Erfolg des FC Gärtringen GB-Foto (Archiv): Schmidt
Wohl dem, der einen Scout in der Familie hat, auf den er sich verlassen kann. „Ich kann meinem Vater blind vertrauen, der hat Ahnung vom Fußball“, sagt Hanjo Kemmler, Trainer des Fußball-Landesligisten FC Gärtringen. Er spricht von Robert Kemmler, der sich Ende der vergangenen Runde eine Partie des TSV Grunbach angeschaut hat, das Team spielt in der Landesliga Mittelbaden. Einen besonderen Blick hatte er auf Grunbachs Torwart Yasar Köymen geworfen, sein Urteil war durchweg positiv: „Den musst Du holen.“
Es scheint so, als habe sich Robert Kemmler nicht getäuscht. Sohn Hanjo folgte seinem Rat, der 28-jährige Köymen wurde in der Sommerpause vom FCG verpflichtet. Gewiss, Hanjo Kemmler kaufte die Katze nicht im Sack, vor der Spielbeobachtung war der Keeper im Training der Gärtringer zu Gast und hinterließ dabei schon einen guten Eindruck. Da aber Training und Spiel zwei Paar Schuhe sind, wartete Hanjo Kemmler noch die Eindrücke seines Vaters in dem Punktspiel ab.
Der FC Gärtringen spielt eine sehr gute Saison, er steht mit zwei Punkten Rückstand auf Spitzenreiter FC Holzhausen auf Platz zwei der Tabelle. Der FCG kassierte bisher nur 23 Gegentore, das ist auch ein Verdienst von Köymen, der in 15 der 17 absolvierten Spielen zwischen den Pfosten stand. Zu Saisonbeginn bekamen Köymen und sein Torwartkollege Halilibrahim Kocak gleichberechtigt die Chance, sich in jeweils zwei Begegnungen zu beweisen. Köymen setzte sich in diesem Duell durch und bestätigte durch beständig gute Leistungen die Entscheidung des Coaches, auf ihn als Nummer eins zu setzen. „Yasar hat nur ganz wenige Fehler gemacht, er hat uns aber in einigen Spielen Punkte gerettet“, sagt Hanjo Kemmler.
Köymen hat seine Karriere in der Jugend beim FV Grün-Weiß Ottenbronn begonnen. In der B-Jugend wechselte er zum Türk. SV Calw, mit dieser Mannschaft absolvierte er auch sein erstes Jahr bei den Aktiven, ehe er in die Oberliga zum TSV Grunbach wechselte. Danach schloss er sich dem CFR Pforzheim an, ehe er erneut für vier Spielzeiten nach Grunbach ging. Köymen war vollauf zufrieden damit, wie es in Grunbach lief. Dennoch spürte er den Reiz einer neuen Herausforderung. Dazu beigetragen hat sicherlich auch Gärtringens zentraler Mittelfeldspieler Besim Ramadani, den Köymen noch aus gemeinsamer Zeit in der Jugend des Türk. SV Calw kennt. Durch Ramadani erfuhr er, dass Torwart Fabian Seydt den FCG verlassen und sich dem FV Calw anschließen würde. „Besim hat mich gefragt, ob ich Lust hätte, den Verein zu wechseln“, erzählt Köymen. Die Lust war geweckt. „Mich hat eine neue Herausforderung gereizt“, sagt Köymen. „Ich habe gehört, dass die württembergische Landesliga insgesamt stärker ist als die badische. Das hat sich so auch herausgestellt“, sagt Köymen, die Mannschaften seien fußballerisch besser, es gebe herausragende Einzelspieler in den verschiedenen Teams.
„Wir wollen oben mitspielen, in den letzten Jahren hat aber die Mischung aus Häuptlingen und Indianern nicht gepasst.“ Das sagte Hanjo Kemmler zu Köymen, als es darum ging, den Vereinswechsel über die Bühne zu bringen. Und er sagte ihm, dass die Mannschaft mit jungen Talenten verstärkt werde. Auf der anderen Seite betonte Kemmler, dass er „einen erfahrenen Torwart braucht. Mit zwei jungen Keepern wollte ich nicht in die Runde gehen“. Für den 28 Jahre alten Köymen hat das Team jetzt „eine sehr gute Mischung“, die Vo-raussetzungen waren gegeben, um zu wechseln. Es waren für den neuen Gärtringer Schlussmann aber nicht nur die sportlichen Ziele, die ihn überzeugten, auch die Infrastruktur beim FCG wie auch die „angenehmen Gespräche“ mit der Vereinsführung trugen dazu bei. Wichtig war Köymen von Anfang an, dass beim FCG regelmäßig einmal wöchentlich ein Torwarttraining durchgeführt wird. Im langjährigen Gärtringer Stammkeeper Wolfgang Brodbeck steht ein Torwarttrainer parat, der Köymen und Kocak fordert und fördert. „Das Training mit Wolfgang macht Spaß. Halil und ich unterstützen uns gegenseitig, wir sprechen über die jeweiligen Fehler und haben ein sehr gutes Verhältnis“, sagt Köymen.
Der Calwer kennt nicht nur Besim Ramadani aus seiner Jugend, er kennt Stürmer Maikel Boric aus der Kindheit. Sie haben häufig gemeinsam auf dem Bolzplatz gekickt, sind regelrechte Straßenkicker. Während sich Boric zusehends zu einem treffsicheren Angreifer entwickelte, wurde aus Köymen ein vortrefflicher Torwart. Die Stärken des 1,86 Meter großen und 98 Kilogramm schweren Keepers sind die Situationen eins gegen eins oder das Herunterpflücken hoher Bälle. Eine Schwäche sind die Abschläge vom Boden, die eine eher überschaubare Flugkurve haben. „Das war früher besser. Ich weiß auch nicht genau, warum das schlechter geworden ist. Daran muss ich arbeiten“, sagt Köymen, der zu den ruhigeren Zeitgenossen gehört. Für Hanjo Kemmler ist er bisweilen zu ruhig. „Er könnte etwas mehr reden“, sagt Kemmler. Köymen hat auch dann die Ruhe weg, wenn der Ball in seinem Kasten landet. Gewiss ärgert ihn ein Gegentor, er befasst sich damit aber nicht zu lange: „Wenn ich ein Tor kassiere, dann geht es weiter und ich schaue, dass ich es das nächste Mal besser mache.“ Bisher macht Köymen seine Sache gut, das bestätigt die Statistik. Es habe ein paar Spiele gedauert, ehe das Zusammenspiel mit der Defensive gut funktionierte, jetzt seien die Mannschaftsteile eingespielt.
Robert Kemmler hatte offenbar den richtigen Tipp für Sohn Hanjo parat. THOMAS OBERDORFER