Moderna-Impfstoff im KIZ länger gelagert als für Europa vorgegeben

Kreis Böblingen: 630 Impfungen zwischen 8. August und 14. September im KIZ Sindelfingen betroffen

Von Florian Lieb

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Im Kreisimpfzentrum Sindelfingen wurde fünf Wochen lang Moderna-Impfstoff verabreicht, der länger gelagert war, als derzeit für Europa vorgegeben GB-Foto (Archiv): Ulmer

Im Kreisimpfzentrum Sindelfingen wurde fünf Wochen lang Moderna-Impfstoff verabreicht, der länger gelagert war, als derzeit für Europa vorgegeben GB-Foto (Archiv): Ulmer

630 Menschen wurden im KIZ Sindelfingen mit Moderna-Impfstoff geimpft, der länger als die aktuell für Europa vorgegebene Lagerzeit aufbewahrt worden war. Betroffen sind auch 139 Impfdosen, die im KIZ Reutlingen und 71 Impfdosen, die im KIZ Esslingen verimpft wurden, teilt das Landratsamt Böblingen mit. In Sindelfingen wurden die Impfungen zwischen dem 8. August und dem 14. September, in Reutlingen und Esslingen ab dem 9. September verabreicht.

Die Impfstoffe haben unterschiedliche Lager-/Verbrauchszeiten. Der Corona-Impfstoff des US-Herstellers Moderna wird nach Anlieferung aufgetaut und sei laut neuester Haltbarkeitsstudien des Unternehmens so stabil, dass er drei Monate lang bei normalen Kühlschranktemperaturen gelagert werden kann. Entsprechend werde in den USA auch so verfahren, dass er bis zu drei Monate lang gelagert werden kann. In Europa – und damit auch in Deutschland – gelte dagegen noch die alte Zulassungsdauer der EMA (European Medicines Agency), die vorsieht, dass die Lagerung bei Kühlschranktemperatur (plus 2 bis plus 8 Grad) eine Dauer von 30 Tagen nicht überschreiten soll.

Im betreffenden Fall waren die 30 Tage am 7. August abgelaufen. Seither wurde also bis zum 14. September im Kreisimpfzentrum Moderna-Impfstoff verabreicht, dessen Lagerung für Europa abgelaufen war. Im Fall von Moderna-Impfungen bis Dienstag wären das fünf Wochen. „Aber auf jeden Fall innerhalb der drei Monate wie in den USA“, betont Simone Hotz, Pressesprecherin des Landratsamtes, auf „Gäubote“-Nachfrage.

Der Fehler im KIZ Sindelfingen rührt daher, weil nach Anlieferung der Pakete eine falsche Beschriftung auf dem Etikett erfolgte – es wurde eine Ablaufzeit notiert, als handele es sich um den Impfstoff von Johnson & Johnson, für den drei Monate gelten. Das Sozialministerium wurde umgehend informiert, zudem natürlich die Landkreise, die Impfdosen erhalten hatten. Mit Blick auf die andernorts ohnehin übliche längere Verbrauchszeit für den Impfstoff Moderna werden keine negativen Folgen erwartet. „Die schon erwähnten neuesten Studien zeigen, dass der Impfstoff auch länger stabil ist“, sagt Dr. Martina Burchert-Graeve, Laborärztin und Ärztliche Leiterin im KIZ Sindelfingen. „Insofern erwarten wir keine negativen Auswirkungen.“ Geimpfte sollten sich keine Sorgen machen. „Es gibt bisher keine Rückschlüsse, dass sich aus der längeren Aufbewahrungszeit Auswirkungen auf die Wirksamkeit ergeben hätten.“

Auch am Status als Geimpfte ändere sich für die betroffenen Personen vorerst nichts, heißt es aus dem Landratsamt. „Es ist ein bedauerlicher Fehler, der hier passiert ist und für den ich mich – auch im Namen aller Verantwortlicher – entschuldige“, sagt Landrat Roland Bernhard. „Zudem haben wir unsere Vorkehrungen und Kontrollen nochmals verstärkt, damit sich so etwas nicht wiederholt.“ Das Landratsamt erhalte nun vom Sozialministerium die Daten derjeniger, die mit den betreffendem Moderna-Impfstoff geimpft wurden. Ab vier Wochen nach der Zweitimpfung kann bei Bedarf ein Impftiter-Nachweis durchgeführt werden, um abzuschätzen, wie wirksam die Impfung war. Am kommenden Montag erhalten Betroffene eine schriftliche Benachrichtigung und erfahren, wo sie einen solchen Nachweis vornehmen lassen können.

Moderna wird derweil im KIZ Sindelfingen wieder verimpft. Am Donnerstag ist dazu eine neue Lieferung aus dem Robert-Bosch-Krankenhaus in Stuttgart eingetroffen. Dass auch die Nachbarkreise Reutlingen und Esslingen betroffen sind, ist einfach erklärt. „Es ist ein üblicher Vorgang zwischen den Impfzentren, sich auch gegenseitig mit Impfdosen zu beliefern, um Impfstoff schnell verbrauchen zu können“, erklärt Wiebke Höfer, organisatorische Leiterin des KIZ Sindelfingen. Die Impfdosen wurden vorschriftsgemäß mit Kühlboxen transportiert, aufgrund der falsch etikettierten Haltbarkeit aber dann teils auch in den Nachbarkreisen noch verimpft.

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Erstellt:
17. September 2021

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