Nur die Holzspreißel fürchten die beiden Talente

Nur die Holzspreißel fürchten die beiden Talente

Tillmann Sarnowski (rechts) und Meo Amann haben sich hohe Ziele gesteckt GB-Foto: Schmidt

Wenn Tillman Sarnowski und Meo Amann im Sattel sitzen, die Reifen gleichmäßig surren hören und der Fahrtwind ihnen um die Ohren pfeift, dann ist die Welt für sie in Ordnung. Die beiden Radfahrer des RSV Öschelbronn haben ein großes Ziel vor Augen: Es im Radsport in den Nationalkader zu schaffen und internationale Rennen zu fahren. Fünf- bis sechsmal in der Woche dafür trainieren? Kein Problem. Ein erster Schritt in die richtige Richtung ist auch schon getan, denn beide gehören bereits zum U-17-Kader des württembergischen Radsportverbands. Und dort glänzen sie: Bei der deutschen Zeitfahrmeisterschaft in Genthin holte das Duo am Wochenende zusammen mit Justin Bellinger (RSC Biberach) und Nick Bangert (RSG Heilbronn) mit der Mannschaft bei der U-17 die Bronzemedaille.

Während Tillman Sarnowski dem RSV Öschelbronn bereits vor sieben Jahren beigetreten ist, hat Meo Amann seine Leidenschaft für den Radsport erst vor gut anderthalb Jahren entdeckt. Beide Male waren es die Väter, die ihre Söhne zum Fahrradfahren animiert haben. „Mein Vater fährt selbst Rad und wir waren oft zusammen mountainbiken“, erzählt Tillman Sarnowski. Eigentlich wollte der 15-Jährige auch zuerst in einem Mountainbike-Verein beitreten, allerdings habe es da nichts in der Nähe gegeben. „Deshalb haben wir uns mal das Training des RSV angeguckt“, grinst Tillman Sarnowski. „Und seitdem bin ich dabeigeblieben.“

Meo Amann hat dagegen bereits Umwege über Fußball und Tischtennis hinter sich. Erst als er von seinem Vater ein Rennrad geschenkt bekommen hat, wurde er vom Fahrradfieber gepackt. Während ihn das Fahren auf der Straße sofort begeisterte, stand der 16-Jährige dem Öschelbronner Radstadion zunächst skeptisch gegenüber. „Ich hab das Bahntraining zuerst eher abgelehnt“, räumt er ein. „Und die erste Runde zu fahren fand ich auch ganz schwierig, weil man immer denkt, man fällt gleich runter.“ Auch die Tatsache, dass man auf der Bahn nicht bremsen oder einfach aufhören kann, habe Meo Amann anfangs als ganz schön stressig empfunden. Beim Sommerbahn-Cup 2019 wurden diese Befürchtungen schließlich sogar bestätigt, als er gleich zweimal in Folge stürzte. „Bei solchen Stürzen sind vor allem die Spreißel gefährlich, die man sich auf dem Holz holt“, schaudert es Meo Amann immer noch.

Trotzdem hat sich der Tübinger seiner Furcht inzwischen gestellt und auf der Bahn keine Schwierigkeiten mehr. Der Respekt sei allerdings immer noch da. „Aber das ist auch gut so, sonst wird man zu leichtsinnig“, ist Amann überzeugt. Tilmann Sarnowskis erste Erfahrungen mit dem Bahntraining waren da schon unbeschwerter. „Ich fand das total super und bin immer höher und schneller gefahren“, erinnert sich der Nufringer schmunzelnd. „Bis ich dann irgendwann abgerutscht bin – aber es war trotzdem ein cooles Erlebnis.“ Wenn man die beiden fragt, ob sie lieber auf der Bahn oder auf der Straße trainieren, fallen die Antworten deshalb auch ziemlich unterschiedlich aus. Während Meo Amann nach wie vor am liebsten draußen ist, sind für Tillmann Sarnowski die abwechslungsreichen Sprints auf der Bahn absolute Highlights. „Aber das kommt immer drauf an, was man trainieren möchte“, gibt er zu Bedenken. „Bei beiden Einheiten kommt es ja auf unterschiedliche Sachen an.“

Während Sarnowski bereits ein alter Hase ist, was Wettkämpfe anbelangt, ist das erste Rennen für Amann gerade erst ein knappes Jahr her. „Unser Trainer Fabio Nappa hat mich überredet, mit nach Schönaich zu kommen“, erzählt er. „Allerdings bin ich da nach 200 Metern gestürzt.“ Aufgeben kam für Amann aber trotzdem nicht infrage. Obwohl die anderen Teilnehmer bereits über alle Berge waren, brachte der ehrgeizige Radsportler das Rennen zu Ende. „Schönaich ist auch wirklich ein hartes Rennen“, springt Tillman Sarnowski dem Kameraden bei. „Da machen ja auch internationale Sportler mit.“ Während Meo Amann sich momentan also noch in der Einstiegsphase der Radrennen befindet, konnte Tillman Sarnowski durch seine langjährige Erfahrung bereits erste Erfolge verbuchen. So ist er zum Beispiel im vergangenen Jahr auf den zehnten Platz der deutschen Bahnmeisterschaft gefahren und hat in diesem Jahr zusammen mit einem Partner den vierten Platz im Nachwuchswettbewerb des Berliner Sechstagerennens errungen. Kein Wunder, dass der Realschüler plant, nach seinem Abschluss auf die Johann-Friedrich-von-Cotta-Schule in Stuttgart zu wechseln. Hier kann Tillman Sarnowski nicht nur das Abitur machen, sondern sich auch auf den Sport konzentrieren. Die Schule ist auf leistungsorientierte Sportler spezialisiert.

Gerade für junge und ambitionierte Sportler ist dieses Jahr schwierig. Aufgrund der Corona-Pandemie gibt es kaum Rennen. „Das ist ziemlich frustrierend, wenn man kein Ziel mehr hat, auf das man trainieren kann“, schüttelt Tillman Sarnowski unglücklich den Kopf. Auch für Meo Amann sind die Ausfälle der Rennen ziemlich bedauerlich. „Letztes Jahr haben mir noch die Grundlagen gefehlt“, erklärt der Elftklässler eines Gymnasiums. „Aber inzwischen habe ich gut aufgeholt und Stärke aufgebaut.“ Die Ergebnisse in dieser Saison wären also sicher vielversprechender gewesen. Da tut ein Erfolg wie jetzt bei der DM im Zeitfahren doppelt gut. JENNY SCHWARTZ