Regionalität und Qualität sind entscheidend

„Fleisch – vegetarisch – vegan: Was ist nun eigentlich Sache?“ So lautete das Thema des Informationsabends in der Zehntscheuer, zu dem mit Reustener Metzgermeister Günther Egeler, Slow-Food-Mitglied Hellmut Stöhr und dem Demeter-International-Generalsekretär Christoph Simpfendörfer drei Redner geladen waren. Im Verlauf des Abends stellte sich schnell heraus, dass es für die Drei offenbar nur eine richtige Ernährungsweise gibt.

Von Jutta Krause

Lesedauer: ca. 2min 57sec
Günther Egeler zeigt zwei Gästen seine selbstgemachten SchnittchenGB-Foto: Bäuerle

Günther Egeler zeigt zwei Gästen seine selbst gemachten Schnittchen GB-Foto: Bäuerle

In einem Punkt waren sich der Metzgermeister, der Demeter-Vertreter, der selbst bei Stuttgart einen Demeter-Hof betreibt, und der Gourmet nämlich durchaus einig: Ihrer Meinung nach ist Fleisch auf jeden Fall fester Bestandteil einer gesunden, ausgewogenen und nachhaltigen Ernährung. Natürlich nicht das billig in Massentierhaltung produzierte Fleisch, das den überwiegenden Teil des in Deutschland verzehrten Fleischs ausmachen dürfte, sondern in natürlicher Weidehaltung und mit viel Achtsamkeit erzeugtes Fleisch. Die Varianten „vegetarisch“ und „vegan“ kamen nur am Rande zur Sprache – etwa als zwei junge Frauen aus dem Publikum sich als Veganerinnen outeten. Ansonsten ähnelte der propagierte gesunde und nachhaltige Lebensstil, der auch für den Planeten und die wachsende Weltbevölkerung am besten ist, der traditionellen schwäbischen Küche – mit möglichst hochwertigen regionalen und saisonalen Zutaten und einem guten Mix aller Nahrungsgruppen.

Täglich verhungern weltweit
30000 Menschen

Um das Thema Ernährung in einen breiteren Kontext zu stellen, begann Hellmut Stöhr seine Ausführungen mit eindrucksvollen Zahlen und Fakten. Angesichts der Tatsache, dass weltweit rund 900 Millionen Menschen an Hunger und Unterernährung leiden und täglich 30000 Menschen verhungern würden, sei die Entscheidung für eine der drei Ernährungsweisen ein Luxusproblem: „Viele Menschen sind froh, wenn sie überhaupt etwas zu essen haben“, erklärte er. „Andererseits steigt der Body-Mass-Index, mit dem man den Körperfettanteil messen kann, weltweit nach oben.“ Den Grund dafür sieht der Feinkost-Spezialist, der auch Mitglied in der Slow-Food-Bewegung ist, zum einen im hohen Verzehr von Fast- und Streetfood sowie industriell produzierten Fertigprodukten wie Tiefkühl-Pizza, zum anderen im mangelnden Wissen um den richtigen Umgang mit Kalorien. In Deutschland, so Stöhr weiter, gebe es derzeit rund acht Millionen Vegetarier und 1,3 Millionen Veganer, Tendenz steigend.

Als nächster Redner brach Günther Egeler eine Lanze für den Fleischgenuss. Nicht von ungefähr sei Fleisch seit Jahrhunderten ein Grundnahrungsmittel, denn es sei ein guter Eiweiß- und Eisenlieferant, enthalte keine allergenen Stoffe und sei komplett regional erzeugbar, was kurze Transportwege ermögliche, so der Reustener. Das Argument, dass der Wasserverbrauch für die Erzeugung von Rindfleisch sehr hoch sei, widerlegte er mit einer einleuchtenden Rechnung. Seine eigene kleine Rinderherde verbrauche pro Kopf und Tag etwa 25 Liter auf der Weide und 40 Liter im Stall. Bei einer Lebenszeit von 700 Tagen fallen demnach rund 90 Liter Wasser je Kilo Rindfleisch an. Ein weiteres Argument: „Wir verarbeiten das ganze Tier – vom Ochsenmaulsalat bis zur Ochsenschwanzsuppe, und aus den Knochen machen wir Fleischbrühe. Das ist mir persönlich sehr wichtig.“ Zudem, so Egeler weiter, sei für die Erhaltung der Kulturlandschaft die Beweidung unumgänglich. Ein Großteil der Anbaufläche sei nun einmal Grünland und nur über Wiederkäuer verwertbar. „Warum also auf so ein tolles Nahrungsmittel verzichten, das wir selber in der Region erzeugen können?“, lautete seine abschließende rhetorische Frage.

Als Demeter-Landwirt denkt Christoph Simpfendörfer in Kreisläufen. 35 Jahre lang bewirtschaftete er den Reyerhof in Möhringen mit zehn Milchkühen und 40 Hektar Anbaufläche, wovon 22 Hektar Grünland sind. Damit könnte er rein rechnerisch 160 Menschen ernähren. Auch für ihn ist der Fleischgenuss Teil der ausgewogenen Ernährung. „Viele Menschen werden Vegetarier, weil sie nicht für den Tod von Tieren verantwortlich sein wollen und verweisen auf die Natur. Da sind Wiederkäuer Fluchttiere, die von Raubtieren gefressen werden. Da haben es meine Kühe besser“, betonte er.

Massentierhaltung und die mit ihr einhergehenden Probleme lehnten alle drei Redner ab. Die Alternative liege aber nicht im Verzicht auf tierische Nahrungsmittel, sondern darin, den Verbraucher dazu zu bewegen, für bessere Qualität auch höhere Preise zu zahlen. Veganismus erzeuge neue Probleme und sei nicht nachhaltig, da etwa für die als Milchalternative verzehrte Mandelmilch riesige Monokulturen angelegt würden, was zu Umweltschäden führe. Gesamtgesellschaftliche Veränderungen seien dadurch aber nicht zu erreichen.

Zum Artikel

Erstellt:
14. März 2020

Sie müssen angemeldet sein, um einen Leserbeitrag erstellen zu können.