Remis in Solingen löst keinen Jubel aus

Erneut enttäuschte Gesichter bei den Handballerinnen der SG H2Ku Herrenberg: Der Zweitligist kam in der Partie beim Tabellenletzten HSV Solingen-Gräfrath 76 nicht über ein 30:30 (13:15)-Unentschieden hinaus. Mit dem einen Punkt wuchs allerdings der Abstand auf die Abstiegsränge.

Von Robert Stadthagen

Lesedauer: ca. 3min 44sec
Trainer Mike Leibssle hat mit seinem Team noch nicht die Kurve bekommen GB-Foto (Archiv): Eibner

Trainer Mike Leibssle hat mit seinem Team noch nicht die Kurve bekommen GB-Foto (Archiv): Eibner

Nach einem anderen Spiel gegen einen anderen Gegner hätten die H2Ku-Handballerinnen vermutlich nach der Schlusssirene ausgelassen im Kreis getanzt und den einen Auswärtspunkt gefeiert. Doch nach Jubel war im Herrenberger Tross am Samstagabend in der Solinger Klingenhalle niemandem zu Mute. Zwar hatte das Team nach einem Sieben-Tore-Rückstand beim 19:26 rund 14 Minuten vor dem Ende in der Schlussphase eine starke Aufholjagd hingelegt. Doch Trainer und Spielerinnen mussten sich darüber ärgern, gegen den Aufsteiger überhaupt derart ins Hintertreffen geraten zu sein.

Trainer Mike Leibssle redete nach der Partie nicht groß um den heißen Brei herum. „Wir haben sehr viel dafür getan, den Gegner starkzumachen“, meinte der Coach. Überhastete Abschlüsse, zu wenig Bewegung in der Abwehr – die SG baute das Schlusslicht auf. „So merkt der Gegner natürlich, dass was drin ist“, so Leibssle. Und der bisher noch sieglose Aufsteiger wollte die Chance beim Schopfe packen.

Bereits nach dreieinhalb Minuten führten die Gastgeber mit 3:0. Das war auch einer Zeitstrafe geschuldet, die sich H2Ku-Spielerin Lea Neubrander bereits nach 42 Sekunden einfing, als sie im Duell mit ihrer Gegenspielerin in der Abwehr schlichtweg zu spät dran war. Zwei der ersten drei Solinger Treffer fielen durch Siebenmeter. Auch das war symptomatisch. Zehn Strafwürfe bekamen die Gastgeberinnen zugesprochen. „Und alle zehn waren drin“, stellte Leibssle fest. An der Menge und der Berechtigung der Siebenmeter hatte er nichts zu kritisieren, auch wenn er gerne auch den einen oder anderen mehr für seine Mannschaft gesehen hätte. Die drei für die SG H2Ku verwandelte Kerstin Foth. „Die Schiedsrichter will ich aber nicht kritisieren. Dieses Spiel müssen wir selbst in 60 Minuten regeln.“

Nach dem verkorksten Start arbeiteten sich die Kuties wieder heran. Nachdem Kerstin Foth nach 20 Minuten zum 10:10 getroffen hatte, beruhigte sich der Puls bei den SG-Anhängern ein wenig. Doch er sollte schnell wieder nach oben gehen. Nicht nur, dass Foth und Marie Beddies kurz nacheinander Zeitstrafen kassierten. Ihre Aktionen hatten jeweils Siebenmeter zur Folge, die Mandy Reinarz verwandelte. In der 24. Minute lag Solingen mit 13:10 vorne. Beim 15:13 gingen die Gastgeberinnen mit dem guten Gefühl in die Pause, dass der erste Saisonsieg zum Greifen nahe ist.

Eine Kabine weiter saßen die H2Ku-Frauen mit zerknirschten Gesichtern. Und der einen oder anderen mag schon die Angst in den Gliedern gesteckt haben, dass die Herrenbergerinnen sich die Blöße geben könnten, als erstes Team in dieser Saison gegen Solingen zu verlieren. Mike Leibssle versuchte, seine Mannschaft auf Kurs zu bringen. „Wir haben uns vorgenommen, in der Abwehr deutlich mehr Präsenz zu zeigen und unsere Angriffe konsequent zu Ende zu spielen.“

Doch die Gäste erlebten einen kapitalen Fehlstart in den zweiten Durchgang. Mit zwei Treffern baute Solingen seinen Vorsprung auf 17:13 (33.) aus, in der 37. Minute stand es 20:15. Leibssle nahm seine zweite Auszeit – ohne sichtbaren Erfolg. Acht Minuten später legte der Herrenberger Coach die grüne Time-out-Karte beim Stand von 19:25 erneut auf den Zeitnehmertisch. „Ich kann mich nicht daran erinnern, jemals so früh in der zweiten Halbzeit meine dritte Auszeit genommen zu haben“, meinte er nach dem Spiel. Aber diesmal bekam seine Mannschaft die Kurve. Zwar gelang Mandy Reinarz per Siebenmeter noch der Treffer zum 26:19 (47.). Und Verursacherin Szimonetta Toepelt-Gera musste für zwei Minuten vom Feld. Durch Tore von Carolin Tuc, Anika Bissel, Stefanie Schoeneberg und Kerstin Foth kam die SG dann aber innerhalb von knapp drei Minuten auf 23:26 (50.) heran. Und mit einem weiteren 4:0-Lauf in erneut knapp drei Minuten glich das Team durch Toepelt-Gera, Beddies und Schoeneberg (2) zum 28:28 (57.) aus.

Das Pendel schlug nun klar in Richtung des Favoriten. Solingen ging durch zwei Siebenmeter von Sandra Münch noch zweimal in Führung, Bissel und Beddies glichen für die SG aus. Beim Stand von 30:30 waren die Herrenbergerinnen 50 Sekunden vor dem Ende in Ballbesitz und spielten diesen bis zu Zeitspielwarnung der Schiedsrichter aus. Neubrander ging ins Eins-gegen-eins und wurde beim Wurf gefoult. „Das hätte aus meiner Sicht einen Siebenmeter geben müssen“, so Leibssle. Die Referees entschieden auf Freiwurf, der vier Sekunden vor dem Ende nichts mehr einbrachte. So gab es am Ende des Spiels auf beiden Seiten enttäuschte Gesichter. Die SG H2Ku hat nun aus den vergangenen fünf Spielen nur einen Punkt geholt. Allerdings ist durch das Remis und die Ergebnisse der Konkurrenz der Abstand auf den ersten Abstiegsplatz auf sechs Punkte angewachsen. Die Sorgenfalten bei Trainer Mike Leibssle werden dadurch aber nicht kleiner. „Wir müssen jetzt einen Dialog darüber führen, warum wir so viele Gegentore bekommen“, erklärte der Coach. Und er stellte fest, was inzwischen offensichtlich ist: „Wir haben viel Qualität geholt, bringen sie aber nicht auf die Platte.“ Die nächste Chance bietet sich am kommenden Samstag (19.30 Uhr/Markweghalle) im Heimspiel gegen den TSV Nord Harrislee.

HSV Solingen-Gräfrath 76: Jackstadt, Fahnenbruck, Gerken (alle im Tor), Senel (1), Heinrichs (3), Gruner, Sosnierz (4), Münch (5/3), Reinarz (11/7), Bohnen, Bongartz, Penz (1), Brandt (5)

SG H2Ku Herrenberg: Waldenmaier, Elbert (beide im Tor), Schoeneberg (3), Bissel (2), Tuc (3), Bok (2), Zilinskaite, Foth (5/3), Toepelt-Gera (3), Neubrander (5), Hiller (1), Marcikova (1), Beddies (5)

Zum Artikel

Erstellt:
13. Januar 2020

Sie müssen angemeldet sein, um einen Leserbeitrag erstellen zu können.