SG H2Ku verspielt eine Acht-Tore-Führung

Das Oberligateam der SG H2Ku Herrenberg hat den Saisonauftakt in maximal bitterer Weise in den Sand gesetzt. Zur Pause gegen den HC Neuenbürg mit 15:7 in Führung, kurz nach dem Seitenwechsel sogar mit 17:8, gingen dem dezimierten Team von Fabian Gerstlauer im zweiten Spielabschnitt die Kräfte aus. Vor 180 Zuschauern unterlag die SG am Ende denkbar knapp mit 26:27.

Von Edip Zvizdic

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Duell zwischen Torhüter Mile Matijevic (Neuenbürg) und dem SG-Rechtsaußen Alexander Zürn GB-Foto: Drofitsch/Eibner

Duell zwischen Torhüter Mile Matijevic (Neuenbürg) und dem SG-Rechtsaußen Alexander Zürn GB-Foto: Drofitsch/Eibner

„Der Tag endet so, wie er auch begonnen hat“, war Fabian Gerstlauer unmittelbar nach dem Schlusspfiff sichtlich niedergeschlagen. Am Morgen noch hatte der Coach der SG H2Ku die kurzfristige Absage von Neuzugang Urs Bonhage erhalten, der mit einer schweren Erkältung im Bett lag, wodurch sich die ehedem schon angespannte Personalsituation weiter verschärfte. Mit nur drei Feldspielern auf der Bank durfte dementsprechend im Spielverlauf nicht allzu viel passieren. Tat es dann aber doch: Maximilian Bröhl musste mit der Roten Karte nach 44 Minuten vom Feld. Zu diesem Zeitpunkt führten die Hausherren noch mit 21:15, ehe dieser Vorsprung minütlich zu bröckeln begann.

Bis dahin hatten die aufgrund der Corona-Pandemie nur 180 in der Markweghalle zugelassenen Zuschauer eine beeindruckende Leistung ihrer Mannschaft präsentiert bekommen. Sandro Münch zeichnete für den ersten Treffer nach mehr als einem halben Jahr Zwangspause verantwortlich. Diesen konnten die Gäste im Gegenzug noch mit dem 1:1-Ausgleich durch Jonas Kraus erwidern, ehe in den nächsten 15 Minuten bis auf einen weiteren Treffer nichts mehr vom HC Neuenbürg zu sehen war. Die SG dominierte nach Belieben, ging in der Defensive höchst aufmerksam zu Werke, schaltete überfallartig um und traf auch vorne fast immer die richtige Wurfauswahl. So wuchs der Vorsprung über 7:1 (13.) auf 9:2 (19.) an. „In dieser Phase haben wir nicht viel falsch gemacht“, war Gerstlauer begeistert.

Gäste-Trainer Erkan Öz versuchte den Herrenberger Hochgeschwindigkeitshandball mittels einer Auszeit zu bremsen, aber auch dieses Vorhaben gelang nur bedingt. Kurzzeitig schien es, als könnte Neuenbürg aufschließen. Als Yannik Schopp in der 24. Minute auf die Strafbank musste, die Hausherren diese Unterzahl aber trotzdem mit 1:0 für sich entschieden, begannen aber auch die Gäste an sich zu zweifeln. Das umso mehr, als der starke Marvin Seeger auf 15:6 stellte. Neuenbürg gelang bis zur Halbzeitpause nur noch Ergebniskosmetik zum 15:7. Bärenstark kam die SG auch aus der Kabine, erhöhte durch Leander Lämmle und Marvin Seeger schnell auf 17:8, und überstand eine erste kleine Schwächephase, die die Gäste nutzten, um auf 11:17 zu verkürzen, schadlos. Nach 41 Minuten und angeführt vom überragenden Sandro Münch, lag Herrenberg mit 20:12 vorne. Im Gefühl, den Sieg bereits in der Tasche zu haben, begannen aber die Unzulänglichkeiten. Nicolas Rhotert, der bis dahin eine famose Leistung im SG-Tor gezeigt hatte, bekam plötzlich kaum noch eine Hand an den Ball. Der HCN verkürzte bis zur 44. Minute auf 15:21, ehe die entscheidende Szene folgte. Bei einem Tempogegenstoß ging Maximilian Bröhl zu ungestüm gegen Nils Pollmer vor und fällte den Neuenbürger Kreisläufer. Das Schiedsrichtergespann Dominik Salles und Lars Salles (Beilstein) beriet sich kurz und schickte den SG-Rückraumspieler mit Rot vom Feld. Jonas Kraus vergab zwar den fälligen Siebenmeter, dennoch wendete sich das Blatt zugunsten der Gäste.

Fabian Gerstlauer hatte nur noch zwei Feldspieler auf der Bank, so dass den Herrenberger Spielern mit fortlaufender Spielzeit schlichtweg die Kräfte ausgingen. In der 54. Minute glich Xaver Nitzke zum 23:23 aus. Gute zwei Minuten später gelang den Gästen nach einem Treffer von Philipp Karasinski zum 25:24 die erstmalige Führung. Duplizität der Ereignisse: Bereits in der coronabedingt abgebrochenen Vorsaison ging der HC Neuenbürg in der Markweghalle erst kurz vor dem Spielende in Führung und entführte schon damals mit dem 35:33 beide Punkte.

Die Gastgeber warfen aber noch mal die letzten Reserven in die Waagschale, glichen durch Marvin Seeger zum 25:25 und durch Sandro Münch zum 26:26 aus. Der letzte Angriff blieb aber den Gästen vorbehalten. Nicolas Rhotert hielt zunächst klasse gegen Philipp Karasinski, jedoch nahm Yannick Schopp den Abpraller nach Meinung der Unparteiischen im eigenen Kreis auf. Die zweite Chance ließen sich die Neuenbürger aber nicht mehr nehmen. Zwei Sekunden vor der Schlusssirene erzielte Xaver Nitzke den 27:26-Siegtreffer. Während die Herrenberger zu Boden sanken, bejubelten die Gäste lautstark den Auftaktsieg in fremder Halle.

„So zu verlieren ist natürlich bitter“, trauerte Gerstlauer dem zum Greifen nahen Sieg nach. „Als wir mit 21:13 vorne lagen, dachte ich, das könnte reichen. Aber die Rote Karte gegen Max hat alles verändert. Vorwerfen müssen wir uns, dass wir den Gegner mit Fehlern hinten und Fehlwürfen vorne auch unnötigerweise wieder ins Spiel gebracht haben. Damit stehen wir vor dem Auswärtsspiel in Steißlingen schon etwas unter Druck.“

SG H2Ku Herrenberg: Rhotert, Rinderknecht, Mohr (alle im Tor); Seeger (7/1), Bröhl (1), Schopp, Todt, Finn Böhm (2), Zürn (5), Lämmle (1), Stöffler (1), Münch (9/1)

HC Neuenbürg: Matijevic, Regelmann (beide im Tor); Frauendorff (1), Nitzke (4), von Witzleben, Karasinski (2), Kraus (4/1), Kracht (5/1), Burkhardt (1), Meyer (3), Langjahr (2), Pollmer (4), Bäuerlein (1)

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Erstellt:
5. Oktober 2020

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