Schneller Kaffeegenuss ohne schlechtes Gewissen

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Die AGH-Schüler mit ihremeigenen KaffeebecherGB-Foto: Krause

Die AGH-Schüler mit ihrem eigenen Kaffeebecher GB-Foto: Krause

Unterwegs schnell mal einen Kaffee oder ein anderes Heißgetränk trinken – das ist inzwischen für viele Menschen ein Teil ihres Lebensstils. Dass der Kaffee zum Mitnehmen – neudeutsch „Coffee to go“ – meist in kunststoffverstärkten Einwegbechern ausgeschenkt wird, die im Müll landen, sobald sie leergetrunken sind, ist dabei ein Problem, das der kaffeedurstige Verbraucher bislang noch allzu leicht ausblenden kann. Dabei hat die Nachricht von riesigen, in den Ozeanen treibenden Plastikinseln, längst die Runde gemacht.

Für Projekt eigene
Juniorfirma gegründet

Müllvermeidung, Regionalität und Nachhaltigkeit hat sich auch die Juniorfirma „gäu2go“ auf die Fahne geschrieben. Die aus 25 Schülern des Herrenberger Andreae-Gymnasiums (AGH) bestehende Schülerfirma hat ein Produkt entwickelt, das diese drei Ziele ästhetisch und pragmatisch umsetzt: den „gäu2go“-Becher. Er ist aus hochwertigem Porzellan, in Deutschland beziehungsweise der EU hergestellt, enthält selbstverständlich keine gesundheitsschädlichen Stoffe, die sich beim Genuss herauslösen könnten und kann immer wieder verwendet werden. Als besonderer Hingucker ist auf seinem in verhaltenen Farben aufgedruckten Logo der Zwiebelturm der Herrenberger Stiftskirche zu erkennen. Das verankert den ebenso praktischen wie umweltfreundlichen Becher fest in der Region, was sowohl für stolze Gäubewohner als auch für Touristen, die ein nettes Mitbringsel oder Erinnerungsstück suchen, attraktiv sein dürfte. Einzige Krux: der Preis. Denn da die Juniorfirma nicht über ein großes Kapitalpolster verfügt, konnten die hübschen Gefäße nur in kleiner Stückzahl produziert werden. Trotz der nicht ganz geringen Anschaffungskosten sind von der ersten Charge nur noch wenige Exemplare übrig.

Gegründet wurde die Juniorfirma „gäu2go“ im Herbst letzten Jahres von 25 AGH-Schülern der Jahrgangsstufe 1, die damit erste praktische Erfahrungen in Sachen Wirtschaft und Unternehmertum machen. Begleitet werden sie dabei von ihrem Lehrer Gerd Braitmaier sowie dem Institut der deutschen Wirtschaft in Köln, das etwa bei der Aufstellung eines Wirtschaftsplans beratschlagte. In Sachen Startkapital haben Eltern und Sponsoren die Schüler unterstützt. Ansonsten ist der einjährige Kurs, in dem die teilnehmenden Schüler ihre eigenen Erfahrungen mit der freien Marktwirtschaft machen können, eine ganz normale Schulveranstaltung, die auch entsprechend benotet wird. Wie in jedem Schuljahr begann das Projekt mit der Ideenfindung. Dabei ging es den Schülern vor allem darum, ein nachhaltiges Produkt zu entwickeln, das die Umwelt schont und die Gesundheit nicht beeinträchtigt.

Die Idee, dem durch Einwegbecher entstehenden Müllproblem mit wiederverwertbaren Gefäßen zu begegnen, hatte Annika Grund. „Ich kenne das von anderen Städten, wo es wiederverwendbare Becher in größerem Umfang gibt – oft in Verbindung mit einem Umlaufsystem, bei dem man die Becher an allen teilnehmenden Stellen gegen Pfand erwerben und abgeben kann. Das wäre für uns zu kompliziert gewesen. Deshalb haben wir uns dafür entschieden, dass jeder seinen eigenen Becher kauft.“ Dadurch wurde die Idee umsetzbar, die Methode setzt jedoch voraus, dass umweltbewusste Interessenten zum Mitdenken und Mitwirken bereit sind – der klimafreundliche Becher muss schließlich gereinigt und mitgenommen werden. „Unser Ansatz ist umweltfreundlich“, erklärt „Marketingchefin“ Henriette Sarnowski selbstbewusst. „Der Kunde zahlte einmal den Preis und kann den Becher immer wieder verwerten. Er hat etwas Hochwertiges und Regionales in der Hand. Mit dem Material wollten wir uns absetzen – etwa von Bambusbechern – und in der Region verorten.“

Nachdem die Idee feststand, machten sich die in Arbeitsgruppen aufgeteilten Schüler daran, Material und Design festzulegen, machten sich auf die Suche nach Firmen, die den „gäu2go“-Becher für sie herstellen würden, übten sich in der Preiskalkulation und überlegten, in welchen Plattformen sie ihr Produkt bewerben könnten. Als ideale Vermarktungspartner fanden sich Bäckereien, die Kaffee zum Mitnehmen im Repertoire haben. Auch hier gab es indes Hindernisse zu überwinden, denn laut der deutschen Hygienevorschriften dürfen die Verkäuferinnen den mitgebrachten Becher nicht berühren – ein Problem, das sich leicht mit einem Tablett lösen lässt.

Mit den Bechern wolle man vor allem dem allgemeinen Wegwerfkonsum entgegenwirken und etwas Nachhaltiges schaffen, erzählt Paul Küchle, der als erster Vorsitzender der Juniorfirma für die Gesamtorganisation zuständig ist. Derzeit arbeite man an der Weiterentwicklung des Produkts – etwa durch eine einseitig silikonbeschichtete Filzmanschette, die um die Bechermitte gelegt werden kann, um die empfindlichen Fingerspitzen vor Hitze zu schützen. Auch ein weiteres Produkt, das in die Reihe passt und ein wenig preiswerter hergestellt und vertrieben werden kann, ist geplant.JUTTA KRAUSE

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Erstellt:
26. Februar 2019

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