„Sie hätte Tag und Nacht trainieren können“

„Sie hätte Tag und Nacht trainieren können“

Elke Waltherliebt die Arbeit als Torwarttrainerin beim SC Freiburg und die Arbeit mit der neunjährigen Labradorhündin „Emma“GB-Foto: gb

Es war schwer…“ – Sekunden lang herrscht Stille. Gerade so, als ob Elke Walther in sich hineinhorchen muss. Das Gespräch kommt auf die unfreiwillige Auszeit im Jahr 2011 als Assistenz- und Torwarttrainerin beim Bundesligisten SC Freiburg. Fast scheint es so, als müsse sich die heute 52-Jährige für etwas rechtfertigen. Sie sagt dann einen bezeichnenden Satz: „Wissen Sie, bis dahin gab es in meinem Leben nicht mehr als die Arbeit und Fußball.“ Inzwischen ist die Episode vor rund acht Jahren längst Geschichte, seit 2013 ist Elke Walther in Freiburg wieder als Torwarttrainerin fest im Sattel. Schließlich ist sie seit 2003 im Trainerstab dabei und hat zu Anfang das Torwarttraining für zwei Aktiven- und alle Mädchenteams geleistet. Sie lächelt: „Ganz ehrlich, mittlerweile kann ich das nicht mehr alles leisten. Man wird ja auch älter…“

Der SC Freiburg giltals Talentschmiede im Frauenfußball

Elke Walther hat ihr Herz an den SC Freiburg verloren. Im letzten Jahrzehnt, in dem der Frauenfußball immer professioneller geworden ist und bei großen Clubs wie Bayern München und VfL Wolfsburg ehrgeizige Frauenabteilungen gebildet wurden, sei der SC Freiburg einfach noch „ein ganz anderer Verein“ geblieben. „Wie unsere Männer sind wir uns darüber im Klaren, dass wir ein Ausbildungsverein sind.“ Aber was für einer: Die Nationalspielerinnen Sara Däbritz, Melanie Leupolz, Laura Benkarth, Verena Schweers, Carolin Simon oder Lina Magull haben schon in Freiburg gespielt. Klara Bühl und Merle Frohms sind aktuell im DFB-Kader. Mit der erst 19-jährigen Giulia Gwinn wechselt das nächste Juwel nach Bayern München. Der bisherige Trainer Jens Scheuer geht ebenfalls nach München. Freiburg gilt als die Talentschmiede im deutschen Frauenfußball. Entsprechend groß ist die Anerkennungskultur im Breisgau geworden. Als die Freiburgerinnen heuer nur knapp im DFB-Pokalfinale gegen den Titelverteidiger VfL Wolfsburg mit 0:1 verloren hatten, wurde der Mannschaft ein Empfang im Rathaus nebst Bad in der Menge auf dem Rathausbalkon zuteil. Eine Ehre, die in sportlicher Hinsicht bislang nur die Ex-Nationalspielerin Melanie Behringer (2007) und der DFB-Trainer Joachim „Jogi“ Löw nach dem WM-Titel 2014 erhalten hatten. Elke Walther: „Das war richtig gut, denn wie alle Frauenteams haben auch wir am Anfang für die Anerkennung kämpfen müssen.“ Seit 2001 zählt Freiburg zum Stammpersonal der Frauen-Bundesliga.

Apropos Stammpersonal: Zum Gründungsmitglied der Frauen-Bundesliga gehört auch Elke Walther mit ihrem damaligen Verein VfL Sindelfingen. In der Premierensaison 1990/91 wurden 20 Clubs in eine Nord- und Südstaffel eingeteilt, erst ab 1997/98 wurde die Bundesliga eingleisig. Und neben Gudrun Gottschlich (33 Länderspiele) war auch Elke Walther mit vier Einsätzen im Nationaltrikot „natürlich ein Aushängeschild für unseren Verein“, wie ihre langjährige Weggefährtin Evelyn Klumpp anmerkt.

Die Frauenfußball-Pionierin im Bezirk Böblingen/Calw ist mit ein Grund, dass Walther als Zwölfjährige zum Frauenfußball kam. Als jüngstes von fünf Kindern wuchs sie in Stuttgart Birkach auf, spielte mit ihren Brüdern ständig auf dem Bolzplatz. Walther: „Da ich die Kleinste war, durfte ich natürlich immer ins Tor stehen.“ Und es gefiel ihr. Als sie nach der D-Jugend nicht mehr mit den Jungs zusammenkicken durfte, absolvierte sie beim B-Mädchenteam von Eintracht Stuttgart ein Probetraining. Erst kurz zuvor war Evelyn Klumpp von Sindelfingen zum Aktiventeam der Eintracht gewechselt, Trainer war Josef Fazekas. Wenige Jahre später wechselte Klumpp zurück nach Sindelfingen, Trainer Fazekas und das Torhütertalent Elke Walther gingen mit. Der Rest ist, wie es so schön heißt, Geschichte. Sindelfingen gehörte bis 1997 der Bundesliga-Südstaffel an und schaffte 2005 und 2012 den Sprung in die Eliteklasse. In der von Gero Bisanz trainierten Nationalelf kam Walther in den Jahren von 1989 bis 1994 aber nicht an Stammtorhüterin Marion Isbert, die bereits bei der Länderspielpremiere 1982 zwischen den Pfosten stand, vorbei. Immerhin: An der erstmals 1991 ausgetragenen Weltmeisterschaft in China kam sie im Spiel um Platz drei gegen Schweden (0:4) zu einem Länderspieleinsatz. Als sie beim TuS Niederkirchen 2000 ihre Karriere schon beendet hatte, folgte ein erstes Kurz-Intermezzo in Freiburg, als Übergangslösung für eine verletzte Stammtorhüterin. „Ich kannte die Freiburger Teammanagerin Birgit Bauer sehr gut.“ Ab 2003 holte Bauer sie endgültig zum SCF, in der Trainerrolle ging sie vollkommen auf. Evelyn Klumpp: „Elke hatte immer schon unglaublich viel Ehrgeiz, sie hätte Tag und Nacht trainieren können.“ Just in dem Jahr 2011, als nach Differenzen mit dem damaligen Cheftrainer ihre Karriere zu Ende schien, legte sich die Medizintechnikerin eine Labrador-Hündin zu. „Emma“ kam als Welpe in den Walther’schen Haushalt. Walther war nebenher noch in einer Hundeschule beschäftigt und wollte unbedingt „Emma“ selbst ausbilden. Es wäre in Richtung Hundesport gegangen: „So ein Labrador ist ein richtiger Arbeitshund.“

Doch Birgit Bauer klopfte 2013 erneut bei ihr an. Natürlich wandte sich Walther wieder dem Fußball zu. Aber auf „Emma“ nimmt sie mittlerweile Rücksicht, bei langen Auswärtsfahrten in der Bundesliga, zumeist mit Anreise am Vortag, bleibt sie in der Regel zu Hause: „Außer der Trainer bittet mich darum, dabei zu sein, wenn es mal ein ganz wichtiges Spiel gibt.“ Der neue Coach, Daniel Kraus, „passt optimal zu uns“, findet Elke Walther. Und sie wird ihm helfen, die jungen Spielerinnen voranzubringen. ANDREAS GAUSS