VfL Herrenberg muss wieder einen Trainer suchen

Im Dezember 2019 hat Benjamin Maier den Bezirksligisten VfL Herrenberg übernommen, nach Ende der laufenden Runde legt der Trainer sein Amt nieder. Der spielende Co-Trainer Marc Bühler verlässt den Club ebenfalls. Maier kehrt dem Fußball den Rücken. Bühler ist beruflich zunehmend eingespannt und hat nicht mehr die Zeit, seinen Posten beim VfL Herrenberg so auszufüllen, wie er sich das vorstellt.

Von Thomas Oberdorfer

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Man muss auch loslassen können: Benjamin Maier kehrt dem Trainerjob den Rücken: „Der Fußball war für mich praktisch wie ein Beruf“ GB-Foto (Archiv): Vecsey

Man muss auch loslassen können: Benjamin Maier kehrt dem Trainerjob den Rücken: „Der Fußball war für mich praktisch wie ein Beruf“ GB-Foto (Archiv): Vecsey

Im vergangenen Dezember hatte Giuseppe Costanza mit Benjamin Maier und Marc Bühler ein längeres Gespräch geführt. Costanza, Sportlicher Leiter beim VfL Herrenberg, signalisierte, dass der Verein gerne mit beiden weiter zusammenarbeiten möchte. Maier und der spielende Co-Trainer Marc Bühler erbaten sich einige Wochen Bedenkzeit, nun sagten sie dem Club schließlich ab. Enttäuschung und Sprachlosigkeit, das war die Reaktion der VfL-Verantwortlichen des VfL. „Wir respektieren die Entscheidung natürlich“, sagt Costanza, der nun die Aufgabe hat, einen neuen Trainer und einen neuen Co-Trainer für die kommende Runde zu finden. Sicher ist: Die laufende Saison wird das aktuelle Trainerduo noch durchziehen.

Obgleich angesichts der seit November herrschenden Zwangspause aufgrund der Corona-Pandemie niemand sagen kann, wann die Runde wieder aufgenommen oder ob sie letztlich komplett abgebrochen wird. Maier positioniert sich eindeutig: „Das einzig Sinnvolle in der aktuellen Situation ist für mich, die Runde sofort zu beenden. Es geht um die Gesundheit der Spieler.“ Eine zwei- oder dreiwöchige Vorbereitungszeit nach einer mehrmonatigen Pause sei für den 36-Jährigen völlig inakzeptabel: „Die Spieler müssen sich erst wieder an die fußballspezifischen Abläufe herantasten, an die Handlungsschnelligkeit, das Zweikampfverhalten, an die muskuläre Belastung. Ich rechne damit, dass muskuläre Verletzungen stark zunehmen werden, wenn die Vorbereitung nur so kurz sein wird wie vom Verband derzeit formuliert.“ So sieht es auch Giuseppe Costanza. Er spricht davon, dass eine Wiederaufnahme der Runde nach einer nur wenige Wochen dauernden Vorbereitung „den Spielern nicht zuzumuten ist. Das geht zulasten der Gesundheit.“ Costanza hat aber zunächst ein anderes Problem zu lösen: Er muss Nachfolger für Maier und Bühler finden. „Ich hatte schon einige Gespräche geführt, bislang allerdings ohne Erfolg“, so Costanza.

„Es ist derzeit schwierig, einen Trainer zu finden“, sagt Costanza, der Lockdown trage dazu bei. „Der eine oder andere hat gemerkt, dass es auch zu Hause ganz schön ist, die potenziellen Trainer haben das Leben ohne Fußball verschmeckt“, hat Costanza festgestellt, allerdings habe er noch ein paar „heiße Eisen im Feuer“. Ende Februar will er die Nachfolger präsentieren, ein Spielertrainer und ein spielender Co-Trainer sollen es nach Vorstellung des VfL-Fußballchefs auf jeden Fall sein.

Benjamin Maier ist seit seinem 18. Lebensjahr Trainer, er coachte beim VfL Nagold Jugendteams, war Co-Trainer des verstorbenen Walter Baur in der A-Jugend-Oberliga Nagolds, Co-Trainer im Verbandsliga-Team der Nagolder, vor seinem Engagement beim VfL Herrenberg trainierte er die Sportfreunde Gechingen. „Ich habe mein gesamtes Leben immer nach dem Fußball ausgerichtet, meinen Urlaub, mein Privatleben. Fast jeder Tag drehte sich um Fußball, das hat mir sehr viel Spaß gemacht, der Fußball hat mir auch viel gegeben“, sagt Maier. Er habe nur in einem Pflichtspiel in all den Jahren gefehlt, das war in dieser Runde bei der 1:10-Niederlage der Herrenberger beim VfL Nagold II der Fall. Maier: „Der Fußball war für mich praktisch wie ein Beruf.“ Damit ist nach dieser Saison Schluss, Trainer Maier kehrt dem Fußball den Rücken. „An dem Tag, an dem ich nicht mehr 100 Prozent geben kann oder will für den Fußball, muss ich damit aufhören“, sagt Maier, dieser Zeitpunkt sei gekommen. Erste Gedanken in diese Richtung kamen schon in der Zeit nach seinem Ende bei den Sportfreunden Gechingen auf. „Ich habe gespürt und erlebt, dass es noch etwas anderes gibt außer Fußball. Für mich war bei meinem Beginn in Herrenberg schon klar, dass das meine letzte Station sein würde“, sagt Maier, der sich damals im Dezember 2019 allerdings auf einige Jahre als Coach des VfL eingestellt hatte. Die Herrenberger stehen derzeit auf einem Abstiegsplatz, sie sind Drittletzter in der Tabelle. „Ich würde lügen, hätte meine Entscheidung null Prozent auch mit der sportlichen Situation zu tun. Wenn alles funktioniert hätte und wir vorne mitspielen würden, wäre mir die Entscheidung sicher schwerer gefallen – es wäre aber dieselbe Entscheidung gewesen“, betont Maier.

Er freue sich auf einen „neuen Lebensabschnitt“ und darauf, dass er nach der Saison selbst über seine Freizeit bestimmen könne und die Entscheidungen nicht mehr vom Fußball abhängig seien. Bergsteigen ist eins der Hobbys, dem Maier intensiver nachgehen will, Reisen generell. Dazu zählen künftig auch regelmäßige Besuche seiner Schwester, die in Schweden lebt, seine Eltern werden ebenfalls in das Land nach Skandinavien ziehen. Bei Marc Bühler sind es berufliche Gründe, die den Ausschlag gegeben haben, Herrenberg abzusagen. Der Polizist ist zum Dienstgruppenleiter aufgestiegen, hat mehr Verantwortung und ist zeitlich entsprechend eingespannt. Zudem stand er schon in dieser Runde aufgrund seines Schichtdiensts nicht so zur Verfügung, wie er es sich vorgestellt haben. „Ein Stück weit gehe ich schweren Herzens, das ist eine rationale Entscheidung“, sagt der 27-jährige Bühler.

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Erstellt:
9. Februar 2021

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