VfL Herrenberg stemmt ein Projekt mit Signalwirkung

Die Szenerie war ungewöhnlich. Die Baufirma baggerte an der Schießmauer eifrig – um Raum für die Bodenplatte für das Sportvereinszentrum des VfL Herrenberg im Stadion zu schaffen. Sechs Spaten blieben am gestrigen Freitag allerdings unbemannt, in Zeiten der Corona-Krise musste der offiziell geplante Spatenstich für das mit Abstand größte Bauprojekt in der Geschichte des Vereins ausfallen.

Von Andreas Gauss

Lesedauer: ca. 3min 24sec
Ein Spatenstich ohne Offizielle: Der Startpunkt für den Bau des Sportvereinszentrums des VfL Herrenberg fiel gestern nur symbolisch aus GB-Foto: Holom

Ein Spatenstich ohne Offizielle: Der Startpunkt für den Bau des Sportvereinszentrums des VfL Herrenberg fiel gestern nur symbolisch aus GB-Foto: Holom

Seit Montag ist der Erdaushub für das zweistöckig geplante Sportvereinszentrum im Gange. „Vom Zeitplan sind wir vollkommen in der Spur“, sagt Werner Rilka, Vorsitzender des rund 5600 Mitglieder zählenden Herrenberger Vereins. Zum offiziellen Spatenstich war auf den gestrigen Freitag eingeladen, rund 60 Vertreter aus der Stadtverwaltung, dem Gemeinderat und der VfL-Abteilungen hätten an diesem 4. April den Meilenstein gefeiert. Nach der aufgrund der Coronavirus-Pandemie verhängten Kontaktsperre seitens der Landesregierung Baden-Württemberg mussten die Vereinsverantwortlichen aber absagen. Gleichwohl wollte Werner Rilka in Absprache mit Oberbürgermeister Thomas Sprißler einen symbolischen Spatenstich vollziehen.

Aus dem Homeoffice zeigte sich Thomas Sprißler von der „klasse Idee“ angetan: „Das unterstreicht doch, dass es weitergeht. Zudem ist der Bau des Sportvereinszentrums ein wahnsinnig tolles Projekt.“ Das im Übrigen der VfL Herrenberg als Bauherr alleine stemmt, wohlgemerkt in Partnerschaft mit der Stadt, die ja Grundstückeigentümer ist. Noch vor rund anderthalb Jahren war eine Kostenbeteiligung der Stadt von rund 1,08 Millionen Euro an dem damals auf 5,7 Millionen Euro taxierten Neubau eines Stadiongebäudes mit Gymnastikhallen, Verwaltungstrakt und sanitären Anlagen geplant (wir berichteten). Nach vielen Abstimmungsgesprächen, in denen sich der VfL, so betont Sprißler ausdrücklich, als „sehr seriöser und sehr starker Partner“ gezeigt habe, hat sich folgende Konstellation ergeben.

Stadt mietet Räumlichkeiten
für die Dauer von 25 Jahren an

Da die Stadtverwaltung für den Schulsport und die Stadionnutzung durch andere Vereine Flächen vorhalten muss, was Umkleiden und sanitäre Einrichtungen angeht, zudem auch der städtische Bauhof zur Stadionpflege überdachte Lagerflächen (Garagen) im neuen Stadiongebäude benötigt, wird die Stadt, so Sprißler, „Ankermieter“. Das bedeutet, so führt Werner Rilka, aus, dass die Stadt die Räumlichkeiten für die Dauer von 25 Jahren anmietet. Dies entspräche, so der VfL-Vereinschef weiter, den rund 25 Prozent des Raumprogramms, die von der Stadt mitgenutzt werden. Dazu zählt auch der neu zu gestaltende Eingangsbereich zwischen Stadiongebäude und dem bestehenden Tribünentrakt. Inzwischen belaufen sich die Gesamtkosten für das Projekt auf 6,5 Millionen Euro. Aber, so betont Rilka, die Partnerschaft zwischen Verein und Stadt habe in Summe das Genehmigungsverfahren vereinfacht. Neben der Neugestaltung des Stadioneinganges im oberen Teil der Schießmauerstraße (ehemaliges Kassenhäuschen) hat sich der Bauherr auch für eine Fotovoltaikanlage auf dem Dach entschieden. Zudem, so Rilka, werde das Gebäude nach einem von der Kreditwirtschaft für Wiederaufbau (KfW) vorgegebenen Energieeffizienzstandard gebaut. Das sichere dem Verein nicht nur zinsgünstige Finanzierungsmittel, sondern es bestünde laut Vereinschef Rilka auch die Chance, einen Tilgungszuschuss zu bekommen.

Geändert hat sich mittlerweile auch das Raumprogramm. Ursprünglich hätte die Geschäftsstelle aus dem VfL-Center in den geplanten Verwaltungstrakt des Stadiongebäudes umziehen sollen. Dort entsteht nun ein dritter Gymnastikraum. Ein großer Besprechungsraum bleibt allerdings bestehen. Der im VfL-Center dadurch frei werdende Karl-Haug-Raum mit kleiner Küchenzeile wird für die Erweiterung der Geschäftsstelle genutzt.

Thomas Sprißler zeigt sich erleichtert über das nun auf den Weg gebrachte Bauvorhaben: „Ich kann nur immer wieder meine jedes Jahr bei der VfL-Hauptversammlung gemachte Äußerung wiederholen: Der VfL ist kein Sportverein wie jeder andere, er ist schon ein mittelständisches Unternehmen.“ Ein Projekt mit solchen Dimensionen stemmen zu können, zeige auf, wie seriös der Verein unterwegs sei: „Das hat er auch in der Vergangenheit beim Bau des VfL-Centers und den diversen Anbauten unterstrichen.“

Das nun fertig konzipierte Sportvereinszentrum, das Richtfest ist für Herbst, die Fertigstellung „im frühen Sommer 2021“ (Rilka) vorgesehen, ist nach Ansicht des Stadtoberhaupts „eine starke Hausnummer, das seine Signalwirkung für den Verein nicht verfehlen wird“. Zwar müsse das gesamte Areal Altes Freibad noch entwickelt werden, aber das Stadiongebäude sei von Beginn an aus der Entwicklungsfläche herausgenommen gewesen, so dass der Herrenberger Club das mit viel Geduld herbeigesehnte Projekt nun angehen kann. Mit Blick auf die bislang unbefriedigende Umkleidesituation der Herrenberger Oberliga-Fußballerinnen meinte Sprißler: „Der Bedarf war beim VfL auch gewaltig.“

Rückblickend auf die letzten Monate mag Werner Rilka zudem nicht mehr von einer Verzögerung des Bauvorhabens sprechen: „Es war auch eine schwierige Situation, was den Abriss der Stadiongaststätte anging, denn alle Versorgungsleitungen fürs Stadion liefen da durch.“ Es wäre zwar möglich gewesen, den Abriss im Herbst vergangenen Jahres auszuführen, doch dann hätte über die Wintermonate ein „Riesenloch“ (Rilka) an der Schießmauerstraße geklafft und man hätte aufwendig absperren müssen. Der VfL-Vorsitzende: „Das hätte gar keinen Sinn gemacht.“ Insgesamt umfasst das neue Stadiongebäude 1500 Quadratmeter neue Fläche, insgesamt sind es 8700 Kubikmeter umbauter Raum. Der Haupteingang des Stadiongebäudes wird direkt im Winkel der abknickenden Schießmauerstraße entstehen, ungefähr am Standort des früheren Freibadkiosks. Neben 15 Auto-Stellplätzen gibt es im westlichen und östlichen Bereich des Gebäudes noch ausreichend Fahrrad-Stellplätze.

Die Raumansicht des Stadiongebäudes aus südöstlicher Richtung, direkt an den Tribünentrakt des HerrenbergerStadions (rechts) angrenzendGB-Grafik: gb

Die Raumansicht des Stadiongebäudes aus südöstlicher Richtung, direkt an den Tribünentrakt des Herrenberger
Stadions (rechts) angrenzendGB-Grafik: gb

Thomas Sprißler

Thomas Sprißler

Werner Rilka

Werner Rilka

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Erstellt:
4. April 2020

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