Vier Wochen Vorbereitungszeit ist das Mindeste

Von Thomas Oberdorfer,Edip Zvizdiç und Berkan Cakir

Alle Vereine der Bezirksliga sowie der Kreisliga A- und B-Staffeln im Bezirk Böblingen/Calw wurden vor über einer Woche angeschrieben, sich zu einem möglichen Fortsetzungsszenario zu äußern. Die von Bezirksspielleiter Helmut Dolderer (Wildberg) vorgeschlagene Auf- und Abstiegsrunde im Anschluss an eine zügig zu Ende gespielte Vorrunde befürworteten die meisten Trainer der befragten Vereine.

Vier Wochen Vorbereitungszeit ist das Mindeste

Sportplatz des TGV Entringen: Wie die Fußballvereine im Gäu und im Ammertal nach der Winterpause weiterspielen können, ist angesichts der dramatischen Entwicklung der Corona-Pandemie noch nicht abzusehen GB-Foto: Schmidt

Der SV Deckenpfronn hält es „unter den herrschenden Bedingungen“, so SVD-Spielleiter Jens Link, für sinnvoll, die Vorrunde zu Ende zu spielen, um anschließend eine Aufstiegs- und eine Abstiegsrunde auszuspielen. „Die Variante, die Hin- und Rückrunde durchzuführen, ist nicht machbar“, legt sich Jens Link fest, es müssten zu viele Begegnungen gespielt werden, das sei den Amateurkickern nicht zuzumuten. Link hat allerdings leise Zweifel, ob die Runde überhaupt weitergeführt werden kann „angesichts der aktuellen Infektionszahlen“.

Daher könne er sich auch vorstellen, dass die Bezirksliga-Runde abgebrochen werde, sollte sich im kommenden Jahr ein möglicher Start immer weiter nach hinten verschieben. Jens Link betont, dass unabhängig davon, welche Variante letztlich angewandt werde, die Mannschaften ausreichend Vorbereitungszeit benötigen, ehe sie wieder Pflichtspiele bestreiten. „Ich wünsche mir, dass wir alle wieder ab dem 1. Februar trainieren können. Früher kann ich es mir nicht vorstellen“, so Link, der es zudem als wünschenswert erachtet, wenn auch noch die Relegationsspiele eingeplant werden könnten.

Benjamin Maier erteilt einer kurzen Vorbereitungszeit eine klare Absage. „Die Spieler benötigen eine ordentliche Vorbereitung von zumindest fünf Wochen“, sagt der Trainer des Bezirksligisten VfL Herrenberg. Er halte den Vorschlag, die Hinrunde zu Ende zu spielen und dann eine Aufstiegs- und Abstiegsrunde zu absolvieren, für den „einzig akzeptablen“. Maier sieht es allerdings generell als problematisch an, die Saison überhaupt noch zu veranstalten vor dem Hintergrund der derzeitigen Entwicklung der Corona-Pandemie. Er gehe angesichts der aktuellen Zahlen davon aus, dass der Lockdown für den Amateursport über den 10. Januar hinaus weitergehen werde. Daher könne er überhaupt nicht einschätzen, wann die Runde denn fortgeführt werden könne. „Der Amateursport hat nicht wie der Profisport die Möglichkeit regelmäßiger Tests. Er hat auch nicht die Voraussetzungen, um die Abstände problemlos einhalten zu können. So sehr der Fußball fehlt, wir haben auch eine Verantwortung der Gesellschaft gegenüber, die Gesundheit steht immer im Vordergrund.“ Er könne sich auch vorstellen, dass die Saison „für nichtig erklärt wird“, wenn es sich zu lange zieht hinsichtlich eines möglichen Neustarts. Maier: „Für mich ist das kein fairer Wettbewerb, wenn die Runde auf Biegen und Brechen durchgeführt wird.“

Andreas Poser, Spielertrainer des SV Nufringen, favorisiert ebenfalls die Variante, an die komplette Hinrunde eine Aufstiegs- und eine Abstiegsrunde anzuhängen. „Die Variante, die Hin- und Rückrunde zu spielen, ist indiskutabel. Das wären zu viele englische Wochen, wir sind Amateure“, sagt Poser. Wenn in der Hinrunde jeder gegen jeden gespielt habe, dann gebe es eine faire Einteilung in den Auf- und Abstiegsbereich. „Ich denke, das ist ein interessanter Modus. Jeder hat dann die faire Chance, in sieben oder acht Spielen um den Titel mitzuspielen oder den Klassenerhalt zu erreichen.“ Poser hält wenig davon, die Hinrunde in der Bezirksliga zu Ende zu spielen, um danach die Serie weiterzuspielen, ehe sie abgebrochen werde, um dann erneut wie in der Vorsaison die Quotientenregelung anzuwenden.

Einer Auf- und Abstiegsrunde sieht Daniel Wahnsiedler vom SV Oberjesingen entspannt entgegen. So entspannt, wie man als Tabellenführer der Kreisliga A2 eben sein kann. „Die ersten acht Mannschaften nach Abschluss der Hinserie in einer Aufstiegsrunde gegeneinander spielen zu lassen, das hätte definitiv seinen Reiz“, sagt der SVO-Coach, der mit seinem Team bei noch sieben zu absolvierenden Vorrundenspielen satte 13 Punkte Vorsprung auf Tabellenplatz neun hält. „Es musste ja etwas getan werden, da jetzt schon absehbar ist, dass die aktuelle Runde auf herkömmlichem Wege nicht zu Ende gespielt werden kann.“ Wann es weitergehen wird, darüber will Wahnsiedler, der wie seine Trainerkollegen Andreas Gusenbauer und Julian Weidinger auch in der nächsten Saison die Oberjesinger Geschicke leiten wird, gar nicht erst spekulieren. Zumal er bezweifelt, dass die Saison trotz des veränderten Modus überhaupt zu Ende gespielt wird. „Wenn man schaut, wie sich derzeit alles wieder verschärft, dann kann ich mir nicht vorstellen, dass wir das Saisonende auf dem Platz erleben werden.“ Bei 50 Prozent der absolvierten Spiele würde dann wie im Vorjahr die Quotientenregel greifen. In der vergangenen Saison zogen die Oberjesinger als Tabellenzweiter ganz knapp gegen den TSV Dagersheim den Kürzeren. „Deshalb gilt es für uns, den ersten Tabellenplatz einfach gar nicht mehr abzugeben, egal was noch kommen mag. Dann wären wir auf der sicheren Seite.“ Vom WFV erwartet der SVO-Coach dennoch klare Ansagen. Vor allem dann, sollte es zu einem weiteren Lockdown kommen. „Das darf nicht wie im vergangenen Frühjahr gehandhabt werden, als die Mannschaften drei Monate lang im Unklaren gelassen wurden. Sollte es wieder eine Unterbrechung geben, dann müssen sehr schnell Lösungen her.“

Als Tabellensechster der A2 wäre der FC Unterjettingen Stand jetzt in der Aufstiegsrunde mit dabei. Allerdings hat die Mannschaft von Jürgen Axt auch nur zwei Zähler mehr auf der Habenseite als der TV Nebringen, der als Neuntplatzierter in die Abstiegsrunde müsste. „Eine Aufstiegsrunde hätte einen besonderen Reiz, natürlich wollen wir da mit dabei sein“, sagt der FCU-Trainer, macht sich deshalb aber noch keinen Kopf. Weit mehr Gedanken verschwendet Jürgen Axt dahingehend, ob die Saison überhaupt noch zu Ende gespielt wird. „Ich denke, dass die sieben Spiele der Hinrunde noch gespielt werden könnten und dann erneut die Quotientenregel über die Abschlussplatzierung entscheiden wird.“ Es gelte, so Jürgen Axt weiter, erst einmal das normale Leben abseits des Fußballplatzes in den Griff zu bekommen, ehe man Prognosen über den weiteren Verlauf des Fußballgeschehens abgibt. „Natürlich würden wir uns alle freuen, wenn wir schon im Januar wieder ins Mannschaftstraining dürften. Allein der Glaube daran fehlt mir.“ Das Schlimmste an der aktuellen Situation sei, dass „die sozialen Kontakte auf der Strecke bleiben. Die Langzeitfolgen dessen sind noch gar nicht abzusehen.“ Skeptisch ist Jürgen Axt darüber hinaus auch bezüglich einer Ausdehnung der aktuellen Saison bis in den Juli hinein. „Das wäre im Hinblick auf die nächste Runde nicht förderlich. Irgendwann muss ein Schnitt gemacht werden, ansonsten wird sich das über Jahre hinweg so weiter ziehen.“

„Ein Szenario, das allen Teams zusagt, gibt es nicht“, meint Ralf Richter. Der Spielertrainer des TSV Kuppingen beneidet den WFV nicht um die Entscheidungen, die nun anstehen, ist aber weit davon entfernt, den Verband dafür zu kritisieren. „Im Grunde ist es doch so: Hat man als Verein bislang eine gute Saison gespielt, wird man sich mit der Entscheidung anfreunden. Im anderen Fall wird man immer etwas anzuprangern haben. Man kann es eh nicht allen recht machen.“ Deshalb sieht Ralf Richter sein Team als einzig Schuldigen für das Abdriften auf den unteren Relegationsplatz, der Stand jetzt bedeuten würde, dass die Kuppinger in die Abstiegsrunde müssten. „Diese Situation haben wir uns ganz alleine zuzuschreiben.“ Da auf Tabellenplatz acht aber auch nur vier Punkte fehlen, sei aber „noch gar nichts verloren“. Kritik in Richtung des WFV äußert Ralf Richter nur aufgrund der Benennung der möglichen Lösung, um die Saison wieder aufzunehmen. „Der WFV schreibt von Play-offs, meint aber klassische Auf- und Abstiegsrunden. Das eine hat mit dem anderen rein gar nichts zu tun.“ Anfreunden könnte sich der TSV-Coach aber mit beidem. „Ich bin Fan der US-Sportarten, deshalb haben mir Play-offs immer schon gefallen. Das könnte ich mir auch für uns in der Kreisliga A vorstellen. Der Erste spielt gegen den Tabellenletzten, der Zweite gegen den Vorletzten und so weiter. Nur ein Spiel, das Heimrecht beim besser platzierten Team und alles im K.-o.-System. Ich bin überzeugt, das würde bei den Fans gut ankommen.“ Grundsätzlich erwartet Ralf Richter aber vor allem faire Lösungen des WFV. „Die Tendenz geht gerade nicht in Richtung Lockerung, so dass wir alle flexibel bleiben müssen. Wir als Verein genauso wie auch der Verband.“

„Ich muss ehrlich sagen, dass ich die Aufstiegsrunde nicht schlecht finde. Das könnten recht spannende Spiele werden, wenn man unsere Tabelle anschaut“, sagt Matthias Mang. Der Spielertrainer des FV Mönchberg betont, dass sich diese Variante gerade in der Kreisliga B4 anbieten würde, in der es derzeit vom ersten bis zum sechsten Platz sehr eng zugeht. „Es ist sehr ausgeglichen und keine der Mannschaften sticht heraus wie die Spvgg. Aidlingen in der vergangenen Saison“, meint Mang, dessen Mannschaft gerade auf dem fünften Rang steht. Die Aufstiegsrunde sieht er daher als die „angemessenste Lösung“, die Saison zu Ende zu bringen, Absteiger gebe es in der Kreisliga B ohnehin nicht. Eine weitere Alternative, bei der man die wenigsten Partien hätte – und so auf eventuell länger andauernde Einschränkungen reagieren könnte – wäre „nur die Vorrunde zu spielen und dann die Saison zu beenden“, sagt Mang.

Von einer Aufstiegs- und Abstiegsrunde in der B-Liga hält der Trainer des SV Bondorf überhaupt nichts. „Das ist Quatsch. Ich weiß nicht, ob das fair gegenüber den anderen Mannschaften ist“, sagt Gaetano Intemperante. „Die, die derzeit oben in der Tabelle stehen, haben das verdient. Aber das heißt ja nicht, dass Kayh, Dagersheim oder Bondorf nicht doch irgendwann im Mittelfeld rumgegurkt wären, wenn die Saison normal weitergelaufen wäre.“ Um es wirklich sportlich zu entscheiden, sei es wichtig, dass alle Mannschaften wieder in einen Rhythmus kommen und die Saison zu Ende gespielt wird. Dafür zieht der Bondorfer Trainer sogar eine Verlängerung der Spielzeit über den Sommer hinweg bis in den Herbst hinein in Betracht. „Die folgende Saison könnte man dann direkt anschließen. Wir haben ja ohnehin keine richtigen Winter mehr und könnten die Runde strecken. Man müsste englische Wochen machen, klar, das wäre Hardcore“, sagt Intemperante. „Aber ich bin trotzdem dafür, dass die Saison sauber zu Ende gespielt wird.“

Ob die Aufstiegsrunde wirklich Sinn macht, hängt für Marco Kühl von der Frage ab, wie viele Mannschaften sie spielen würden. „Wenn am Ende zehn Mannschaften in den Play-offs sind und wir zuvor noch die Vorrunde zu Ende spielen müssen, müssten wir in jedem Fall jeden Mittwoch ran, um die Saison zu beenden“, sagt der Trainer des B-Ligisten SV Affstätt. Er hält das für schwer umsetzbar. „Man muss abwägen, wie viele Spiele realistisch sind.“ Mit einer überschaubaren Zahl an Teams, könnte es sich der Affstätter Trainer aber durchaus vorstellen. Kritisch sieht Kühl hingegen die angedachte Vorbereitungszeit von zwei Wochen: „Das wäre ein Witz. Nach all der Zeit muss man ja komplett von vorne anfangen und sich alles wieder erarbeiten. Die Teams bräuchten mindestens vier Wochen.“