Vor dem Weltcup-Finale ist noch alles offen

Von Wilfried Schwarz

Klein, fein und mit viel Herzblut haben der ungarische Meister Martin Schön und seine Mitstreiter vom ungarischen Verein Bokodi SE im ungarischen Bokod die dritte Runde des Kunstrad-Weltcups vorbereitet und durchgeführt. Die Ungarn waren bekanntlich kurzfristig für die ursprünglich in Hongkong geplante Veranstaltung eingesprungen und für die kurze Vorbereitungszeit haben sie Beachtliches auf die Beine gestellt.

Vor dem Weltcup-Finale ist noch alles offen

Selina Marquardt (oben) und Helen Vordermeier kamen nicht ohne Stürze durch die Kür GB-Foto (Archiv): Stoll

Dass die Kunstradsportler mit Ausnahme der Hallenrad-WM nicht die großen Sporthallen füllen, damit lebt die große Kunstrad-Community. So war die Zuschauerkapazität mit 100 Sitzplätzen entsprechend begrenzt. Die Halle platzte daher zeitweise aus allen Nähten, denn jeder Zentimeter wurde sitzend oder stehend von begeisterten Zuschauern belegt. Trotz des sehr schwülwarmen Klimas in der Halle boten die Athleten beachtliche Leistungen, auch wenn nicht alle Übungen klappten, „denn in unserer Sportart ist es nicht egal, wie stark man schwitzt“, so der drei-fache Weltmeister Lukas Kohl (Kirchehrenbach). „Durch das Schwitzen wird alles rutschiger und wir haben daher auch Stürze gesehen, die sonst nicht zu sehen sind, wobei auch einige auf das Konto des ungewohnten Bodens zurückzuführen sind“, so Kohl, der den Einer-Wettbewerb der Männer gewann.

Je einen deutschen Dreifachtriumph gab es im Einer der Frauen durch Viola Brand (Unterweissach/180,69) vor Milena Slupina (Bernlohe/171,52) und Mattea Eckstein (Stuttgart/161,91) sowie im Zweier der Frauen durch Sophie Nattmann/Caroline Wurth (Gutach/130,79) vor Lena und Lisa Bringsken (Böhl-Iggelheim/129,65) und Selina Marquardt/Helen Vordermeier (RV Oberjesingen/SK Stuttgart/123,00).

„Das war wahrscheinlich der heißeste Wettkampf unseres Lebens“, so Selina Marquardt nach Ende ihrer Kür bei 30 Grad Celsius und hoher Luftfeuchtigkeit. „Der Ausrichter hat sich sehr viel Mühe gegeben, das Publikum war toll und man hat sich als Sportler sehr wertgeschätzt gefühlt. Es war eine gelungene Veranstaltung.“ Insgesamt waren fünf Zweierpaare aus drei Nationen am Start. Die drei deutschen Paare waren dabei favorisiert. Zuberbühler/Graf (Schweiz) hatten 103,26 Punkte vorgelegt, bevor Selina Marquardt und Helen Vordermeier ihren Start zu absolvieren hatten. Wie gewohnt begannen sie auf einem Rad. Während der Sattelkopfstand mit Lenkerhandstand und der anschließenden Lenkerstützgrätsche mit Sattelkopfstand perfekt vorgetragen wurde, misslang Marquardt der zweite Lenkerhandstand. „Da habe ich mich schon ein bisschen geärgert, denn der ist eigentlich recht sicher“, meinte sie selbstkritisch. Doch die restlichen Übungen auf einem Rad passten dann.

Zwei weitere Absteiger folgten dann nach dem Wechsel auf zwei Räder bei der Kehrlenkersitzsteiger-Standdrehung. „Der Zusammenstoß bei der Standdrehung ist zwar auch sehr ärgerlich und hat viele Punkte gekostet, aber da kann es eher mal vorkommen, dass die Räder aneinanderstoßen und sich verhaken“, so Helen Vordermeier. „Insgesamt bin ich mit der heutigen Leistung zufrieden.“ Am Ende fehlte dann die Zeit, um die komplette Lenkerstanddrehung innerhalb der vorgegebenen fünf Minuten zu zeigen, so dass es hier Abzüge gab. Mit 123 Punkten übernahmen sie die Spitze, die jedoch von den nachfolgenden Paaren Lena und Lisa Bringsken mit 129,65 und Sophie Nattmann/Carolin Wurth (Gutach) mit 130,79 Punkten überboten wurden. „Dafür haben wir im Zweier der Frauen jetzt eine superspannende Ausgangssituation für das Weltcup-Finale. Wer dort gewinnt, gewinnt den gesamten Weltcup“, denn bekanntlich gibt es beim Finale die doppelte Punktzahl. Das Finale steigt am 30. November in Erlenbach.

Mit 142,79 Punkten belegten Patrick Tisch und Nina Stapf (RV Magstadt/RKV Denkendorf) den zweiten Platz hinter Burri/Hammerschmidt (Schweiz) die 145,21 Punkte ausfuhren und damit ihren ersten Weltcup-Sieg feierten. Tisch/Stapf haben ihre Führung in der Gesamtwertung mit dem zweiten Platz aber verteidigt.