„Wir wollen Barrieren abbauen“

Von Nadine Nowara

Arbeiten und Wohnen – das waren die Kernthemen der Wirkungskonferenz „Campus Mensch“ bei der GWW in Gärtringen. Unter anderem Markus Metz, Geschäftsführer der Beratungsgesellschaft 1a Zugang, berichtete von seinem Inklusionsbetrieb. „Wir arbeiten im Betrieb auf Augenhöhe“, betonte er. Auch Menschen mit Behinderung sprachen über ihre Situation.

„Wir wollen Barrieren abbauen“

Die Teilnehmer der Qualifizierung Lagerlogistik werden praxisnah weiter-gebildet GB-Foto: Patrick_Werner

„Campus Mensch“, so erklärte es Steffen Müller, Leiter der Unternehmenskommunikation der GWW, „ist eine ideelle Gemeinschaft, der es um die barrierefreie Unterstützung von Menschen geht.“ Zu „Campus Mensch“ gehören die Stiftung Zenit mit den Stiftungsunternehmen Femos gGmbH und der „1a Zugang Beratungsgesellschaft mbH“ sowie die GWW Gemeinnützige Werkstätten und Wohnstätten GmbH. Jetzt legten die Verantwortlichen des Campus Mensch bei der GWW in Gärtringen den sogenannten Wirkungsbericht für 2018 vor. „Die Werkstätten sollen Perspektiven schaffen. Man soll sich ausprobieren können“, hob Andrea Stratmann als Vorstandsvorsitzende der Stiftung Zenit und als Geschäftsführerin der GWW hervor. Durch Kontakte in die Wirtschaft gebe es etwa Möglichkeiten für Praktika. Für manch einen sei jedoch die Werkstatt der lebenslange Arbeitsplatz. „Aber auch dieser muss interessant und abwechslungsreich sein.“

Henrike Bergmeier hat es geschafft. Sie ist trotz Handicap auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt angekommen und nun Nueva Evaluatorin bei der „1a Zugang Beratungsgesellschaft“. „Wir sind mit den Kunden auf Augenhöhe“, betonte sie. In ihrer Tätigkeit befragt sie etwa die Bewohner von betreuten Wohnstätten in Einzelgesprächen. Zunächst werde die Ist-Situation in der Einrichtung analysiert. Gemeinsam füllen sie einen Fragebogen aus, der freiwillig und anonym ist. Fachkräfte der Einrichtung dürfen nicht beim Gespräch dabei sein. „Wir fragen zum Beispiel nach, ob die Bewohner bei der Essensauswahl mitbestimmten dürfen, ob sie ein Haustier haben dürfen oder ob sie bei Arztterminen Unterstützung bekommen“, schlüsselte Bergmeier auf. Dabei arbeite man, wenn es Verständigungsschwierigkeiten gibt, auch mit Bildern. Ansonsten beobachte man zudem unterschiedliche Situationen. „Nach der Evaluation wird überlegt, wie man die Ziele erreichen kann“, sagte sie.

Dass Henrike Bergmeier auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt angekommen ist, habe sie, wie sie sagte, vor allem finanziell gemerkt. „Ich bin unabhängiger geworden. Ich kämpfe für das, was ich haben möchte.“ So lebt sie nun in einer eigenen Wohnung und hat den Führerschein gemacht, obwohl sie auf einen Rollstuhl angewiesen ist.

Markus Metz, Geschäftsführer der Beratungsgesellschaft „1a Zugang“, berichtete von seinem Inklusionsbetrieb. „Wir arbeiten im Betrieb auf Augenhöhe“, betonte er. Ein Hauptziel des Unternehmens: „Wir wollen Barrieren abbauen.“ Unter anderem haben sie eine Lern-App entwickelt, bei der man barrierefreier lernen kann, um sich beruflich, etwa im Lagerlogistikbereich, weiterzubilden. „Man kann sich zum Beispiel die Fragen laut vorlesen lassen“, erklärte Metz. Bei den Qualifizierungen orientiere sich das Unternehmen am allgemeinen Arbeitsmarkt und was dieser brauche. So seien für den Bereich Hauswirtschaft und auch bei kaufmännischen Themen ebenfalls Apps geplant.

Verschiedene Berufsmöglichkeiten für Menschen mit Behinderung„Der jeweilige Arbeitsplatz muss zum Menschen passen“, sagte Wilhelm Kohlberger, der Geschäftsführer von Femos. Sein Unternehmen bietet für Menschen mit Behinderung und Beeinträchtigung verschiedene Berufsmöglichkeiten, etwa in den CAP-Märkten, in der Femos-Möbelhalle in Böblingen oder in verschiedenen Produktionsbereichen an. 50 Prozent seiner Mitarbeiter haben, wie er sagte, ein Handicap. „Die Arbeitsplätze sind sicher. Man kann sich auch weiterqualifizieren“, merkte Kohlberger an.

Teilhabe ist auch ein wichtiges Thema von Campus Mensch. Cecile Ludwig hat eine schwere Behinderung mit höherem Hilfebedarf und ist deswegen im Förder- und Betreuungsbereich. Sie vertritt ihre Inte-ressen und die der anderen Betroffenen auch im Teilhaberat des Landkreises Böblingen. Unter anderem setzt sich Cecile Ludwig für die Barrierefreiheit und für mehr Betreuungspersonal ein. „Man hat es uns nicht zugetraut, selber zu reden“, sagte Cecile Ludwig. „Wir wissen aber, was wir brauchen.“ Früher seien die Menschen mit Förder- und Betreuungsbereich von außen vertreten worden, ergänzte Müller. Sabine Holzmann ist aktiv im Werkstattrat. Die gelernte Kinderkrankenschwester hatte vor einigen Jahren eine schwere Lebenskrise und schätzt es, dass sie nun in einem strukturierten Rahmen arbeiten kann. „Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt würde es bei viel Stress vielleicht wieder kippen“, befürchtet sie. „Außerdem kann ich Schwächeren helfen und sie unterstützen.“

Im Anschluss an die Konferenz gab es noch einen Einblick in eine Abteilung des Unternehmens Femos, in der Ladungsträgerboxen für die Daimler-Benz AG hergestellt werden.