Zwei Stunden Strampeln für die „Rundenfresserwertung“

Lesedauer: ca. 3min 44sec
Bei der Fahrergruppe um Routinier Karl Wörner (rechts) geht es überschaubar zu – manches Mal tummeln sich bis zu 20 Fahrer gleichzeitig auf der Bahn

Bei der Fahrergruppe um Routinier Karl Wörner (rechts) geht es überschaubar zu – manches Mal tummeln sich bis zu 20 Fahrer gleichzeitig auf der Bahn

Wettkämpfe in einem Radstadion sind nur für Profis? Von wegen. Beim Winterbahn-Cup im Radstadion Öschelbronn kann jeder seine Kräfte messen, der sich auf die runde Rennbahn wagt. Ganz gleich, ob er seine Schnelligkeit, konstante Fahrgeschwindigkeit oder Ausdauer testen will.

Mit gleichmäßigem Surren brausen die Radfahrer über die ovale Holzbahn des Öschelbronner Radstadions. Der kalte Wind zieht ihnen um die Ohren, die Fahrer selbst an ihrer Konkurrenz vorbei. Alt und Jung messen hier ihre Kräfte miteinander, ebenso wie Profis und Gelegenheitsfahrer. Denn der Winterbahn-Cup und das Winterbahn-Training sind genau dafür ausgerichtet: Damit jedermann sich auf der Rennstrecke versuchen kann. „Das ist der große Unterschied zum Sommerbahn-Cup“, erklärt Edgar Teufel. „Beim Sommerbahn-Cup dürfen nur die Leute fahren, die eine Lizenz dafür haben.“ Das winterliche Radrennen sei dagegen für jeden, der es sich zutraut, offen.

Edgar Teufel hat den Winterbahn-Cup oder „Reinhold-Schäberle-Gedächtnispokal“, wie die Veranstaltung seit dem Tod eines Vereinskollegen auch genannt wird, 2017/18 zum ersten Mal zusammen mit Rainer Falkenstein ins Leben gerufen. „Wir dachten uns, dass man mit einem Wettbewerb einen zusätzlichen Anreiz für das Training schaffen kann“, erklärt Edgar Teufel. „Dann haben die Leute einen Ansporn, herzukommen – und es macht riesigen Spaß.“ Der direkte Vergleich reize einen zur persönlichen Bestleistung und alle Teilnehmer seien mit absoluter Ernsthaftigkeit bei der Sache. „Da kommt bei den Leuten richtig der Wettkampf-Charakter zum Vorschein“, schmunzelt Edgar Teufel.

Wer beim Winterbahn-Cup mitmacht, kann sich in drei verschiedenen Disziplinen beweisen, die parallel zueinander gemessen werden. Die „Rundenfresserwertung“, bei der es darauf ankommt, wie viele Runden man in zwei Stunden fährt. Die Disziplin „Flieger“, bei der die Höchstgeschwindigkeit gemessen wird. Und die „Gleichmäßigkeitswertung“, bei der zehn Runden mit der gleichen Geschwindigkeit das Ziel sind. „So ist für jeden etwas dabei“, findet Edgar Teufel. „Und jeder hat die Chance, sich irgendwo den ersten Platz zu holen.“

Für den Winterbahn-Cup trainieren können die Interessenten von November bis März dreimal pro Woche: Dienstagabend von 18 bis 20 Uhr, Samstagnachmittag von 15 bis 17 Uhr und Sonntagvormittag von 10 bis 12 Uhr. Der Wettbewerb selbst findet meist am ersten Sonntag im Monat statt. „Sofern die Witterung mitspielt“, räumt Edgar Teufel ein. Da das Radstadion zwar überdacht, aber nicht geschlossen ist, kann die Bahn durch starken Regen oder Schnee auch zu rutschig werden. „Dann wird der Wettbewerbstermin verschoben.“

Bisher hat in diesem „milden Winter“ aber alles ganz gut geklappt. Und vor allem unfallfrei. „Wir hatten auch noch keinen Sturz dieses Jahr“, ist Edgar Teufel erleichtert. Und das, obwohl es nicht jeder Teilnehmer gewohnt ist, sich die Strecke mit 20 weiteren Personen zu teilen. „Da muss man natürlich immer besonders vorsichtig sein“, gibt Edgar Teufel zu. „Aber das ist im Straßenverkehr ja auch nicht anders.“

So sieht das auch Karl Wörner, der mit seinen 67 Jahren zu den ältesten Winterbahn-Cup-Teilnehmern gehört und regelmäßig auf der Bahn trainiert. „Klar muss man hier auf andere Rücksicht nehmen“, meint die Öschelbronner Bahnrad-Legende, die auch als Betreuer beim Winterbahn-Cup mithilft. „Aber auf der Straße muss man auf Hunde, Katzen und Autos achten – für Kinder ist die Bahn hier im Grunde viel sicherer.“ Wenn Wörner vom Winterbahn-Cup spricht, zeigt sich sofort seine Begeisterung. „Es ist ein optimaler Leistungstest“, findet er. „Und man lernt immer neue Leute kennen, denn im Winter kommen durch das Jedermann-Angebot mehr Leute her als im Sommer.“

Natürlich spiele bei letzterem Punkt auch das Wetter eine Rolle, denn im Sommer würden die meisten Radfahrer lieber draußen im Freien trainieren als im Stadion. Obwohl das Angebot eines Trainings im Winter gut ankommt, stellt sich trotzdem eine Frage: Ist das nicht entsetzlich kalt? „Ja, die Kälte ist schon heftig“, gibt Karl Wörner zu. „Unter fünf Grad ist ganz intensives Fahren wie Sprint meiner Meinung nach auch nicht zu empfehlen.“ Da solle man dann lieber auf Ausdauertraining setzen.

Aber die passionierten Radfahrer lassen sich von Temperaturen ohnehin nicht aufhalten. Für Michelle Sanders ist genau diese Möglichkeit, im Winter nicht auf dem Hometrainer strampeln zu müssen, der große Anreiz des Winterbahn-Cups. „Ich liebe es, man trifft hier außerdem sehr viele Leute und kann sich sozial vernetzen“, ist die 48-Jährige begeistert. Michelle Sanders kommt übrigens bereits seit zwei Jahren zum Wintertraining nach Öschelbronn. Die Physiotherapeutin ist Teil eines amerikanischen Teams und hat bereits bei Großveranstaltungen wie Rad am Ring auf den Pedalen Gas gegeben. „Man kann hier wirklich gut trainieren“, findet die Kalifornierin, die inzwischen in Waldenbuch wohnt.

Mit Michelle Sanders und Karl Wörner sprechen hier zwar zwei Profis, doch Edgar Teufel legt Wert darauf, dass auch Anfänger immer willkommen sind. „Wenn jemand noch nie auf der Radrennbahn war, kriegt er natürlich erst mal Anweisungen und darf so ein bisschen mit den Rädern fahren“, beschreibt der 57-Jährige den Ablauf. „Für viele ist das Fahren hier ja ungewohnt, weil es keine Bremse oder Gangschaltung gibt.“ Wenn das Fahren dann klappt, dürfe man zusammen mit einem Trainer auf der Bahn die ersten Runden drehen. „Hineinschnuppern geht also immer“, nickt Edgar Teufel. „Und wenn mehr „Jedermänner“ auf die Bahn kommen, umso besser: „Für die ist der Winterbahn-Cup ja auch da.“ JENNY SCHWARTZ

Bahn-Cup- und Trainingskoordinator Edgar Teufel ist mit der laufenden Wintersaison auf der Bahn im Öschelbronner Radstadion sehr zufrieden: „Wir hatten auch noch keinen Sturz dieses Jahr“GB-Fotos: Holom

Bahn-Cup- und Trainingskoordinator Edgar Teufel ist mit der laufenden Wintersaison auf der Bahn im Öschelbronner Radstadion sehr zufrieden: „Wir hatten auch noch keinen Sturz dieses Jahr“GB-Fotos: Holom

Zum Artikel

Erstellt:
26. Februar 2020

Sie müssen angemeldet sein, um einen Leserbeitrag erstellen zu können.