Wird der Bezirk Böblingen/Calw geteilt?

Die Strukturreform des Württembergischen Fußballverbandes (WFV) nimmt langsam Formen an. Ende vergangener Woche kamen die ersten konkreten Vorschläge bezüglich neuer Gebietszuschnitte auf den Tisch. Überraschenderweise ist auch eine Trennung des Bezirks Böblingen/Calw ein Thema.

Von Andreas GAuss

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Richard Armbruster (links) und Helmut Dolderer GB-Foto (Archiv): gb

Richard Armbruster (links) und Helmut Dolderer GB-Foto (Archiv): gb

Wie schon mehrfach berichtet, will der WFV beim Verbandstag 2021 in Sindelfingen neue Strukturen beschließen. Bis Juni 2020 sollen dem WFV-Beirat konkrete Vorschläge gemacht werden. In mehreren Regionalkonferenzen über das gesamte Verbandsgebiet verteilt, sollen auch die Vereine zu den vorgeschlagenen Modellen gehört werden. „Eine tragfähige Verbandsstruktur können wir nur dann entwickeln, wenn wir das Ohr an der Basis haben und möglichst viele Informationen darüber bekommen, was den Vereinen wichtig ist“, so der Verbandsspielausschuss-Vorsitzende Harald Müller (Stuttgart). Dazu wurde eigens eine Online-Plattform (www.zukunftwfv.de) entwickelt, auf der sich die Clubs äußern können, wo aus ihrer Sicht der Schuh drückt (wir berichteten).

Für die zweite Runde der Regionalkonferenz liegt nun ein konkreter Vorschlag seitens der Kommission, die von Müller und WFV-Vizepräsident Steffen Jäger geleitet wird, vor. Jetzt wurden drei „Landkarten“ vorgestellt. In zwei Varianten soll die Zahl der „Spielgebiete“, wie es das Papier vorsichtig umschreibt, von bislang 16 Spielgebiete respektive Bezirke auf zwölf Spielgebiete verringert werden.

Beide Varianten sehen eine Teilung des Bezirks Böblingen/Calw vor. Die Böblinger Kreisvereine sollen dabei ein gemeinsames Spielgebiet mit dem Bezirk Stuttgart bilden. Die „Calwer Vereine“ gehen mit dem Bezirk Nördlicher Schwarzwald (Kreis Freudenstadt) zusammen. „In beiden Varianten“, so äußert sich Steffen Jäger eindeutig, „wird der von der Kommission als idealtypisch angesehene Rahmen nahezu eingehalten.“ Dieser Rahmen sieht vor, dass es zwischen 104 bis 180 Mannschaften pro Spielgebiet gibt. Bei der „Zwölfer-Variante“ bleibt im Übrigen die Zahl der übergeordneten Landesligen bei vier Staffeln.

Der Bondorfer Richard Armbruster steht seit dem Jahr 2000 dem Bezirk Böblingen/Calw als Vorsitzender vor und geht die Variante mit zwölf Bezirken und der Teilung „seines Bezirks“ eher pragmatisch an. Noch vor zwei Jahren sah er einer Gebietsreform gelassen entgegen, ist doch der Bezirk Böblingen/Calw mit derzeit 133 aktiven und 25 Reservemannschaften für sich alleine groß genug, um zu überleben. Armbruster: „Aber seit 2008 haben wir auch 15 Vereine verloren – und mit dem SV Ettmannsweiler ist nur einer wieder dazugekommen.“ Vor allem die zuletzt zunehmenden Spielgemeinschaften führten laut Armbruster dazu, dass die Zahl der Mannschaften weiter stark abnehmen könnte. Zudem fehlt der Nachwuchs. „In den vergangenen 20 Jahren hat sich die Zahl der A-Jugendteams von 70 Mannschaften auf jetzt nur noch 30 mehr als halbiert“, ergänzt Armbruster. „Jede Veränderung bringt etwas mit sich, für die einen positiv, für die anderen negativ.“ Als Kommissionsmitglied hat er frühzeitig das Beispiel mit einem aufgeteilten Bezirk Böblingen/Calw, den es übrigens in diesen Grenzen seit dem Spieljahr 1965/66 gibt, mitbekommen.

„Überrascht“ zeigt sich dagegen Bezirksspielleiter Helmut Dolderer (Wildberg), der „wirklich gespannt ist, wie sich die Vereine dazu äußern werden“. Mit Interesse hat er auch die dritte Variante mit neun Spielgebieten betrachtet. Denn in dieser Aufteilung bleibt der Bezirk Böblingen/Calw zusammen und bekommt im neu gefassten Spielgebiet den gesamten Bezirk Nördlicher Schwarzwald angegliedert. Dies bringt allerdings ein Anwachsen der aktiven Mannschaften auf knapp über 210 Teams mit sich. Aufgrund dieser größeren Anzahl an Mannschaften würde dies, so Steffen Jäger in seinen Anmerkungen, in den meisten Bezirken die Einführung einer Kreisliga C mit sich bringen. „Das will natürlich kein Mensch“, gibt Helmut Dolderer zu bedenken, denn viele Bezirke haben mit einer C-Liga in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen gesammelt. Erst vor rund anderthalb Jahren hat sich der Bezirk Alb (Kreise Tübingen und Reutlingen) von einer Kreisliga C verabschiedet, weil die Zahl der Spielabsagen überproportional zugenommen hatte und auch die Besetzung einiger Spiele mit neutralen Schiedsrichtern nicht mehr gewährleistet werden konnte.

Ein weiteres Manko für die Variante „1-3-9“ sind die weiten Fahrtstrecken. Beispielsweise in der Landesliga müssten Vereine wie der FC Gärtringen nicht nur wie bisher bis nach Freudenstadt fahren, sondern in östlicher Richtung auch bis nach Aalen oder Heidenheim. Freilich: Die Leistungskonzentration im württembergischen Fußball wird durch das Streichen einer Landesliga-Staffel höher. Helmut Dolderer ist zudem gespannt auf den anstehenden Jugendstaffeltag in Hochdorf (bei Nagold) am Freitag, 29. November, an dem die Bezirke Böblingen/Calw, Nördlicher Schwarzwald und Alb über einen gemeinsam organisierten Spielbetrieb informieren wollen. Die nächste Regionalkonferenz für die Vereine im aktiven Spielbetrieb ist dann am Donnerstag, 5. Dezember, in Wehingen (Kreis Rottweil). Helmut Dolderer betont die Tragweite der gemachten Vorschläge: „Es ist ja so, dass der Spielbetrieb nicht nur für die nächsten zehn Jahre, sondern möglichst bis ins Jahr 2040 oder 2050 auf dieser Basis funktionieren sollte.“

Die favorisierte neue Spielgebiets-Einteilung „1-4-12“ sieht den Bezirk Böblingen/Calw getrennt, die Böblinger Clubs (hellgrün) nach Stuttgart zugeordnet

Die favorisierte neue Spielgebiets-Einteilung „1-4-12“ sieht den Bezirk Böblingen/Calw getrennt, die Böblinger Clubs (hellgrün) nach Stuttgart zugeordnet

Bezirk Böblingen/Calw kann in der bisherigen Form mit über 133 aktiven Mannschaften einen guten Spielbetrieb gewährleisten GB-Grafiken: LGL/WFV

Bezirk Böblingen/Calw kann in der bisherigen Form mit über 133 aktiven Mannschaften einen guten Spielbetrieb gewährleisten GB-Grafiken: LGL/WFV

Weite Anfahrten: Die Variante „1-3-9“ sieht ein großes Landesligagebiet (hell- bis dunkelgrün) von Freudenstadt bis Ostwürttemberg vor

Weite Anfahrten: Die Variante „1-3-9“ sieht ein großes Landesligagebiet (hell- bis dunkelgrün) von Freudenstadt bis Ostwürttemberg vor

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Erstellt:
19. November 2019

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