Als Dankeschön gibt es ein Vesper
Normalerweise beschäftigt sich der gebürtige Herrenberger Jens Ochsenmeier beruflich mit künstlicher Intelligenz. Da auch sein Betrieb in Kurzarbeit gegangen ist, nutzt er derzeit sein Wissen, um Einzelhändlern aus dem Kreis Böblingen bei der Einrichtung eines Online-Shops zu helfen.
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Jens Ochsenmeier berät die Geschäftsführerinnen Birgit Böhme (Mitte) und Martina Holzapfel GB-Foto: Holom
In seinem Arbeitsalltag beschäftigt sich Jens Ochsenmeier eigentlich mit komplexen Robotern, die beispielsweise am Montageband von Automobilherstellern zum Einsatz kommen. Seit aber auch der Karlsruher Betrieb, in dem er tätig ist, in Kurzarbeit gegangen ist, setzt sich der 23-Jährige derzeit weniger mit künstlicher Intelligenz auseinander. Seit einigen Tagen sitzt er unter anderem auch im Büro der Fromagerie Holzapfel und erstellt für den Feinkostladen in Herrenberg einen Online-Shop.
„Ich arbeite für meine Firma derzeit vom Homeoffice aus. Bevor ich allein in Karlsruhe rumhänge, dachte ich, kann ich auch nach Hause zu meinen Eltern fahren“, sagt der gebürtige Herrenberger. Da er nun in seiner Heimatstadt mehr Zeit habe als sonst, habe er sie sinnvoll nutzen wollen. „Ich denke, in dieser Krisensituation sollte jeder seinen Teil tun“, sagt Ochsenmeier, „Gute Freunde von mir studieren in Tübingen Medizin und helfen in der Klinik aus. Und deshalb mach ich, was ich kann.“
Seit einer Woche unterstützt Ochsenmeier, der seit seinem 16. Lebensjahr an Homepages tüftelt, nun mehrere Einzelhandelsbetreiber im Kreis bei der Einrichtung eines Internetladens – und das kostenlos. Ein Online-Auftritt plus den dazugehörigen Shop einzurichten, koste im Normalfall einen Preis im guten vierstelligen Euro-Bereich, so Ochsenmeier. Aber zum einen verdiene er in seinem Job als Data Engineer ausreichend Geld. „Außerdem haben viele Betreiber gerade keine finanziellen Kapazitäten übrig, um das bezahlen zu können“, sagt er.
Für einen Laden wie die Fromagerie Holzapfel, die laut der Geschäftsführerin Birgit Böhme in den vergangenen Wochen Umsatzeinbußen zu verzeichnen hatte, ist das im doppelten Sinn positiv: „Wir wollten schon länger einen Online-Shop haben, aber wir waren noch nicht so weit“, sagt Böhme. In der jetzigen Zeit so viel Geld zu investieren, sei für sie auch nicht denkbar gewesen. Der finanzielle Druck mache sich deutlich spürbar. Umso erfreuter sei sie über das Angebot von Jens Ochsenmeier. „Jetzt sind wir im Affenzahn dran, das zu machen. Wir müssen ja weiterhin unsere Kunden erreichen.“
Viele Käufer, darunter auch Stammkunden, seien in letzter Zeit nicht mehr in
den Laden gekommen. „Unsere Stammkunden, von denen viele zur Risikogruppe gehören, wollen nichts riskieren und bleiben lieber zu Hause. Aber sie kennen unsere Produkte. Sie rufen an oder schreiben eine E-Mail, wenn sie etwas kaufen wollen“, sagt Böhme. Für diejenigen, die seltener ihren Laden besuchen, und sich mit den verschiedenen Käse-, Antipasti- und Teevarianten nicht auskennen, speist Jens Ochsenmeier derzeit die Fotos und Produktbeschreibungen in den Online-Shop ein. Die eingekaufte Ware wird von den Mitarbeitern des Feinkostladens nach der Bestellung verpackt. Dann kann der Kunde sie entweder abholen oder sie sich auch liefern lassen.
Wie viel Zeit Jens Ochsenmeier für den Aufbau des Internetladens benötigt, hängt auch davon ab, wie gut vorbereitet der Ladenbetreiber selbst ist. „Wenn die Fotos und die Texte bereits verfügbar sind, geht das recht zügig“ sagt der ehemalige Informatikstudent. Andernfalls müsse der Betreiber diese schon selbst erstellen. Bis es mit den Wünschen dann passe, könne es aber dauern. Neben der Fromagerie Holzapfel betreut Ochsenmeier noch sechs weitere Betriebe, die alle bisher noch keinen Webshop hatten. „Aktuell ist noch keine Seite fertig. Aber das Angebot kommt relativ gut an und es ist noch viel zu tun“, sagt er.
Für Birgit Böhme fällt bereits jetzt ein kleiner Stein vom Herzen. „Es war uns wichtig, in dieser Krisenzeit schnell an das nötige Know-how zu kommen“, sagt sie. Und über Ochsenmeier: „Er macht das wirklich super. Und als Dankeschön bekommt er von uns auch immer ein Vesper.“