Aus dem Urlaubsspaß wird eine Erfolgsgeschichte
Mit einem Festtag im Ballpark Längenholz feiern die Herrenberg Wanderers am Samstag ab 10 Uhr ihr 25-jähriges Bestehen. Im September 1994 haben 20 Gründungsmitglieder den Club aus der Taufe gehoben. Sowohl mit den Männern als auch mit den Frauen haben es die Wanderers in ihrer bewegten sportlichen Geschichte bis in die Erste Bundesliga geschafft.
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Im Jahr 2002 spielten die Herrenberg Wanderers erstmals in der Ersten Bundesliga GB-Foto (Archiv): Bäuerle
Am Anfang stand ein unspektakuläres Kinder-Baseball-Set. „Das hatten wir uns im Katalog für den Urlaub in Südfrankreich bestellt“, erzählt Heiko Hiller. Das war 1992. „Damit haben wir angefangen, ein wenig zu fangen und den Ball zu schlagen.“ Aber was heißt hier unspektakulär. Damit hatten die jungen Männer so viel Spaß, dass sie zurück in Herrenberg im wahrsten Sinne des Wortes am Ball blieben. Genau dort, wo heute der Wanderers-Platz ist. „Wir haben angefangen, im Längenholz zu spielen. Von den Regeln hatten wir damals keine Ahnung“, erinnert sich Hiller, der als 51-Jähriger auch heute noch im Outfield für die Wanderers spielt. Das seltsame Treiben auf der Wiese im Längenholz blieb nicht unbemerkt. Es kamen immer wieder Männer dazu.
Marcus Fuchs und Jürgen Klein, zwei Kumpels aus Haslach, waren zu diesem Zeitpunkt schon deutlich professioneller unterwegs. Beide spielten zusammen bei den Sindelfingen Squirrels. Überall in der Umgebung gab es damals Baseball-Teams. Die beiden Männer hatten die Idee im Hinterkopf, auch in Herrenberg etwas auf die Beine zu stellen. „Wir sind damals mögliche Spielorte abgefahren“, erzählt Fuchs, der während des Studiums in Hessen bei den Friedberg Braves mit dem Baseball begonnen hatte. „Dann kommen wir irgendwann an einem Wochenende ins Längenholz und sehen da Leute Baseball spielen. Da haben wir dann mitgemacht.“ Mit geliehener Ausrüstung aus Sindelfingen griffen Fuchs und Klein der Wanderers-Keimzelle unter die Arme. Fuchs sollte dann auch der erste Trainer des Teams werden, das 1995 erstmals am offiziellen Spielbetrieb in der Bezirksliga teilnahm.
Wie steil der Aufstieg in den kommenden Jahren sein sollte, ahnte damals niemand. Aber die Euphorie war schon nach den ersten Testspielen groß. Nachdem sich das Team im Winter 1994 in der Tennishalle auf das Frühjahr vorbereitet hatte, wurde das Freundschaftsspiel bei den Simmozheim Scorpions mit Spannung erwartet. „Wir haben uns alle eine blaue Hose und ein weißes Shirt angezogen – Trikots hatten wir damals noch nicht“, sagt Fuchs. So standen die Neulinge dann auf dem Feld und wussten nicht so recht, was sie erwartet. Die Simmozheimer wussten wenig später nicht, wie ihnen geschah. „Die hatten gar keine Chance gegen uns.“ Fuchs‘ Stimme verrät, dass er sich heute noch gerne an diesen Coup erinnert. „Danach waren wir natürlich topmotiviert.“ Aus der Motivation wurde Euphorie, als das erste Bezirksligaspiel in Konstanz mit 16:3 gewonnen wurde und zum ersten Heimspiel zwischen 250 und 300 Zuschauer kamen.
So nahmen die Dinge ihren Lauf. „Im zweiten Jahr haben wir im Vorstand präsentiert, wie die Entwicklung stattfinden soll“, so Fuchs „Es gab einen richtigen Stufenplan. Das Ziel war die Zweite Bundesliga.“ Skizziert wurde damals auch der kontinuierliche Ausbau des Spielbetriebs mit Frauen- und Jugendteams. Der eine oder andere belächelte die hochfliegenden Pläne. „Aber am Ende waren wir erfolgreicher, als wir gedacht hatten“, so Fuchs.
Dirk Hoffmann bekommt heute noch leuchtende Augen, wenn er an diese Zeit zurückdenkt. „Das war natürlich phänomenal“, sagt der langjährige Präsident des Clubs. Direkt in der ersten Saison wurden die Wanderers Zweiter und stiegen in die Landesliga auf. Das war der Beginn eines fast schon unheimlichen Höhenflugs. 1997 ging es hoch in die Verbandsliga, ein Jahr später folgte der Sprung in die Regionalliga. Gleichzeitig mit dem Aufstieg der Männer in die Zweite Bundesliga wurde 1999 die Jugend der Wanderers deutscher Meister. 2001 dann der Aufstieg in die Erste Bundesliga.
Doch es gab auch Schatten. Im ersten Erstliga-Jahr durften die Wanderers ihre Heimspiele mit einer Ausnahmegenehmigung in Herrenberg austragen. Das Feld entspricht in seinen Maßen nicht den Anforderungen, die der Verband für den Spielbetrieb in der Ersten Bundesliga stellt. Die Wanderers schafften 2003 nach dem Abstieg den direkten Wiederaufstieg und benötigten nun ein regelkonformes Feld, um in der ersten Liga spielen zu können. „Wir sind dann nach Reutlingen ausgewichen. Und am Anfang haben wir die Zuschauer mit Bussen dorthin gefahren“, erinnert sich Heiko Hiller. Doch letztlich führte der Umzug in eine Sackgasse. Ein Team lässt sich nicht einfach so verpflanzen. Vielen Fans wurden die Fahrten nach Reutlingen schnell lästig. Als Tabellenletzter stiegen die Wanderers ab, gaben ihre Bundesliga-Lizenz an Tübingen ab und machten einen Neustart in der Landesliga. In dieser Zeit begannen die Softball-Frauen ihren Höhenflug. 2006 stiegen sie in die erste Liga auf und spielten dort in den kommenden Jahren eine gute Rolle. 2010 nahm das Team noch an den Play-offs zur deutschen Meisterschaft teil, dann wurde ein Schlussstrich gezogen, weil etliche Spielerinnen aus privaten oder beruflichen Gründen ausstiegen. Erst 2018 wurde wieder ein Team ins Leben gerufen. Die Männer schafften es in den vergangenen Jahren erneut bis in die Zweite Bundesliga. Zurzeit tritt das Team in der Verbandsliga an. Am Ende der laufenden Saison wird das Team den zweiten Tabellenplatz belegen. Das steht trotz eines Nachholspiels bereits fest.
Nachdem im Jugendbereich nach den frühen Erfolgen zwischendurch ein wenig Flaute herrschte, hat der Verein zurzeit wider gewaltigen Zulauf. „Die letzten zwei bis drei Jahre waren erstaunlich“, sagt Peter Frey, der im vergangenen Jahr Oliver Thurow als Präsident beerbt hat. „Wir hatten in diesem Jahr 27 Neuzugänge, überwiegend Kinder.“ Das ist den intensiven Bemühungen geschuldet, die der Verein im Bereich der Nachwuchsarbeit leistet. „Wir hatten in diesem Sommer über 400 Kinder in den Schnupperkursen im Ferienprogramm“, berichtet Frey. Er hofft, dass aus diesen Aktionen nochmals 20 bis 25 Kinder den Weg zu den Wanderers finden. Ausgebaut wird zudem die Kooperation mit Schulen.
Bei den rührigen Bemühungen um Nachwuchs wundert es nicht, dass auch das Jubiläumsprogramm am Samstag zahlreiche Angebote für Kinder bereithält. Ab zehn Uhr feiern die Wanderers auf ihrem Platz im Herrenberger Längenholz. Das komplette Programm gibt es im Internet auf der Seite des Clubs unter der Adresse www.wanderers.de

Mannschaftsbild aus der ersten Wanderers-Saison: Vordere Reihe, jeweils von links: Jürgen Ulmer, Detlef Gysau; zweite Reihe: Stefan Schneck, Frank Di Franco, Holger Steimle; dritte Reihe: Dirk Hoffmann, Marcus Fuchs, Frank Ulmer, Roland Neider; hintere Reihe: Robert Lambrou, Michael Wahrlich, Jochen Stumpf, Bernd WörnerGB-Foto (Archiv): gb

Das Softball-Team der Herrenberg Wanderers schaffte 2006 den Aufstieg in die Erste Bundesliga GB-Foto (Archiv): Schmidt