Bodenqualität von Äckern lässt sich verbessern

Der Landkreis Böblingen untersucht derzeit Standorte für eine Erddeponie (der „Gäubote“ berichtete). In diesem Zusammenhang propagiert CDU-Kreistagsmitglied Andreas Kindler die Idee, wie sich die dort abzuladende Erdmenge verringern und gleichzeitig der Landwirtschaft geholfen werden könne: Wenn möglich soll der Aushub auf Ackerflächen ausgebracht und damit die Bodenqualität verbessert werden.

Von Jacqueline Geisel

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Erweiterung des Gewerbegebiets Zehntscheuer in Bondorf: Verwertbarer Boden, der bei der öffentlichen Erschließung anfiel, wird auf Ackerflächen ausgebracht GB-Fotos: gb

Erweiterung des Gewerbegebiets Zehntscheuer in Bondorf: Verwertbarer Boden, der bei der öffentlichen Erschließung anfiel, wird auf Ackerflächen ausgebracht GB-Fotos: gb

Weniger Boden auf der Deponie, ertragreiche Ackerflächen, die besser zu bearbeiten sind, eine verbesserte Filterwirkung des Bodens durch bessere Bodenqualität, Ausgleich von Bodenunebenheiten – das sind nur einige der Vorteile, die Andreas Kindler, selbst Landwirt in Renningen und Vorsitzender des Kreisbauernverbandes, in seinem Vorschlag sieht. Und billiger als die Erde auf die Deponie zu bringen sei es vermutlich auch noch. Im Kreis Böblingen gebe es viele Böden, die seiner Meinung nach von dieser Auffrischung profitieren würden.

„Es muss unser aller Aufgabe sein, fruchtbare Böden zu schützen“, betont Andreas Kindler ausdrücklich. Und das müsse auch die Aufgabe der großen Politik sein. Fruchtbarer Boden sei einfach zu schade, um wie Müll auf einer Deponie zu liegen. Ganz ohne Deponie werde es aber auch mit Kindlers Vorschlag nicht gehen. Immerhin gebe es belastete Böden – „die müssen unbedingt auf eine Deponie“. Aber den „guten Humus“, so Kindler, den könne man in der Landwirtschaft verwenden.

Auffüllung bedarf der Genehmigung

Tatsächlich wird dieses Vorgehen bereits praktiziert. „Oberboden und geeignete kulturfähige Unterböden werden im Landkreis Böblingen vorhabenbezogen und so weit als möglich im Kreis verwertet“, teilt die Pressestelle des Landratsamtes mit. Guter, humoser Oberboden werde oft direkt in den Baugebieten, in denen er ausgehoben wird, verwendet. Oder eben auf Äckern: Der Auftrag von gutem Boden auf minderen landwirtschaftlichen Flächen werde grundsätzlich begrüßt, so die Pressestelle weiter. Im Falle des Baugebietes Allmendäcker in Sindelfingen beispielsweise würden nutzbare Böden „in Zusammenarbeit mit den örtlichen Landwirten und unter bodenkundlicher Baubegleitung auf den landwirtschaftlichen Flächen verwertet“.

Die Auffüllung landwirtschaftlicher Flächen ist allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig und bedarf einer Genehmigung. Es empfehle sich daher, so der Rat des Landratsamtes, „frühzeitig mit dem Landratsamt, Untere Naturschutzbehörde, in Kontakt zu treten“.

Punktesystem für Qualität der Böden

Auch kann nicht einfach jede Erde auf jeden Acker ausgebracht werden. Die Qualität der Böden wird mit einem Punktesystem angegeben, das bis 100 reicht. Böden mit etwa 60 Punkten gelten als gut bis sehr gut für die landwirtschaftliche Nutzung. „Ein Bodenauftrag führt bei diesen Böden kaum zu einer Verbesserung“, heißt es vonseiten des Landratsamtes. Mit dem Aufbringen neuen Bodens würden immerhin auch negative Effekte einhergehen, beispielsweise das Befahren mit schweren Transportfahrzeugen. Anders sieht es bei Böden mit etwa 30 bis 60 Punkten aus. Hier könne „durch den Auftrag von gutem, steinarmem, humosem Boden eine positive Wirkung auf die landwirtschaftliche Eignung der Fläche erreicht werden“. Das gelte vorrangig bei einer Auffüllhöhe von bis zu 20 Zentimetern.

So gar nicht mehr neu ist dieses Konzept für ein regionales Erdbauunternehmen, das im Raum Böblingen und Stuttgart arbeitet. Seit etwa 15 Jahren bringt die Firma, die namentlich allerdings nicht genannt werden möchte, verwertbare Böden auf Ackerflächen aus, um geringen Humus- oder hohen Steingehalt auszugleichen, die Bewirtschaftung zu erleichtern oder Unebenheiten bei Hanglage auszumerzen. Guten Boden gebe es nur einmal, erklärt der Geschäftsführer, deswegen müsse er vor Ort genutzt werden. Auf seinen eigenen Feldern füllt er seit etwa zehn Jahren mit brauchbarem Bodenaushub auf. Etwa zwei bis drei Jahre dauere es, bis sich der Boden angepasst habe und das Bodenleben wieder intakt sei. Auch der Wasserhaushalt verbessere sich deutlich, da Regen nicht mehr einfach durchsickere, sondern länger bei den Pflanzen bleibe.

In Bondorf konnte zuletzt bei der öffentlichen Erschließung der Erweiterung des Gewerbegebiets Zehntscheuer verwertbarer Boden auf Ackerflächen wiederverwendet werden. Ein Bodenmanager hatte die Maßnahme als Fachmann betreut. Etwa 600 Kubikmeter Oberboden und kulturfähiger Unterboden, so Bürgermeister Bernd Dürr, seien auf landwirtschaftlich genutzte Flächen in Bondorf verbracht worden.

Win-win-Situation in Bondorf

„Im Zuge der nachfolgenden privaten Bauvorhaben werden geschätzt weitere etwa 2000 bis 2500 Kubikmeter Oberboden und kulturfähiger Unterboden anfallen, welcher gleichermaßen zu behandeln ist“, berichtet Dürr. Die Genehmigung hierfür liege vor, die Kontakte mit den Bondorfer Landwirten seien bereits hergestellt. „Es ist eine Win-win-Situation“, meint der Bürgermeister. Die gute Erde könne im Ort verbleiben und bringe gleichzeitig auf dem jeweiligen Acker, zu dem sie verbracht wird, eine Steigerung der Bodengüte mit sich.

Die Stadt Renningen hat bei der Erschließung des Baugebiets Schallenäcker II ebenfalls auf die landwirtschaftliche Wiederverwertung des Bodens gesetzt. Rund 20500 Kubikmeter seien auf 13 unterschiedlichen Ackerflächen mit einer Gesamtfläche von etwa 6,6 Hektar im Renninger Stadtgebiet ausgebracht worden, so Pressesprecherin Marlies Delago. Witterungsbedingt fand die Aufbringung des Bodens in drei Phasen im Jahr 2015 statt. „Bodenkundlich versiertes Personal“, erklärt Delago, habe die Maßnahme geplant und die Auffüllung eng begleitet.

„Damit die Maßnahme einen Gewinn ergibt, ist ein schonender Umgang mit dem Oberboden beim Laden, beim Verbringen und beim Auftragen unabdingbar“, erklärt die Pressesprecherin. Wichtig sei außerdem eine ausreichende Tragfähigkeit des Bodens zur Befahrung, das „Aufreißen von Verdichtungen“ sowie ein „Verzahnen von anstehendem und aufgetragenem Oberboden“.

Wasserspeicherung wird verbessert

Der neu aufgefüllte Boden dient in Renningen vorwiegend der Verbesserung der Wasserspeicherung. Dieses Mehr an Wasservorrat nutze zum einen den Ackerpflanzen, zum anderen sei mit dieser Maßnahme ein Rückhaltevolumen für Niederschlagswasser von etwa 6000 Kubikmeter auf dem Gebiet der Stadt Renningen gesichert worden. Somit leiste die Auffüllung auch einen Beitrag zum Hochwasserschutz.

Gärtringen bringt derzeit keinen Boden auf Ackerland aus, sondern verwertet den Aushub in seinen Baugebieten wieder. Erst bei den nächsten großen Baugebieten in ein bis zwei Jahren werde das Thema werden, schätzt Gert Gaebele. Allerdings könne das Landratsamt im Sinne des Bodenmanagements Vorgaben in diese Richtung machen, so der Ortsbaumeister, an die sich die Gemeinde dann halten müsse. „So wenig wie möglich Boden her, so wenig wie möglich Boden weg“, meint Gaebele. Das sei auch die günstigste Alternative für Bauherren.

Bodenqualität von Äckern lässt sich verbessern

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Erstellt:
3. Mai 2018

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