Das Fußballspiel hat sie zusammengeschweißt

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Im Oktober 1974 nahm dieTailfinger AHim schmuckenweißen DressAufstellung zum Gruppenbild: (oben von links) Günther Leschinger, Ulrich Sattler, Norbert Honold, Wilfried Haas, Adolf Rinder,Fritz Eipper,Rudi Heider,(vorne von links)AndreasKrammer,Ferdinand Riedel,Emil Egeler,Robert Egeler und Willi EipperGB-Foto (Archiv): gb

Im Oktober 1974 nahm die Tailfinger AH im schmucken weißen Dress Aufstellung zum Gruppenbild: (oben von links) Günther Leschinger, Ulrich Sattler, Norbert Honold, Wilfried Haas, Adolf Rinder, Fritz Eipper, Rudi Heider, (vorne von links) Andreas Krammer, Ferdinand Riedel, Emil Egeler, Robert Egeler und Willi Eipper GB-Foto (Archiv): gb

Der erste Dienstag im Monat ist bei den zwölf Mitgliedern der allerersten AH-Mannschaft des TSV Tailfingen rot im Kalender angestrichen. Da heißt es dann: Ab ins Sportheim, um die alten Fußballkollegen wiederzusehen. Vor 50 Jahren hat sich zum ersten Mal eine Alte-Herren-(AH)-Mannschaft in Tailfingen entwickelt. Regelmäßig treffen sich die Fußballspieler von einst nach wie vor. Und blicken bei ihrem Stammtisch auf eine lange, gemeinsame Zeit zurück, die vor allem durch eins geprägt ist: Kameradschaft.

Die Erinnerung an das erste Spiel im Jahr 1969 ist noch lebendig. „Da haben wir gegen Affstätt gespielt“, so Andreas Krammer. Wie die Partie ausgegangen ist? Das müssen die alteingesessenen Tailfinger erst mal diskutieren. „Bestimmt haben wir gewonnen“, winkt Herbert Egeler mit einem Schmunzeln ab. Ein Blick in Andreas Krammers Notizbuch, in dem die Historie der AH festgehalten ist, kann diese Theorie bestätigen. „2:1 für uns“, stellt dieser zufrieden fest.

Der Übergang von der Aktiven-Zeit zur AH sei damals fließend verlaufen, für die Spieler war das damals keine große Sache. „Es war einfach klar, dass wir nicht mehr bei den Aktiven Fußball spielen konnten“, zuckt Andreas Krammer die Schultern. „Ich selbst war zu dem Zeitpunkt zum Beispiel schon über 30.“ Also habe man sich eben als Alte-Herren-Mannschaften getroffen, um zusammen zu kicken. „Das war bei den Spielen lustig, wenn man dann früheren Gegner nach all den Jahren wieder begegnet ist“, schmunzelt Wilfried Schittenhelm. „Plötzlich waren alle weiß.“

Ein paar Jahre vorher war es übrigens gar nicht selbstverständlich, dass auf dem Fußballplatz in Tailfingen überhaupt gekickt wurde. Denn 1963 wurde der Spielbetrieb in Tailfingen, trotz des Fußball-Hypes in Deutschland, eingestellt. „Damals hat man halt noch nicht so viele Spieler von außen geholt und irgendwann sind dem Verein die Leute ausgegangen“, weiß Rudi Dettinger, der aus Weil im Schönbuch stammt und erst später zu der Stammtischmannschaft dazustieß.

Aufleben des Fußballs
führt zum Sportheimbau

Wie das Ganze dann wieder ins Rollen kam, daran können sich die Anwesenden nicht mehr ganz so gut erinnern „Ich glaube das kam, weil die ganzen Handballer plötzlich angefangen haben, Fußball zu spielen“, vermutet Herbert Egeler. Das Wiederaufleben des Fußballspiels wurde für den TSV jedenfalls zum Anlass genommen, endlich ein neues Sportheim zu bauen. „Davor stand hier so eine alte Baubaracke“, beschreibt Dettinger. „Da wurden immer ganz viele Feste gefeiert.“ Doch mit dem neuen Sportheim verbindet die ehemalige AH noch viel mehr. Stein für Stein wurde das Gebäude fast komplett in Eigenleistung hochgezogen. „Das war unsere Generation, die dieses Gebäude hier gebaut hat“, betont Krammer mit Stolz. „Damals hatte eben jeder hier einen Beruf wie Mauer, Maler oder Schreiner und kannte sich mit Bauen aus.“ Nur das Material musste eingekauft werden. „Und die Heizungsanlage haben wir auch nicht selbst gemacht“, ergänzt Wilfried Schittenhelm. Kein Wunder, dass mit so vielen gemeinsamen Erlebnissen eine gute Freundschaft entstanden ist. „Uns hat einfach immer der Fußball verbunden“, überlegt Adolf Rinder. „Und eine enge Kameradschaft.“

1989 wurde schließlich das letzte Spiel der Tailfinger AH gepfiffen. Die Frage, wer der Gegner war, sorgt ein bisschen für Kopfzerbrechen. „Das ist schon so lange her“, seufzt Andreas Krammer. Da fällt es ihm plötzlich ein. „Dettingen“, ruft er und der Stammtisch atmet lachend auf. In 20 Jahren haben sie exakt 291 Freundschaftsspiele bestritten. Doch mit dem letzten Duell war die gemeinsame Zeit der AH aber nicht vorbei, im Gegenteil. Statt zu kicken, wurde der Stammtisch ins Leben gerufen. Später habe man dann zusammen auch längere Wanderausflüge in die Berge unternommen. „Ich glaube ans Hörmoos erinnern wir uns alle am besten“, grinst Andreas Krammer. „Da ging es auf der Hütte nämlich sehr lustig zu.“ Zu solchen Ausflügen seien auch die Familien der früheren Kicker mitgekommen.

Gemeinsame Wanderausflüge gibt es heute nur noch wenige. Und längst nicht mehr in dem Ausmaß wie früher. „Die Ältesten unter uns sind eben schon über 80“, gibt Dettinger zu bedenken. „Und deshalb nicht mehr so gut zu Fuß.“ Mit Roland und Manfred Keller, Wilfried Görig, Willi Eipper und Erwin Schlögl sind inzwischen einige geschätzte Stammtischler verstorben. Heutzutage lässt es die AH ruhiger angehen, man kommt im Sportheim zusammen, schwätzt oder dreht eine Runde durch Tailfingen. „Alle zwei Wochen spielen ein paar von uns aber auch Karten“, meint Dettinger. Fußballinteressiert ist der Stammtisch aber nach wie vor.

Und auch die Heimspiele der aktuellen Aktiven werden aufmerksam verfolgt. Wie haben sich die Zeiten geändert. Die früherer AH kann schon einen Unterschied zur heutigen Generation feststellen. Zu ihrer Zeit sei man nach dem Training oder nach den Spielen noch zusammengesessen, habe etwas getrunken, gesungen, sich Witze erzählt. „Heute geht jeder nach dem Fußball seiner Wege“, stellt Wilfried Schittenhelm fest. „Und alle schauen nur auf ihr Handy“, ergänzt Rudi Haider. „Wenn jemand gebaut hat, oder sonst Hilfe gebraucht hat, waren wir immer da“, betonen die Mitglieder. Zu ihren AH-Zeiten sei das Fußballspiel sowieso nicht mehr das Wichtigste gewesen: „Uns ging und geht es einfach ums Zusammensein und Spaßhaben.“

JENNY SCHWARTZ

Beim jüngsten Treff sind von links Norbert Honold, Rudi Heider, Horst Hermenau, Wilfried Schittenhelm, Herbert Egeler, Andreas Krammer, Adolf Rinder, Rudi Dettinger, Hans Schneider, Arthur Keller, Günther Leschinger und Theodor Lang vertreten, zur Gruppe gehören noch Arthur Acker und Wilfried HaasGB-Foto: Schwartz

Beim jüngsten Treff sind von links Norbert Honold, Rudi Heider, Horst Hermenau, Wilfried Schittenhelm, Herbert Egeler, Andreas Krammer, Adolf Rinder, Rudi Dettinger, Hans Schneider, Arthur Keller, Günther Leschinger und Theodor Lang vertreten, zur Gruppe gehören noch Arthur Acker und Wilfried Haas GB-Foto: Schwartz

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Erstellt:
5. Dezember 2019

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