Das Leben im Alter – wie soll es aussehen?

Herrenberg: Der „Gäubote“ hat sich bei Menschen unterschiedlichen Alters umgehört – entspricht ihr Leben im bereits fortgeschrittenen Alter ihren Vorstellungen? Was wünschen sich Jüngere für ihr Seniorendasein? Gabi Weber-Urban hat nachgefragt.

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GB-Foto: eyetronic - stock.adobe.com

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Der Wunsch: „gsond zu bleiba“

Susanne Froeschle ist 58 Jahre alt und wohnt in Nebringen. Gemeinsam mit ihrem Mann kaufte sie sich vor 32 Jahren ein altes Bauernhaus mit angebauter Scheune, aus dem Jahre 1897. Bereits beim Kauf war klar, dass das Gebäude für die wachsende junge Familie umgebaut und saniert werden musste. Die Planung des umfangreichen Umbaus übernahm ihr Schwiegervater – Architekt von Beruf. Als weit vorausschauender Planer warf er damals schon die Frage auf, wie die Treppenstufen – die Wohnung liegt im ersten Obergeschoss – in ferner Zukunft bei nachlassenden Körperkräften bewältigt werden könnten. Die Scheune wurde deshalb zu einem weitläufigen Treppenhaus umgestaltet, das auch noch Platz für einen Aufzug bietet, sollten die Beine einmal nicht mehr mitmachen. Für die notwendige Nachrüstung müsste lediglich das Geländer der Treppe entfernt werden, dann könnte problemlos nachgerüstet werden. Mit solch optimalen baulichen Voraussetzungen ausgestattet, beabsichtigt die dreifache Mutter bis zum Ende in ihrem eigenen Haus zu bleiben. Ihren Wunsch „gsond zu bleiba“ unterstützt sie tatkräftig und diszipliniert mit sportlicher Bewegung. Und dieses Sportprogramm will sie noch sehr lange absolvieren.

Selbstständig leben und viel reisen

Gabriele Müller arbeitet als Fitnessfachwirtin in Gäufelden. Die lebensfrohe 42-jährige macht sich aktuell noch keine Gedanken zum Alter. Sie hofft, dass ihr Leben für sie einfach so weiterläuft wie bisher, was im Klartext bedeutet, dass sie gesund bleiben und weiterhin auf der Sonnenseite des Lebens stehen wird. Mit weitem Blick in die Zukunft wünscht sie sich für ihre Zeit als Seniorin vor allem, dass sie selbstständig leben und viel reisen kann. Gabriele Müller, die in Haiterbach wohnt, stellt klar, dass das ideale Leben, wie sie es sich vorstellt, altersunabhängig ist. Für sie ist das Leben eine Sache der Haltung und Einstellung. Sie setzt auf einen achtsamen Umgang mit dem eigenen Körper, auf positive Gedanken, darauf, dass Beschwerden frühzeitig wahrgenommen werden und gegebenenfalls behandelt werden. Ein gutes soziales Umfeld und ein freundschaftliches und intensives Miteinander sind für sie unabdingbar. Beruflich setzt sie auf Bewegung. Die agile Trainerin, die sich im letzten Jahr in Indien zur Yogalehrerin ausbilden ließ, hat es sich zum Ziel gesetzt, möglichst viele Menschen mit Yoga zu erreichen und sie an das Thema Achtsamkeit heranzuführen. Wo sie im Pensionsalter mal wohnen will, ist nicht so wichtig. Ländlich soll es sein und ruhig. Gabriele Müller ist kein Stadtmensch.

Genau das erträumte Leben

Albert Riethmüller

Albert Riethmüller wohnt in Öschelbronn und führt auch im Alter von 84 Jahren genau das Leben, das er sich vorgestellt und erträumt hat. Der sportliche Senior bringt es auf durchschnittlich 3 000 Radkilometer pro Jahr, wobei er ergänzend hinzufügt, dass er seit drei Jahren mit dem E-Bike unterwegs ist. Noch immer leitet er zusammen mit einem Freund einen offenen Radfahrtreff. Abgesehen von einer kurzen Winterpause werden einmal pro Woche bei der Ausfahrt innerhalb von zweieinhalb Stunden ungefähr 40 Kilometer in der Gruppe bewältigt. Zusammen mit seiner Frau fährt er etwas kürzere Touren. Und auch Einkäufe im Ort erledigt der rüstige Rentner mit dem Fahrrad. Mit seinem Leben ist er im Moment sehr zufrieden und hofft, dass es noch ein Weilchen so gut weitergeht. Um seine weitere Zukunft hat er sich ebenfalls Gedanken gemacht. Er möchte auf jeden Fall in seinem Haus bleiben. Für den Fall, dass er mit gesundheitlichen Einschränkungen zurechtkommen muss oder Pflege benötigt, hat der ehemalige Architekt bereits Vorsorge getroffen: Für eine Pflegekraft, die ihn dann zu Hause versorgen wird, sind die Räumlichkeiten bereits jetzt vorbereitet. „Da ist alles bereits gerichtet“.

Ein entspannter Blick in die Zukunft

Klaus Daniel

Klaus Daniel wohnt in Nebringen. Der 68-jährige Pensionär schaut entspannt in die Zukunft. Er kann sich viele Möglichkeiten vorstellen, wie er im fortgeschrittenen Alter wohnen will. Dem Eigenheim in Nebringen, das im Bedarfsfall umgebaut werden muss – „Hier gefällt es mir gut. Da bin ich mit meinem Hund gleich im Wald“ – steht gleichwertig eine Wohnung gegenüber. Ob diese Wohnung in der näheren Umgebung liegt oder in Jena oder Potsdam steht, spielt keine Rolle. „Ich bin da ganz offen und will es auf mich zukommen lassen“ fasst der Psychologe zusammen. Zwei Ziele will er hingegen verfolgen: An seinen Italienisch-Lektionen möchte er unbedingt dranbleiben – er lernt in der Volkshochschule – und zum anderen will er noch mehr reisen, wenn dann seine Frau auch nicht mehr berufstätig ist. Auf die Frage, ob sein Leben so ist, wie er es sich vorstellt, hätte Klaus Daniel noch vor einem Jahr voller Überzeugung mit einem klaren „Ja“ geantwortet. Dann kam eine Zäsur. Das Herz machte nicht mehr so richtig mit. Eine komplizierte Operation war nicht zu umgehen. Momentan definiert sich der gelassen wirkende Pensionär neu, lotet seine Belastungsgrenzen aus, hört in seinen Körper rein und erkennt, was er sich zumuten kann. Seit dem Sommer spielt er wieder Tennis. „Mit Freude, aber nicht verbissen“. Auch das Fahrradfahren – „Früher ging ich an Steigungen schon an meine Grenze“ – hat sich für ihn verändert. Seit diesem Sommer fährt er begeistert mit seinem E-Bike. Und freut sich über die neue Art des Radelns, den wiedergewonnenen Aktionsradius… Ein großes Ziel hat er noch: Er möchte seinen Status quo in Bezug auf die Gesundheit noch lange erhalten. Alles andere lässt er auf sich zukommen.

Vorkehrungen gegen Einsamkeit getroffen

Hans-Günther Schnitzlein

Hans-Günther Schnitzlein wohnt in Herrenberg. Voller Überzeugung und strahlend stellt der aktive 70-Jährige fest, dass er genauso lebt, wie er will. Gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin wohnt er im Wohnquartier Stadtwerk und fühlt sich dort richtig wohl. Der Weg dahin war für ihn schmerzlich und beschwerlich. Nach dem Tod seiner Frau litt er unter Einsamkeit, die durch die Leere in seinem großen Einfamilienhaus – in Spitzenzeiten wohnten dort gleichzeitig neun Personen – verstärkt wurde. Seine vier Kinder – längst flügge – waren ausgezogen. Eine neue Perspektive ergab sich für den Pensionär, als er eine neue Frau kennenlernte. Nachdem ein gemeinsamer Neustart beschlossen worden war, erwog Schnitzlein den Bau eines neuen, sehr viel kleineren Hauses. Seine Partnerin sprach sich gegen das Vorhaben aus und stellte realistisch fest, dass irgendwann – in ferner Zukunft – wieder ein Überlebender einsam und isoliert in einem Haus sein Dasein würde fristen müssen. Und so nahm die Überlegung, zusammen in ein Mehrgenerationenhaus zu ziehen, an Fahrt auf. Mittlerweile bewohnt das Paar seit drei Jahren im Stadtwerk eine geräumige und altersgerechte Wohnung und bringt sich aktiv in die lebendige Gemeinschaft ein. Auf insgesamt 59 Wohnungen verteilt leben dort junge und alte Menschen zusammen. Der ehemalige Industriekaufmann empfindet das Verhältnis zwischen Geben und Nehmen in dieser Gemeinschaft genauso perfekt ausgewogen, wie das zwischen Nähe und Distanz. Und eines ist für ihn sicher: Im „Fall der Fälle“ könnte der Überlebende auf viele helfende Hände und einen großen Unterstützerkreis zurückgreifen.

Susanne FroeschleGB-Fotos: gb/gaw

Susanne FroeschleGB-Fotos: gb/gaw

Gabriele Müller

Gabriele Müller

Albert Riethmüller

Albert Riethmüller

Hans-Günther Schnitzlein

Hans-Günther Schnitzlein

Klaus Daniel

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Erstellt:
7. Januar 2020

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