Das Modell des Jerg-Ratgeb-Kunstwerks erneuert

Im südlichen Seitenschiff der Herrenberger Stiftskirche befindet sich seit Jahrzehnten ein kleines Modell des Jerg-Ratgeb-Altars. Zum Ende dessen Jubiläumsjahrs erneuert der Verein zur Erhaltung der Stiftskirche nun diese Replik.

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Inspizieren die neue Nachbildung des Jerg-Ratgeb-Altars (von links): Dekan Eberhard Feucht, Burkhard Hoffmann,Vorsitzender des Vereins zur Erhaltung der Stiftskirche, und Expertin Dr. Michaela Bautz GB-Foto: Bäuerle

Inspizieren die neue Nachbildung des Jerg-Ratgeb-Altars (von links): Dekan Eberhard Feucht, Burkhard Hoffmann,
Vorsitzender des Vereins zur Erhaltung der Stiftskirche, und Expertin Dr. Michaela Bautz GB-Foto: Bäuerle

Zwei Monate lang schmückte im Rahmen des Jubiläums „500 Jahre Herrenberger Altar“ die virtuelle Nachbildung des Kunstwerks von Jerg Ratgeb den Chor der Stiftskirche. Viele Besucher kamen, um die Wirkung des einstigen Hochaltars in der Kirche nachzuempfinden und auszuprobieren, wie man mit Gestensteuerung den Altar „öffnen“ konnte. Nun ist die Installation abgebaut. Schade, sagen viele, wie der Verein in einer Pressemitteilung erklärt. Doch vor allem die hohen Kosten für die Miete der riesigen Monitore erlaubten keine längere Präsentationszeit. Von der Zusammenarbeit mit der Staatsgalerie Stuttgart zum Jubiläum werde allerdings die digitale Stele bleiben, die rechts vor dem Eingang zum Chor steht und an der sich Einzelbesucher über Kirche und Altar informieren können.

Bisheriges Modell war abgegriffen und verblasst

Ganz in der Nähe davon, an der Wand des südlichen Seitenschiffes, hing bereits seit vielen Jahren eine verkleinerte Kopie des Herrenberger Altars, an der man die Altarflügel klappen konnte. Diese ist mittlerweile abgegriffen und verblasst, so dass der Verein zur Erhaltung der Stiftskirche aus Anlass des Altarjubiläums eine Neuanfertigung beschloss.

Seit kurzem hängt das neue Modell nun am alten Platz. Es wurde in der gleichen Art wie die Nachbildung des Mömpelgarder Altars mit den neuesten technischen Möglichkeiten der Bildwiedergabe gefertigt. Dafür investierte der Verein 10400 Euro, wobei der Kulturverein Herrenberg das Projekt mit 500 Euro unterstützte. Für die Produktion des neuen Klappaltars arbeitete der Verein zur Erhaltung der Stiftskirche, wie er berichtet, mit bewährten und kompetenten Partnern zusammen: Design und Layout lieferte die Firma Kommunikation Krauß in Herrenberg; Herstellung, Druck und Montage besorgte die Firma Jehle Werbetechnik in Böblingen.

Besonders für Kirchenführungen ist das klappbare Altarmodell unverzichtbar: So kann dem Publikum der theologische Gehalt des ehemaligen Hochaltars anhand der ursprünglichen verschiedenen Öffnungszustände anschaulich nahegebracht werden. Der zugeklappte Zustand zeigt auf zwei Tafeln den Abschied der Apostel nach dem Pfingstgeschehen. Die erste Öffnung veranschaulicht die Passion über alle vier Tafeln: Letztes Abendmahl, Geißelung und Dornenkrönung, Kreuzigung, Auferstehung. Die zweite Öffnung offenbarte einst die prächtige Festtagsansicht des Altars. Am Modell flankieren die Tafeln mit der Verlobung Marias und der Beschneidung Christi, die übrigens bei der digitalen Rekonstruktion nicht gezeigt wurden, jedoch eine leere Mitte.

„Der Mittelschrein ging nach der Reformation 1537 verloren“, erklärt die Historikerin Dr. Michaela Bautz. Als der Altar für die spanische Besatzung, die den von Kaiser Karl V. befohlenen simultanen evangelischen und katholischen Gottesdienst garantieren sollte, 1548 wieder aufgebaut wurde, habe man die vier beidseitig bemalten Altarflügel in einem Rahmen zusammengefasst. Diese Konstruktion stehe noch heute als Herrenberger Altar in der Staatsgalerie. „Wir wissen nicht, wie der verlorene Mittelschrein ausgesehen hat, doch eines ist sicher: als Hochaltar der Stiftskirche, die der Jungfrau Maria geweiht ist, enthielt er eine Marienfigur, wahrscheinlich begleitet von weiteren Heiligen“, sagt die Expertin. -gb-

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Erstellt:
24. Dezember 2019

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