„Das ist meine Aufgabe, das ist mein Leben“

Aus langen schmalen Nadeln und bunter Wolle Gestricktes zu zaubern ist die absolute Leidenschaft von Siegrid Lachenmann. Die Herrenbergerin strickt nahezu immer, ihr tägliches Pensum ist erstaunlich. Für andere etwas Gutes zu tun steht dabei im Vordergrund. Denn die Socken, Pullis, Jäckchen oder Handschuhe werden liebevoll in Weihnachtspakete gepackt, die bedürftige Kinder erhalten.

Von Maria-Dolores Bloching

Lesedauer: ca. 2min 44sec
Mützen, Schals und Socken: Siegrid Lachenmann strickt und packt Weihnachtspäckchen GB-Foto: Holom

Mützen, Schals und Socken: Siegrid Lachenmann strickt und packt Weihnachtspäckchen GB-Foto: Holom

Im Wohnzimmer stapeln sich die Weihnachtspakete in unterschiedlichen Größen. Jedes einzelne in buntes Papier gewickelt. „Ich möchte Kindern, denen es nicht so gut geht wie uns, zu Weihnachten eine Freude machen“, erklärt Siegrid Lachenmann mit ruhiger Stimme. Auf jedem Paket klebt ein Aufkleber, handgeschrieben. Darauf steht, ob der Inhalt für ein Mädchen oder einen Jungen ist und das ungefähre Alter. „Schließlich sollen die Sachen, die drin sind, auch passen und den Kindern und Jugendlichen eine Freude machen.“

Oft acht Stunden am Tag

Die Leidenschaft für das Stricken und dabei Gutes zu tun hat die 78-Jährige nahezu perfekt kombiniert. Die Stricknadeln sind nie allzu weit von ihr entfernt, ihnen widerstehen kann sie nur äußerst selten. „Ich stricke für mein Leben gern. Im Fernsehen kommt selten etwas, was mich interessiert. Die Gartenzeit ist jetzt vorbei, deswegen stricke ich manchmal bis zu acht Stunden am Tag, oft bis Mitternacht.“ Für die Motorik ihrer Finger sei das sehr gut und auch für den Kopf, denn auf altbewährte Strickmuster verlässt sich die gebürtige Dresdnerin, die aber seit 1958 in Herrenberg lebt, nur selten. „Ich probiere immer wieder Neues aus.“

Seit drei Jahren landen Mützen, Schals, Handschuhe, Babyjacken, Pullover, Stulpen, Socken und Handschuhe in Weihnachtspaketen, zwischen 15 und 30 sind es, die die frühere Briefträgerin Weihnachten für Weihnachten packt. Nicht nur Gestricktes steckt drin, auch Puppen, Puppenkleider, Süßigkeiten, Spielsachen, Malstifte kommen mit rein. „Manchmal sind es Sachen, die ich noch von meinen eigenen Kindern zu Hause habe, manchmal kaufe ich aber auch noch Kleinigkeiten dazu.“ Regelmäßig, nicht nur im Dezember, bringt Lachenmann ihre Pakete nach und nach zum Samariterdienst in Herrenberg. „Mit dem Lkw werden dann meine Pakete und die anderen Spenden in die Ukraine, nach Rumänien oder Bulgarien gefahren, um sie dort an bedürftige Kinder zu verteilen“, erzählt die dreifache Mutter und mehrfache Großmutter. Anderen eine Freude zu machen, ehrenamtlich versteht sich, „das ist meine Aufgabe, das ist mein Leben“. Gerne wäre Siegrid Lachenmann einmal mitgefahren, „das war immer mein Traum, aber inzwischen ist mir die Reise einfach zu weit. Aber die Fahrer erzählen mir immer, wie riesig sich die Kinder freuen, wenn sie ein Weihnachtspaket bekommen, das ist schön.“ Zur Stricknadel greift die rüstige Rentnerin schon, seitdem sie ein junges Mädchen war. Die Großmutter war es, die einstmals die Leidenschaft weckte. „Ich war das jüngste von fünf Kindern und da meine Geschwister älter waren, musste ich mich viel alleine beschäftigen, also habe ich gestrickt.“ Daran hat sich bis heute nichts verändert, die Stricknadeln und die Wolle sind Lachenmanns ständiger Begleiter. Auch der regelmäßige Weg zu den Samaritern hat sich in den vergangenen Jahren eingebürgert. „Schon viele Jahre bringe ich dort regelmäßig Sachen hin, auch weil die Menschen dort so nett sind.“

Klar ist schon heute, dass es auch in den nächsten Jahren Weihnachtspakete geben wird, der Vorrat an Gestricktem ist groß. Kartons, Schubladen, Tüten, Oberflächen – überall liegen ordentlich sortiert Mützchen mit oder ohne Bobbel, Handschuhe in vielen verschiedenen Strickmustern, Schals mal fein, mal grob, auch modische Loops sind darunter, Dreieckstücher, Babyjacken – die Auswahl ist enorm. Zum ersten Mal steckt in diesem Jahr auch eine Weihnachtskarte im Päckchen. „Ich habe auch meine Adresse daraufgeschrieben, vielleicht kommt ja etwas zurück.“

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Erstellt:
15. Dezember 2018

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