Der Ortswechsel ist wichtig

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Yvonne Wörns Hühner sind mit ihrem Stall mobil GB-Foto: Bäuerle

Yvonne Wörns Hühner sind mit ihrem Stall mobil GB-Foto: Bäuerle

Unter einem ausladenden Obstbaum steht ein großer Wagen aus hellem Holz. Um ihn herum ist eine großzügige Fläche mit einem elektrischen Zaun abgesteckt. Als Yvonne Wörn herantritt, trippeln ihr eifrig und erwartungsvoll die Hühner entgegen. Zwischen schneeweißen tummeln sich einige gesperberte Tiere.

Die gelernte Tierarzthelferin und Assistenzhundetrainerin aus Gültstein hat sich mit den Hühnern einen Traum erfüllt. Ihre Hündin Conna ist ebenfalls dabei, sie behält die geflügelten Zweibeiner im Auge, gebärdet sich jedoch sehr zurückhaltend und schaut zu, was ihr Frauchen macht.

Die Gültsteinerin hat den Hühnern Futter mitgebracht – Tomaten, Brennnesseln und Brotrinde. Hungern muss das Federvieh auf keinen Fall, denn in ihrem mobilen Stall befindet sich ein automatischer Futterspender, an dem sie sich jederzeit bedienen können. Außerdem scharren sie im Gras nach Würmern und Käfern.

Die Unterkunft für das Federvieh haben Yvonne Wörn und ihr Mann gemeinsam entwickelt und gebaut. Über eine Hühnertreppe gelangen die Tiere ins Innere des Stalls, eine Klappe öffnet sich morgens automatisch, so dass die Hühner hinaus können und sie schließt sich in der Abenddämmerung wieder. Angetrieben wird die Klappe durch eine Batterie, die mit Hilfe von Solarzellen geladen wird. Sollte es im Winter zu kalt werden, könnte man den Stall mit einer weiteren Batterie heizen. „Die Hühner gehen abends von alleine rein“, berichtet Yvonne Wörn. Allerdings überprüfe sie bisher jedes Mal, ob der Mechanismus der Tür tatsächlich funktioniert hat und die Tiere alle raus können und abends drinnen sind. „Eigentlich ist immer zweimal am Tag jemand bei den Hühnern.“

An ihrem Haus in Gültstein besitzt die Familie einen alten Hühnerstall, den Yvonne Wörn gerne wieder in Betrieb genommen hätte. Ihre Vorstellungen gingen in Richtung von vier Hühnern, die im Hausgarten he-
rumpicken. Ihr Mann hegte jedoch schon länger den Wunsch, sich Rinder zuzulegen, deren Haltung am Haus jedoch nicht möglich war. Dem Ehepaar gehören allerdings einige Obstwiesen hinter Gültstein und so beschlossen die beiden, ihre Träume zu verbinden. Wörns Mann legte sich drei Schottische Hochlandrinder zu, alles Mutterkühe, von welchen eine Kuh bereits ein Kälbchen bekommen hat und brachte sie zum Weiden auf die eigenen Obstwiesen.

Daneben wurde nun der mobile Hühnerstall platziert, der nicht nur vier, sondern 33 Hühner und einen Hahn der Rassen Amrock und Weidrock beherbergt. Diese Rassen sind Zweinutzungshühner, die im Jahr circa 260 Eier legen. „Sie legen ungefähr vier Jahre lang und danach kann man das Fleisch noch gut essen“, meint Wörn. Als es so heiß war, gab es weniger Eier. Ansonsten kann Wörn auf bis zu 20 Stück am Tag zurückgreifen, die sie vor allem in der Familie verteilt aber auch verkauft.

Nachdem Hühner und Rinder zunächst getrennt gehalten wurden, teilen sie sich bald eine gemeinsame Weide. Die Besitzerin lässt es langsam angehen. Zunächst steht der mobile Stall auf der Koppel der Hochlandrinder, allerdings durch einen Zaun von den großen Tieren abgetrennt. Später dann werden Federvieh und Vierbeiner tatsächlich ein Areal gemeinsam nutzen. Wenn Hühner und Rinder zusammen weiden, hat das Geflügel noch mehr Platz und findet in den Exkrementen seiner zotteligen Genossen weiteres Futtermaterial.

Damit die Hühner nicht so leicht entwischen können, wird die Koppel mit einem dreireihigen Elektrozaun abgegrenzt. So können die Hühner nicht unten durch witschen. Nach oben hin bietet der Zaun jedoch wenig Schutz. „Die Hühner können drüberfliegen.“ Ab und zu findet Wörn eines der Tiere draußen vor und muss es dann wieder in die Umzäunung setzen. Bisher habe jedoch noch kein Huhn Schaden genommen. „Wichtig ist, dass man nach einer Weile den Ort wechselt.“ Denn dann ist die Wiese abgegrast und der Boden braucht eine Phase der Erholung.

Im Innern des mobilen Stalls finden die Tiere neben der Futterzufuhr jederzeit automatisch nachlaufendes Wasser vor. Zudem steht auf der Weide offen Wasser bereit. Auf Holzstangen können die Hühner schlafen. Ihre Exkremente fallen in eine Kotgrube, an die man mit Hilfe einer Klappe von außen gelangt und die sich so leicht säubern lässt. Darüber hinaus gibt es einen Nistkasten und eine Wanne in der die Tiere Brüten können.

„Wir haben uns überlegt, was die Hühner brauchen“, erklärt Wörn ihr Vorgehen bei der Planung des mobilen Stalls. Eine weitere Klappe ermöglicht es, die Eier ebenfalls von außen einzusammeln. Unter dem Wagen gibt es für das Federvieh sogar ein Sandbad. „Die Tiere können den ganzen Tag machen was sie wollen.“

Yvonne Wörn ist es wichtig, dass ihre Hühner zufrieden sind. Dann ist sie es auch. „Ich investiere viel Zeit in die Hühner und bin gerne hier draußen. Wenn ich hier bin, scheint die Zeit stillzustehen und ich schalte ab“, erzählt sie. ANKE KUMBIER

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Erstellt:
5. Dezember 2018

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