Der Stromverbrauch im stetigen Sinkflug

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Lisa und Hans Artschwager haben im Waldhaus ein ganzes Paket an Energiesparprojekten umgesetzt – und sind damit noch lange nicht am Ende GB-Foto: Bäuerle

Lisa und Hans Artschwager haben im Waldhaus ein ganzes Paket an Energiesparprojekten umgesetzt – und sind damit noch lange nicht am Ende GB-Foto: Bäuerle

it einer Mischung aus größeren und kleineren Maßnahmen bemüht sich die idyllisch am Waldrand gelegene Waldhaus Jugendhilfe gGmbH in Hildrizhausen darum, ihren ökologischen Fußabdruck zu verkleinern. Schon allein die Lage am Naturpark Schönbuch und dem angrenzenden Naturschutzgebiet sehen die Betreiber als Verpflichtung „Ressourcen zu schonen, die Natur zu schützen und zu achten.“ So steht es in den Umweltleitlinien der Jugendhilfeeinrichtung und so versuchen Hans Artschwager und seine Mitarbeiter, es im Alltag umzusetzen. „Wer so privilegiert in solch einer schönen Umgebung wohnt, sollte sich auch ökologisch verantwortungsbewusst verhalten“, erklärt der Leiter bestimmt. „Wir sind generell bestrebt, möglichst klimaschonend zu leben.“

Das war auch der Beweggrund für die Einrichtung, die im vergangenen Jahr ihr 60-jähriges Bestehen feierte, sich an dem vom Land Baden-Württemberg geförderten Ecofit-Projekt im Landkreis Böblingen zu beteiligen. „Dabei ging es uns darum, unsere Prozesse zu hinterfragen, sämtliche Verbrauche zu messen, um zu sehen, wo die Hauptenergieschlucker sind und Maßnahmen zu erarbeiten, wie wir unsere Einrichtung energieeffizienter gestalten können“, berichtet Lisa Artschwager. „Im Austausch mit den anderen Teilnehmern und der betreuenden Beratungsfirma haben wir viele Denkanstöße erhalten, wie man Prozesse verbessern kann und einige Maßnahmen erarbeitet. „In den Workshops hat man auch ein Gefühl dafür gewonnen, was einfache Maßnahmen bewirken können. Etwa ein Kippschalter, der dafür sorgt, dass Geräte auch wirklich ausgeschaltet sind und nicht auf Standby.“

Stromschlucker identifiziert

Als eine der effektivsten Methoden, Energie einzusparen, erwies sich der Austausch der in die Jahre gekommenen Steuerungspumpen für Heizung und Warmwasser. „Zuvor hatten wir groß dimensionierte Pumpen, die ständig liefen. Die haben wir gegen acht kleine Hocheffizienzpumpen ausgetauscht, die nur dann anschlagen, wenn sie tatsächlich gebraucht werden“, erklärt Hans Artschwager. Die Ersparnis liegt bei phänomenalen 80 Prozent – respektive 6000 Kilowattstunden (kWh) Strom, die nun weniger anfallen. Zusammen mit der bereits 2009 angeschafften Holzhackschnitzelheizung mit 130 kW Leistung, die seither hauptsächlich zum Heizen der Gebäude verwendet wird, während die auf die Hälfte zurückgebaute Ölheizung nur noch bei Spitzenlast anspringt – das erspart der Umwelt jedes Jahr 120 Tonnen Kohlendioxid – ist der Bereich Heizung damit gut aufgestellt.

Einem Zufall ist es zu verdanken, dass im Zuge der Maßnahmen auch einer argen Wasserverschwendung der Garaus gemacht wurde. Auf der Suche nach Wasserverbrauchern kam der Hausmeister der Toilettenspülung in der Werkstatt auf die Schliche. In den 1990er Jahren wurde dort eine automatische Spülung eingebaut, die für mehr Sauberkeit und weniger Geruchsbildung sorgen sollte. Zu diesem Zweck spülte sie alle 15 Minuten die Pissoirs. „Wir hatten das nie nachgeprüft“, bekennt Hans Artschwager. „Unser Wasserverbrauch lag bei 50 Kubikmetern, aber es fehlte der Vergleich, ob das ein hoher Wert ist.“ Offensichtlich war er das, denn seit die automatische durch eine manuelle Spülung ersetzt ist, ist der Wasserverbrauch auf 23 Kubikmeter abgesunken. Pro Jahr spart das Waldhaus allein durch diese Maßnahme 960000 Liter Wasser – genug, um ein Olympia-Schwimmbecken zur Hälfte zu füllen.

Hohe CO2-Ersparnis

Als weiterer wichtiger Punkt wurde der Austausch der Leuchtmittel erkannt und angegangen. In einer der beiden Wohngruppen wurde bereits letztes Jahr die gesamte Beleuchtung auf LED umgestellt. In den Fluren sorgen zudem Bewegungsmelder dafür, dass nicht unnötig Licht brennt. Über die komplette Lebensdauer der Leuchtmittel werden damit 315 Tonnen CO2 eingespart, hat Lisa Artschwager berechnet. Das, erklärt sie anschaulich, entspricht dem CO2-Ausstoß von 315 Hin- und Rückflügen von Zürich zu den Kanarischen Inseln. Auch bei der Außenbeleuchtung im gesamten Freigelände hat das Waldhaus auf LED-Leuchtmittel umgestellt. Mit der jährlich eingesparten Energie von 3,328 kW/a könnte man im gleichen Zeitraum insgesamt 232960 Tassen Kaffee kochen, was wiederum 640 Tassen täglich entspricht. Auch kleinere Dinge wie die Erneuerung der Großwaschmaschine und einiger in die Jahre gekommener Computer brachten respektable Einsparungen. Mit all diesen Maßnahmen ist es dem Waldhaus gelungen, seinen Stromverbrauch deutlich abzusenken. Mit seinen rund 50 vor Ort lebenden Jugendlichen, zahlreichen Mitarbeitern und der mit CNC-Fräsen und anderen energieintensiven Maschinen bestückten Werkstatt ist er mit rund 9000 kWh im Monat dennoch nach wie vor beachtlich. Doch immerhin wird die Energie nachhaltig produziert. „Wir beziehen seit etwa zehn Jahren 100 Prozent Ökostrom aus Wasserkraft von der ESDG, der Energieservice-Dienstleistungsgesellschaft. Wir wollen hier keinen Atomstrom“, erklärt Artschwager bestimmt.

Insgesamt hat die Waldhaus Jugendhilfe gGmbH im vergangenen Jahr 120000 Euro für energetische Sanierungen in die Hand genommen. Die nächsten Verbesserungen sind bereits geplant: Noch in diesem Jahr wird die Beleuchtung in der zweiten Wohngruppe, der Werkstatt und dem Verwaltungsgebäude ebenfalls auf LED umgerüstet.

Weitere Ideen betreffen die ambulanten Helfer, die im ganzen Kreis unterwegs sind. Eine Überlegung ist, sie mit Tablets auszustatten, was so manche Fahrt zum Waldhaus ersparen könnte, auch die Anschaffung eines Elektrofahrzeugs ist als Möglichkeit angedacht. Das nächste große Ziel in diesem Bereich ist die Zertifizierung nach dem Eco-Management and Audit Schema EMAS, das Unternehmen bei der kontinuierlichen Verbesserung ihrer Umweltfreundlichkeit unterstützt.

„Eco-Fit hat uns sehr gute Impulse gegeben, die wir weiterverfolgen werden“, erklärt Lisa Artschwager, die seit Projektbeginn im Februar 2017 an jedem Monatsende die Verbrauchsdaten einpflegt und damit eine gute Vergleichsbasis zu den Vorjahren gewinnt. Zudem erstellt sie einen Newsletter für die Belegschaft, die als Multiplikator fungieren soll. „Natürlich ist es uns auch wichtig, unsere Mitarbeiter und vor allem die Jugendlichen für dieses Thema zu sensibilisieren und eine gewisse Vorbildfunktion einzunehmen“, betont Hans Artschwager. JUTTA KRAUSE

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Erstellt:
28. April 2018

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