Die Balance zu halten ist unproblematisch
Aus dem Zirkus ist es bekannt: das Einradfahren. Clowns nutzen es für ihre Späße, Artisten zeigen damit tolle Kunststücke. Das Einrad hat sich aber auch zu einer Sportart mit unterschiedlichen Wettkämpfen entwickelt.
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Der Einrad-Vierer des RV Nufringen im Februar bei der Bezirksmeisterschaft in GärtringenGB-Foto: Riehle
Beim RV Nufringen wird Einradfahren seit 1998 angeboten, seit 2018 ist die Herrenbergerin Birgit Fricke für diesen Bereich innerhalb des RVN verantwortlich, in der Organisation ebenso wie als Trainerin. Ihre Tochter Tabea Fricke trainiert die jüngsten Mädels, die sich aufs Einrad wagen. Mit einem Einrad sicher zu fahren, ist eine diffizile Angelegenheit. Wer es schon einmal versucht hat, wird das bestätigen. Radfahren erlernt so ziemlich jeder im Kindesalter und verlernt es nicht mehr. Die Balance zu halten mit zwei Rädern ist unproblematisch. Mit nur einem Rad unter dem Sattel ist es genau das Gegenteil. Kaum sitzt man überhaupt auf dem Sattel, ist der Fuß auch schon wieder auf dem Boden. „Man benötigt viel Übung, ehe man sicher mit dem Einrad fährt“, sagt Birgit Fricke, „wenn man einmal die Woche ins Training kommt, dauert es etwa ein Vierteljahr, wenn man jeden Tag intensiv zu Hause übt, etwa zwei Wochen.“
Die Sparte Einrad wird von Birgit Fricke organisiert. Drei unterschiedliche Gruppen, getrennt nach Leistungsstand, erlernen dort das Einradfahren, oder aber sie verfeinern ihr Können. Die Gruppe der Acht- und Neunjährigen, beim RV „Löwinnen“ genannt, hat derzeit sechs Mitglieder. Trainiert werden sie von Tabea Fricke, der 14-jährigen Tochter von Birgit Fricke. „Es macht viel Spaß, mit den Kleinen zu üben“, sagt Tabea Fricke, sie führt den Nachwuchs spielerisch heran. „Man benötigt Geduld und Ehrgeiz“, sagt sie, die stolz darauf ist, dass bisher „noch keine abgesprungen ist“, seitdem sie die „Löwinnen“ trainiert. „Um diese Gruppe werden wir von anderen Vereinen beneidet. Meine Tochter macht das toll mit den Kleinen“, sagt Birgit Fricke.
Birgit Fricke: „Ich habe mich
Schritt für Schritt vorgetastet“
Die Herrenbergerin kam über ihre andere Tochter Felicia mit dem Einradfahren in Kontakt. Die 16-Jährige nahm mit acht Jahren in der Pfalzgraf-Rudolf-Schule an einer Einrad-AG teil, hatte Lunte gerochen und blieb bei diesem Sport hängen. Einige Jahre war sie beim RSV Öschelbronn aktiv, ehe sie zum RV Nufringen wechselte. Dort war Larissa Marquardt als Trainerin tätig, die allerdings vor zwei Jahren umzog, die Stelle des Coaches war vakant. Und hier kommt Birgit Fricke ins Spiel, sie übernahm den Posten, ohne dass sie selbst Einrad fuhr oder fährt. „Ich habe es den Mädels zuliebe gemacht“, sagt Birgit Fricke, die sich von Larissa Marquardt Tipps geben ließ, die bei ihrer Tochter Felicia „viel zugeschaut“ und sich durch „learning by doing“ in das Einradfach eingearbeitet hat. „Ich habe mich Schritt für Schritt vorgetastet“, sagte die 52-Jährige.
Bis zur Corona-Pause trainierten einmal wöchentlich immer freitags die Einradfahrerinnen des RV Nufringen in der Wiesengrundhalle oder auch in der Schwabenlandhalle. Neben den „Löwinnen“ gibt es eine Gruppe mit vier Mädchen im Alter von 11 bis 15 Jahren und eine Gruppe mit fünf Mädchen und Jugendlichen im Alter von 14 bis 17 Jahren. Diese ist die leistungsstärkste, zu ihr gehört auch Felicia Fricke. Sie fährt seit acht Jahren Einrad, hat mithin mehr Erfahrung als ihre Mutter. „Wir diskutieren immer wieder über das Training und über bestimmte Übungen“, erzählt Felicia Fricke, die wie ihre Schwester das Schickhardt-Gymnasium in Herrenberg besucht.
Der RV Nufringen nimmt mit seinen Gruppen auch an Wettkämpfen teil im Bereich Freestyle und dort an den Gruppenküren. Im Einrad gibt es unter anderem noch die Disziplinen Rennen, Trial, Hockey oder auch Basketball. Eine Gruppenkür mit vier oder sechs Fahrerinnen dauert fünf Minuten, in dieser Zeit können maximal 25 Übungen durchgeführt werden. „Es gibt einen Katalog mit etwa 150 Übungen, aus denen jede Mannschaft ihre Kür individuell zusammenstellt“, erklärt Birgit Fricke, „je nach Schwierigkeitsgrad gibt es eine bestimmte Punktzahl.“ Das leistungsstärkste Team des RV Nufringen scheiterte auf Bezirksebene nur knapp an der Qualifikation zur Landesmeisterschaft. Die „Löwinnen“ nahmen an den Kreismeisterschaften teil. „Für die Mädchen war es der erste Wettbewerb. Es ist wichtig für sie, auch diese Erfahrung zu sammeln“, sagt Birgit Fricke, die vor zwei Jahren das Einradfest in Nufringen ins Leben gerufen hat, mit den benachbarten Clubs RSV Öschelbronn oder VfL Sindelfingen. Angesichts der Corona-Pandemie ist unklar, ob dieses Treffen der Einradfahrer Anfang Juli tatsächlich stattfinden wird. Tabea Fricke stellt sich selbst Aufgaben mit dem Einrad, die sie lösen will. „Ich übe das für mich und bin dann mega glücklich, wenn ich es gelernt habe“, sagt die 14-Jährige, die so das Pendeln erlernt hat und sich an „kleinen Drehungen“ versucht. Zudem kann man das Einrad auch im Alltag nutzen. „Das Einrad ist praktisch, man kann es in die Bahn mitnehmen“, sagt Tabea Fricke. „Ich finde es faszinierend, dass man auf einem Rad fahren kann“, sagt Felicia Fricke, die ab und zu auch mit einem Hoch-Einrad unterwegs ist, auch Giraffe genannt. Sechs Fahrerinnen standen Birgit Fricke zur Verfügung, als sie das Traineramt übernommen hatte. Der Anstieg auf nun 15 Fahrerinnen zeigt, dass ihr Training ankommt. Damit will sich Birgit Fricke aber nicht zufriedengeben, „das eine oder andere Mädel darf sich uns gerne noch anschließen.“