Die Krippe füllt sich im Laufe des Monats

In diesem Jahr wird die Adventszeit ganz anders. Neben Verzicht eröffnen sich dabei jedoch auch Chancen, wie trotz Corona weihnachtliche Stimmung aufkommen und wertvolle Impulse für die kommenden Jahre gesammelt werden können.

Von Christiane Hornung

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In diesem Jahr ist alles anders – nur die Krippenfiguren brauchen keinen Abstand zu halten GB-Foto: gb

In diesem Jahr ist alles anders – nur die Krippenfiguren brauchen keinen Abstand zu halten GB-Foto: gb

In der evangelischen Kirchengemeinde Herrenberg wird die Adventszeit mit einem besonderen Ereignis im wahrsten Sinne des Wortes „eingeläutet“. Am Sonntag, 29. November, wird die neue Vaterunser-Glocke, die künftig anstelle der Guldenglocke erklingen wird, in ihren Dienst genommen. In der Stiftskirche, in deren Turm der Neuzugang das Plenum verstärkt, wird hierzu ein Gottesdienst stattfinden, zu dem jedoch, wie in den kommenden Wochen auch, eine Anmeldung erforderlich ist. Entsprechende Formulare finden sich hierzu auf der Seite der Kirchengemeinde, die das neue System derzeit nicht zuletzt auch als Probelauf für das Weihnachtsfest sieht. Verlässlichkeit und Sicherheit genießen bei Dekan Eberhard Feucht dabei oberste Priorität: „Weihnachten ist ein sehr emotionales Fest, aber in diesem Jahr sind wir auch mit Veränderungen unterwegs.“ Dies betrifft nicht zuletzt auch die traditionellen Gottesdienste an Heiligabend, die unter völlig neuen Vorzeichen stattfinden werden. Drei Gottesdienste sind in der Stiftskirche geplant. Während die Zahl der Sitzplätze durch die nun erforderliche Anmeldung begrenzt ist, wird die Weihnachtsbotschaft per Stream direkt in die Häuser übertragen. Der Familiengottesdienst um 16 Uhr, die Christvesper um 18 Uhr sowie die Christmette unter Mitwirkung der Jugendkantorei werden für ein Stück Halt und Normalität sorgen.

Adventliche Impulse
in der Spitalkirche

Den Weg bis zum Fest ebnen dabei etwa die adventlichen Impulse in der Spitalkirche, die jedoch bewusst kleingehalten werden, um Zusammenkünfte nicht zu fördern. Gänzlich im Freien spielen sich indes die Adventsfenster ab, die individuell oder im Familienkreis geschmückt werden und an verschiedenen Standorten zum coronakonformen Spaziergang laden. Mit dem Hund oder auf der abendlichen Joggingrunde etwa lassen sich die Fenster im Bereich des Pfarramtes Ost in aller Ruhe am Abend erleben. „Das passt genau in diese Zeit, es ist innerfamiliär, adventlich und man kommt nach draußen“, hebt Eberhard Feucht hervor. Er selbst möchte die Adventsfenster regelmäßig besuchen und die Zeit der Vorbereitung zum Weihnachtsfest intensiver nutzen als bisher. „Von außen wird uns eine Entschleunigung zugemutet“, so der Herrenberger Dekan, „obwohl sehr viele Menschen mit Ängsten unterwegs sind, sollte man sich Orte suchen, die man bewusst wahrnimmt.“ Darüber hinaus versinnbildlicht eine Kerze im Büro des Dekans alljährlich den Aufruf zum Innehalten, heuer jedoch möchte Eberhard Feucht diese noch bewusster wahrnehmen. „Wie kann man die Krisensituation so verwandeln, dass man Änderungen entwickeln kann?“, stellt er sich im Vorhinein der besonderen Weihnachtszeit die Frage.

Ideenreichtum und Kreativität genießen 2020 einen hohen Stellenwert, wenn es darum geht, die Vorbereitung und das Wunder im Stall erlebbar zu machen. So hat beispielsweise Pfarrer Ulrich Behrendts, zuständig für die Kirchenbezirke Herrenberg-Süd sowie Haslach, angeregt, eine Krippe in der Jakobuskirche des Herrenberger Teilortes den Dezember hindurch wachsen zu lassen. Gestaltet werden die Krippenfiguren dabei von den Haslachern selbst, Mesnerin Elli Augustat bereitete kleine Tüten mit Bastelanleitung und Material vor, die ab dem ersten Advent in der Kirche zur Verfügung gestellt werden. „Die Krippe wird sich gleich einem Adventskalender füllen“, verrät Ulrich Behrendts, den Höhepunkt wird am 24. Dezember ein Stationen-Gottesdienst für Jung und Alt darstellen, der an ebenjener Krippe endet. Nicht zuletzt liegt der Fokus den Advent hindurch darauf, sich mit der Weihnachtsgeschichte vertraut zu machen, die den Basteltüten ebenfalls beigelegt sein wird. „Viele Kollegen bereiten sich individuell vor“, erläutert Ulrich Behrendts seine Einstimmung auf die Vorweihnachtszeit, „für mich gehört der ’Andere Advent’ definitiv hinzu.“ Zeit mit einem geliebten Menschen zu verbringen, kann indes eine weitere wertvolle Kraftquelle des „Corona-Weihnachtsfestes“ sein. Dieser wird sich auch Stefan Fritz bedienen, der im Herrenberger CVJM tätig ist. Hier fiel in den vergangenen Wochen der Entschluss, das CVJM-Haus in der Brahmsstraße in einen Adventskalender zu verwandeln, innerhalb dessen jedes Fenster einem Türchen entspricht. „Licht und Schatten“ heißt dabei die leitende Thematik, nach der die verschiedenen Fenster gestaltet werden können. Das entsprechende Fenster wird an dem ihm zugewiesenen Tag besonders hervorgehoben, jedoch bis zum 24. Dezember illuminiert bleiben. „Der Anreiz ist dabei jedoch, regelmäßig vorbeizukommen und zu schauen, wo ein Licht entzündet wurde“, erläutert Stefan Fritz, „das ist individuell möglich, aber signalisiert auch eine Verbundenheit.“

Selbst wenn sich die Adventszeit sowie das Weihnachtsfest in diesem Jahr deutlich anders gestalten werden, „ist dies eine Phase, aber wir wollen Verantwortung zeigen, nach wie vor sind wir nicht durch“, hebt Eberhard Feucht hervor. Dennoch liegt über allem nicht zuletzt auch die Hoffnung auf das Christfest im kommenden Jahr: „Weihnachten 2021 wird wieder ein anderes sein.“

Unter strenger Einhaltung der derzeit geltenden Corona-Regeln erarbeitete auch die katholische Kirchengemeinde verschiedene Angebote, um die Gläubigen in und um Herrenberg in der Vorbereitung auf das Weihnachtsfest zu unterstützen. Hierzu gehört die Gebetszeit, ein Angebot, das sich bereits im Frühjahr bewährt hatte, als Gottesdienste erstmals ausgesetzt werden mussten. Zwei Rorate-Messen, traditionell am frühen Morgen bei Kerzenschein gefeiert, werden in Gut Hirten in Gültstein stattfinden.

Die Weihnachtsfeiertage selbst werden durch verschiedene Gottesdienste begleitet, darunter Krippenfeiern und Christmetten in St. Martin sowie Gut Hirten, für die jedoch telefonische Anmeldungen zu den Öffnungszeiten des Pfarrbüros sowie am 24. Dezember von 10 bis 12 Uhr erbeten sind. „Ich bin froh, dass Gottesdienste gefeiert werden können und dass es immerhin möglich ist, sich in der Kirche zu versammeln“, sagt Pfarrer Markus Ziegler. Denn, „das ist in diesem Jahr die Crux, Weihnachten ist eigentlich das Fest der Nähe und der Liebe, das nun von Abstand geprägt sein wird“. Daher plädiert Markus Ziegler dafür, die Nähe dort, wo sie möglich ist, im engsten Familienkreis, bewusster zu fokussieren. Darüber hinaus schöpft er Hoffnung für 2021: „Ich glaube, dass es mit jedem Monat besser wird und dass wir im nächsten Jahr um diese Zeit zurückschauen und sagen können: ’So war es damals.’“

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Erstellt:
28. November 2020

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