Die Landung in Oakland gelingt wie in echt

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Flugsimulator „simINN“: Jelle Blikman (links) und Stephan Mack im Cockpit der Boeing 737GB-Foto: Cakir

Flugsimulator „simINN“: Jelle Blikman (links) und Stephan Mack im Cockpit der Boeing 737GB-Foto: Cakir

Jelle Blikman fliegt direkt über die Golden Gate Bridge in San Francisco und peilt dann den Flughafen in Oakland an. Durch das Cockpit-Fenster einer originalen Boeing 737 erkennt er bereits das Rollfeld. Der 20-Jährige betätigt einen Hebel und drückt das Steuerhorn ein wenig nach vorne. Der Niederländer atmet tief durch. Es wird seine allererste Landung mit einem Passagierflugzeug – die ihm dann auch butterweich auf der Piste glückt. Doch Blikman ist nicht in Oakland gelandet, sondern befindet sich in Böblingen – im Flugsimulator „simINN“.

Sein Flug über die Westküste der USA ist zwar nur simuliert, dennoch ist Blikman, der momentan Luft- und Raumfahrttechnik studiert und später mal zur niederländischen Air Force will, mit allen Herausforderungen konfrontiert, die ein normaler Pilot bei einem gewöhnlichen Linienflug auch meistern muss – von der Bedienung das Fahrwerks, der Überwachung der vielen Monitore bis hin zur Einstellung der Landeklappen. „Es war aber einfacher, als ich es mir vorgestellt habe“, gesteht Blikmann.

Ehemaliger Pilot
gibt Anweisungen

Neben dem Niederländer haben 22 weitere Flugbegeisterte aus aller Welt ihr fliegerisches Können unter der Anleitung des ehemaligen Lufthansapiloten Stephan Mack und Fabian Majorcsik in den Flugsimulatoren bei „simINN“ auf dem Böblinger Flugfeld testen können. Die jungen Erwachsenen im Alter zwischen 18 und 22 Jahren, unter denen es Segelflieger, angehende Kampfpiloten und auch Luftfahrtingenieure gibt, waren im Rahmen des Jungfliegeraustausches „International Air Cadet Exchanges“ (IACE) vor Ort.

Seit 1957 gibt es den internationalen Jungfliegeraustausch, bei dem junge Erwachsene aus aller Welt durch die Bundesrepublik reisen und die deutsche Luft- und Raumfahrttechnik kennenlernen. Unterstützt wird der Austausch von der Deutschen Gesellschaft für Luft- und Raumfahrt und der Luftwaffe und dient laut den Veranstaltungsleitern zwei Zwecken: „Die Kadetten knüpfen hier viele internationale Freundschaften und lernen Gleichgesinnte kennen. Außerdem sehen sie, wie die Luft- und Raumfahrt in Deutschland funktioniert“, sagt Alexandra Guderley, die als Ehrenamtliche für den IACE arbeitet.

In diesem Jahr waren zwölf zivile Teilnehmer aus Großbritannien, der Schweiz, Frankreich, Belgien, Niederlande und der Türkei dabei, die bei einer Ausschreibung gewonnen hatten, und elf Offiziersanwärter aus Deutschland, Italien, Polen, Tschechien, Ungarn, Finnland, Rumänien, dem Niger, Ägypten und Jordanien, die von der Luftwaffe eingeladen wurden.

Bei ihrer 16-tägigen Reise quer durch Deutschland, bei der die Gruppe unter anderem auch das Airbus-Werk in Hamburg und das Luftwaffentruppenkommando in Köln besichtigt hat, bildete der diesjährige mittlerweile fünfte Besuch bei „simINN“ dabei den Abschluss des Austausches.

Um den Jungpiloten das authentische Erlebnis einer echten Boeing 737 zu ermöglichen, musste Andreas Wolf, der das Unternehmen seit neun Jahren betreibt und vor fast vier Jahren von Filderstadt nach Böblingen gezogen ist, erst einmal das Flugzeug auf das Flugfeld verfrachten. „In Filderstadt hatte ich noch eine Boeing-Replik, hier wollte ich eine originale Variante haben“, so Wolf. Fündig wurde er in Osteuropa. Von dort aus ließ er einen Teil der in Rente gegangenen Boeing, die einst für die portugiesische Fluggesellschaft TAP abhob, mit Hilfe eines Tiefladers mehrere Nächte lang über die Autobahnen an seinen neuen Standort transportieren. „Mit einem Autokran haben wir das Flugzeug dann auf unsere Terrasse gehievt“, so Wolf. Schließlich wurde der Flieger entkernt, geflext und in seinem jetzigen Zustand in den Räumlichkeiten von „simINN“ geparkt.

Zusammen mit einem weiteren Simulator, der den Flug mit dem Kleinflugzeug Cessna 172 nachahmt, ließ sich Wolf sein Geschäft in der Liesel-Bach-Straße auf dem Flugfeld rund 850000 Euro kosten. „Ich war schon immer flugbegeistert und bin als IT-Vertriebsleiter viel um die Welt gekommen. Da ich seit Studienzeiten bereits Erfahrung im Eventmanagement gesammelt habe, wollte ich diese Interessen miteinander verbinden“, so Wolf über seine Idee.

Fliegen ist für viele Menschen
ein Kindheitstraum

Neben den Jungfliegern, die das
„simINN“ ein Mal im Jahr besuchen, hat Wolf auch Privatpersonen und Unternehmen als Kunden, die insbesondere wegen des authentischen Gefühls kämen, so der Geschäftsführer. „Fliegen ist für viele immer noch ein Kindheitstraum, und hier können die Leute auch mal erleben, wie es hinter der Cockpittür zugeht.“ BERKAN CAKIR

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Erstellt:
28. August 2019

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