„Die sportlichen Erfolge waren der Wahnsinn“

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„So jemand ist nicht leicht zu ersetzen“: Ingo Janoch im Gespräch mit den SG-Torhüterinnen Monika Lide (rechts) und Vanessa Frey GB-Foto (Archiv): Schmidt

„So jemand ist nicht leicht zu ersetzen“: Ingo Janoch im Gespräch mit den SG-Torhüterinnen Monika Lide (rechts) und Vanessa Frey GB-Foto (Archiv): Schmidt

Er war bei der SG H2Ku Herrenberg nicht wegzudenken: 16 Jahre lang war Ingo Janoch als Sportlicher Leiter des Frauenbereichs aktiv. Nun setzt er einen Schlussstrich unter seine Funktionärstätigkeit. Trotzdem ist er sich sicher, dass er die Heimspiele weiterhin besuchen und seine Mannschaft weiter anfeuern wird.

Ingo Janoch ist Handballer aus Leidenschaft. Auch wenn der ehemalige Handballtorhüter den Sport selbst schon lange nicht mehr ausübt, ist Handball aus seinem Leben nicht wegzudenken. Trotzdem ist es für den 46-Jährigen nun Zeit, sein Amt als Sportlicher Leiter der H2Ku-Frauen weiterzureichen. Eine Entscheidung, die mehrere Gründe hat. „Zum einen habe ich durch einen beruflichen Arbeitsplatzwechsel tagsüber weniger Freiheiten“, erklärt der hauptberufliche Unternehmensberater. Außerdem sei seine Tochter inzwischen in einem Alter, in dem sie selber mit einer Sportart anfangen möchte – und um sie zu unterstützen, möchte er als Vater gerne flexibel sein. „Und dann ist es auch so, dass nach 15 Jahren Funktionärstätigkeit eine gewisse Abnutzung zu spüren ist.“

Er spüre einfach nicht mehr das Feuer, das man brauche, um dem hohen Anspruch seiner Aufgaben gerecht zu werden. „Deshalb ist es Zeit, die Tätigkeit weiterzugeben.“ Wer die Nachfolge übernimmt, steht noch nicht zu 100 Prozent fest. Sicher ist, dass die Aufgabenflut, die Ingo Janoch in der Vergangenheit allein bewältigt hatte, von nun an auf mehrere Schultern verteilt werden soll. „Unsere Geschäftsführerin Katrin Rhotert ist gerade dabei, ein Team zusammenzustellen, in dem die unterschiedlichen Aufgaben aufgeteilt werden sollen“, weiß Ingo Janoch. Er selbst sei dankbar, dass sich bereits interessierte Leute für dieses Team gemeldet haben. „Jetzt kann ich mich mit gutem Gewissen verabschieden.“

Trotzdem sieht der SG-Vorstand Ingo Janochs Abschied mit einem lachenden und einem weinenden Auge. „Einerseits muss man nach vorne schauen und die Chancen sehen, Dinge zu verändern“, erklärt Jan Rhotert, Vorstandssprecher der SG. Andererseits habe er Ingo Janoch als jemanden erlebt, der mit absolutem Herzblut und unglaublichem, persönlichen Einsatz an vorderster Front für das Team gekämpft hat. „So jemand ist nicht leicht zu ersetzen“, ist sich Jan Rhotert bewusst. Jetzt müsse sich erstmal eine Struktur bilden, mit der die SG diese Lücke auffangen kann. „Aber Ingo hat es sich nach so vielen Jahren verdient, als Zuschauer zu kommen und ganz entspannt die Handballspiele zu genießen.“

Ganz verloren ist Janoch für die SG H2Ku auch weiterhin nicht. Als Fan und Unterstützer wird er dem Vorstand trotzdem mit Ratschlägen zur Seite stehen und plant, sich wenn möglich alle Spiele zusammen mit der Familie anzusehen. Schließlich verbindet ihn mit dem Verein ein lange, gemeinsame Zeit. 2001 trat Ingo Janoch der ersten SG- Mannschaft als Torhüter bei, nachdem er bereits eine erfolgreiche Zeit in der Regionalliga beim TV Weilstetten hinter sich hatte. Auch mit der SG erlebte Janoch rasch einen Aufstieg in die Regionalliga – ein Höhepunkt, an den er sich noch heute gern zurückerinnert. „Das war schon ein Erlebnis vor so vielen Zuschauern in der Markweghalle“, schwärmt Janoch. Doch viel mehr als der Erfolg, beeindruckte ihn schon damals die Gemeinschaft, die die SG ausmacht. „Jedes Training und Spiel war immer ein richtiges Happening“, erzählt er. Der Zusammenhalt sei auch der eine Aspekt, der ihn am Handball immer fasziniert habe. „Man bekriegt sich während der Spiele bis aufs Blut, aber danach trinkt man zusammen ein Bier und alles ist gut“, schildert Ingo Janoch. „Handball kann einen unheimlich sozialisieren und ist eine Schule für das ganze Leben.“

Als die Männer und Frauen der SG H2Ku 2004 organisatorisch getrennt wurden, begann der ehemalige Handballer schließlich, sich als Funktionär im Frauenbereich zu beteiligen. Ob im Marketing- oder Sponsoringbereich, als Torwart-Trainer, Hallensprecher oder Spielleiter – es gibt kaum eine Aufgabe, die Ingo Janoch seitdem nicht übernommen hat. Vor allem aber konnte er den Aufstieg der Frauen von der Regionalliga bis zur Zweiten Bundesliga mit erleben. „Die sportlichen Erfolge waren natürlich der Wahnsinn“, schwelgt Ingo Janoch in Erinnerungen. „Erst der Aufstieg in die Regionalliga, dann die dritte Liga und zum Schluss der Klassenerhalt in der Zweiten Bundesliga.“ Besonders sei für ihn auch, dass er diesen Aufstieg gemeinsam mit seiner Frau Claudia erleben durfte, die zu der Zeit selbst bei den Frauen als Torjägerin Akzente setzte. Doch auch die schwere Stunde der Handballerinnen hat Ingo Janoch miterlebt, als die Mannschaft in der Saison 2017/18 mit dem sportlichen Abstieg kämpfen musste. „Das war sehr belastend“, erinnert er sich. „Aber trotzdem gab es keine Spielerin, die damals gesagt hat, sie geht.“ Nach jener Saison habe sich die Mannschaft wieder zusammengerauft und zurück zu den Eigenschaften gefunden, die sie ausmachen: Team- und Kampfgeist bis zuletzt. „Wenn es etwas gibt, was ich den Frauen mitgeben möchte, dann, dass sie sich diesen Funken bewahren“, betont Janoch. „Jeder, ob Spieler oder Fan, muss das Gefühl haben, dass es die Zeit wert ist.“ JENNY SCHWARTZ

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Erstellt:
15. August 2020

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