Ein feines Händchen für Junghengste

In den Vereinsfarben des Pferdesportvereins Hohe Eichen Gärtringen hat für Eva-Maria Lühr die neue Saison siegreich begonnen. Nur auf kleineren Late Entry-Turnieren, erste S-Starts sollen für die 39-Jährige aber folgen. Außerdem setzt die Springreiterin immer erfolgreicher die jungen Wilden des Marbacher Haupt- und Landgestüts in Szene.

Von Frank Häusler

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Eva-Maria Lühr geht respektvoll mit ihren Schützlingen um GB-Foto (Archiv): Häusler

Eva-Maria Lühr geht respektvoll mit ihren Schützlingen um GB-Foto (Archiv): Häusler

Als sich vor wenigen Jahren abzeichnete, dass die vom Pferdesport geprägte Großfamilie Hauke/Lühr ihre Zelte in Pfalzgrafenweiler abbrechen würde, stellte Reitlehrer Heinz Hauke (70) die beruflichen Weichen für seine Tochter höchstpersönlich. „Er las mir“, erinnert sich Eva-Maria Lühr noch genau an den Augenblick, „eine Stellenanzeige des Haupt- und Landgestüts vor und sagte, Mädchen, das ist was für dich!“ Wochen später erfolgten die Umzüge, die Eltern Heinz und Daniela Hauke wohnen seither in Dornstetten und die bis dato in 23 schweren Springen erstplatzierte S-Klassereiterin verschlug es tatsächlich auf die Alb. In Hayingen, nur wenige Autominuten entfernt von ihrem neuen Arbeitgeber, dem Marbacher Haupt- und Landgestüt, fand sie inklusive kleiner Stallung vor der Haustür eine neue Bleibe. „Aus Sicht meiner Kinder habe ich mich für Marbach entschieden, da es dort ein Zeitmanagement mit geregelten Arbeitszeiten in einem Pferdebetrieb gibt“, sagt sie. Wenngleich sich Lührs Kinder Justin und Nelsen längst an ein Leben mit ständiger Reiserei von Turnier zu Turnier gewöhnt haben sollten. Das prägt schließlich seit Jahrzehnten das Leben der Familie und wird es auch in Zukunft tun.

Seit der Vorjahressaison starten sowohl Heinz Hauke, beim Neujahrsspringen vor zwei Monaten in Herrenbergs Reithalle strahlender Finalsieger, als auch Eva-Maria Lühr wieder für den PSV Hohe Eichen. „Sie sind ja nie aus unserem Verein ausgetreten und wir haben der ganzen Familie hier in Gärtringen wirklich sehr viel zu verdanken“, betont der heutige PSV-Vereinschef Herbert Rauser. Vorbildlich sei der Zusammenhalt des im September vorigen Jahres 20 Jahre alt gewordenen Reitvereins. Was insbesondere die vielen Gärtringer Schlachtenbummler immer wieder untermauern. Egal, ob Kutschensport-Aushängeschild Jens Motteler auf seinem Einspänner angefeuert werden muss oder eben die zu den Hohe Eichen-Vereinsfarben zurückgekehrte und mittlerweile bis hinauf in die hohe Dreisterne-S-Klasse im Springparcours siegreiche Eva-Maria Lühr. „Unser Verein ist wie eine Familie“, bekräftigt die 39-Jährige, die neben ihrer Top-Garde, der braunen Württemberger-Stute Quinja (11) und der belgischen Schimmelstute L’Isbelle (10), somit auch mit jungen Marbach-Hengsten für Gärtringen startet. Allen voran aktuell der Trakehner Zauberreigen, zuletzt zum Saisonauftakt in Sauldorf-Boll, unter ihr der Sieger zweier L-Springpferdeprüfungen.

Wann hingegen die S-Pferde, die von Pferdesportkreischef Peter Bort aus Sindelfingen zur Verfügung gestellte Quinja und L’Isbelle (Besitzer ist Heinz Walz aus Pfalzgrafenweiler), in der schweren Klasse wieder durchstarten, stehe augenblicklich nicht fest. Die Saison soll langsam beginnen: „Wir haben eine ausgiebige Winterpause hinter uns, so richtig mit Hufeisen runter und barfuß durchs Gelände reiten, mit totalem Regenerieren für die Pferde.“

Eva-Maria Lühr habe Pferdebesitzer an der Hand, die den Turnierpferden Zeit geben. Ohne Leistungsdruck für eine wahrliche Gefühlsreiterin im Sattel. Darauf könne Lühr auch bei Erich Single aus Neu-Nuifra, seit Jahren einer ihrer größten Förderer, bauen. Single, der neben Eva-Maria Lühr insbesondere Olympiasieger Michael Jung (RSG Altheim) immer wieder mit neuen Pferden beritten macht, stellt der Pferdewirtschaftsmeisterin aktuell das sechsjährige Nachwuchspferd Calidos Christel zur Verfügung. „Wie sich Pferde tatsächlich entwickeln, ist in der heutigen schnelllebigen Zeit wirklich schwierig zu sagen“, sagt die Reitsportlerin. Und bei den Marbacher Deckhengsten kämen hohe Erwartungen hinzu. Das im Sport ideal herauskitzeln gehört jedoch zu Lührs Besonderheiten.

Denn ein feines Händchen mit allen Besonderheiten in einem Parcours hatte die Gärtringerin, die einige Male Nachwuchsspringpferde bis zum Bundeschampionat in Warendorf und dort direkt ins große Finale geführt hat, schon immer. „Auch Pferde sind eben am Wachsen, dann sind sie am Zähneschieben, wie es bei den Kindern eben auch so ist, man soll das eigentlich nicht vergleichen, kommt aber doch immer wieder auf den Punkt – ich erziehe Pferde nicht wie kleine Kinder, die Entwicklung muss man aber trotzdem im Hinterkopf behalten“, lautet ihre Schilderung und tagtäglich geht sie dem bei ihrer Marbacher Tätigkeit mit dem Schwerpunkt Hengstausbildung/Springtraining in Offenhausen sowie der regelmäßigen Turniervorstellung der jungen Hengste nach. Springpferde seien derweil keine Maschinen, sondern schlichtweg Fluchttiere. Von denen könne man nicht immer auf den Punkt die Leistung abverlangen. „Mir ist es wichtig“, meint Eva-Maria Lühr, „dass ich durch meine solide Ausbildung auf die verschiedenen Charaktere der Pferde gut eingehen kann und ich versuche nicht nur den Pferden etwas beizubringen, vielmehr lerne ich auch von ihnen – Ruhe und Gelassenheit sind dabei sehr wichtige Eigenschaften.“

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Erstellt:
12. März 2020

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