Erste Frau im Pfarramt Nord nach 77 Vorgängern

Ein herzliches Lachen, Neugier, einoffenes Ohr für Suchende und dabei selbst immer auf der Suche – Eigenschaften, die die Wegbegleiter von Friederike Schmalfuß an der Theologin zu schätzen gelernt haben. In Zukunft wird die neue Amtsinhaberin der Pfarrstelle Nord damit auch das Leben der evangelischen Kirchengemeinde in und um Herrenberg bereichern. Willkommen geheißen wurde sie nun mit einem Festgottesdienst.

Von Christiane Hornung

Lesedauer: ca. 3min 13sec
Friederike Schmalfuß zog mit Dekan Eberhard Feucht in die Stiftskirche ein GB-Foto: Holom

Friederike Schmalfuß zog mit Dekan Eberhard Feucht in die Stiftskirche ein GB-Foto: Holom

„Die Zeit der Vakatur auf der Pfarrstelle Nord ist zu Ende“, zeigte sich Dekan Eberhard Feucht erfreut, ehe er Friederike Schmalfuß offiziell in das „gute Team der Ehren- und Hauptamtlichen mit hineinnehmen“ konnte. Zur Investitur in der Stiftskirche, die durch das von Kantorei und Collegium musicum unter Leitung Ulrich Feiges dargebotene „Dettinger Te Deum“ von Georg Friedrich Händel die festliche musikalische Umrahmung erfuhr, waren zahlreiche Gemeindemitglieder erschienen, um die neue Pfarrerin in Herrenberg zu begrüßen. Den Weg in die Stiftskirche hatten jedoch auch Weggefährten aus den einstigen Wirkungsstätten der Theologin gefunden, vor nahezu zehn Jahren verschlug es die gebürtige Westfälin nach Schwaben. Zunächst im Kloster Kirchberg tätig, wechselte Friederike Schmalfuß 2014 in die Kirchengemeinde Alpirsbach. Im vergangenen Jahr fiel schließlich der Entschluss, neue Wege einzuschlagen, Herrenberg erschien Friederike Schmalfuß dabei als ideale Wirkungsstätte, als „Ort, an dem ich mich mit dem, was ich bisher gemacht habe, gut einbringen und leben kann, als Pfarrerin und als Mensch“. Zeit ihres Lebens begleitete sie dabei die Frage, „warum ich hier bin und warum die anderen hier sind“, die Überlegungen mündeten in das theologische Studium und der Berufung, Menschen die Liebe Gottes erkennen zu lassen.

„Ihre neue Pfarrerin ist eine Suchende nach immer tieferer Gotteserkenntnis“, formulierte es auch Matthias Gössling, der gemeinsam mit Maria Brodbeck das Zeugnis der Investitur vornahm. Aus der Suche der Theologin resultiert „ein großes Herz für die Suchenden“, so der geistliche Leiter des Klosters Kirchberg. Offenheit, Neugierde, ein „mitreißendes Lachen“ sowie die Fähigkeit, „gut und empathisch“ zuzuhören, hob Maria Brodbeck hervor, die ebenfalls im Kloster Kirchberg tätig ist.

Friederike Schmalfuß tritt in Herrenberg in die Fußstapfen von 77 Vorgängern, die das geistige Leben im Pfarramt Nord bisher geprägt hatten. Dass die in dieser Position erste Pfarrerin der Westfälischen Landeskirche entstammt, begrüßt Eberhard Feucht, „für unser eigenes Christsein ist es wichtig, den Blick über den eigenen Tellerrand hinaus zu weiten, wir sind mehr als die engen Grenzen der Landeskirche, der eigenen Gemeinden und der evangelischen Kirche“. Somit rücke die ökumenische Perspektive in den Vordergrund, werde Gott als Gastgeber betrachtet.

Einen ähnlichen Gedankengang griff Friederike Schmalfuß auch in ihrer ersten Predigt in der Herrenberger Stiftskirche auf. Dabei rückte sie die Thematiken der Grenze und der Grenzüberschreitung des sich Öffnens und Verschließens sowie die Wahrnehmung des Eigenen und Fremden in den Mittelpunkt. Bezug nahm sie dabei auf das zehnte Kapitel der Apostelgeschichte, in der Erzählung von Petrus und dem römischen Hauptmann Kornelius begegnen sich zwei Menschen, die aufgrund ihrer Herkunft unterschiedlicher nicht sein könnten, beide jedoch der Ruf Gottes ereilt.

Hofft Kornelius als Gottsuchender auf den letzten Schritt hinein in die jüdische Gemeinde, erinnert sich Petrus zunächst an das Gebot seines Glaubens. Nicht mit Fremden umzugehen, wird durch Gottes Eingreifen jedoch einem Wandlungsprozess unterzogen und überschreitet somit eine innere Grenze. „Ähneln wir nicht alle Petrus?“, so Friederike Schmalfuß weiter, nach wie vor verliefen Begegnungen mit dem als „anders“ oder „fremd“ deklarierten nicht selten geprägt durch Vorurteile und Fehlsichtigkeiten. „Wir sind alle geprägt, beispielsweise durch Lehrer, die Erziehung oder den Glauben“, wagte Friederike Schmalfuß einen Erklärungsversuch, ging dabei jedoch noch einen Schritt weiter: „Wir sind mehr als unsere Prägung und unsere Geschichte. Wir sind gehalten von der Liebe Gottes, der in unsere Grenzen hin und in Jesus als unbegrenzte Barmherzigkeit erschienen ist“, so die Theologin. Jesus selbst trat immer wieder als Grenzüberschreitender in Erscheinung, er „wusste, dass Gottes Liebe in jedes Herz gelegt ist“. Die eigene Sicht als eine von vielen anzuerkennen und den anderen dadurch ebenfalls ihr Recht einzuräumen, ist der 54-Jährigen wichtig, „dazu gehört auch, einmal zuzuhören, still zu werden und dem, was fremd erscheint, zu begegnen“. In der Liebe Gottes könnten Grenzen überwunden werden: „Wir sind aufgerufen, Gottes Liebe anzunehmen, Grenzen zu überschreiten und damit ein bisschen mehr zum Menschsein, zu Frieden, Gerechtigkeit und zum Miteinander beizutragen.“

Abgerundet wurde der Festgottesdienst durch diverse Grußworte. So überbrachte Bürgermeister Stefan Metzing die besten Wünsche der Stadt, Dr. Thomas Arenz sprach als gewählter Vorsitzender des Kirchengemeinderates, Pastoralreferentin Dr. Ulrike Altherr vertrat die Ökumene und den Arbeitskreis „Miteinander – Füreinander“, Oberin Heidrun Kopp sprach für die Diakonieschwesternschaft.

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Erstellt:
28. Januar 2020

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