„Es war beeindruckend“
Die Wut ist groß bei den Landwirten. So groß, dass sich Tausende nach Berlin aufmachten, um gegen die Agrarpolitik zu demonstrieren. Mit dabei: Ernst-Martin Schäberle und sein Sohn Stephan, die in Tailfingen eine Ferkelaufzucht und Ackerbau betreiben. Der „Gäubote“ berichtete im Vorfeld und hakte nun nach der Rückkehr nach.
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Vor dem Brandenburger Tor (von links): Marc Biadacz, Stephan Schäberle, Ernst-Martin Schäberle und zwei Landwirte aus Ludwigsburg GB-Foto: gb
„Es war beeindruckend. Vor allem zu sehen, wie sich Landwirte untereinander solidarisiert haben“, beschreibt Stephan Schäberle seine Eindrücke nach der Rückkehr aus der Bundeshauptstadt. Es sei richtig gewesen, dass so viele Traktoren dabei waren: „Das ist unser Demonstrationsmittel, das wird wahrgenommen.“ Geplant war eigentlich, dass sein Bruder Martin mitgeht, aber aus betrieblichen Gründen konnte der 41-Jährige nicht mitreisen. Tausende Landwirte aus Deutschland trafen sich zur Demonstration am Brandenburger Tor, mehr als 5000 Landwirte rollten mit dem Traktor an, sorgten im Vorfeld für kilometerlange Staus. Die Tailfinger aber reisten mit dem Flugzeug – „alles andere hätten wir mit unserem Familienbetrieb nicht hinbekommen“. Bereits im Vorfeld hatte der Bundestagsabgeordnete für den Wahlkreis Böblingen Marc Biadacz (CDU) „angefragt, ob wir uns treffen können, wenn wir in Berlin sind“. Vor seiner Zeit in Berlin sei Biadacz einmal auf dem Schäberle-Hof gewesen, seitdem bestehe ein loser Kontakt.
„In dieser Geschwindigkeit
geht das nicht“
Den weiten Weg auf sich genommen haben Ernst-Martin und Stephan Schäberle vor allem wegen des Agrarpakets und wegen des Insektenschutz-Programms. „Uns ging es darum, gehört zu werden. Deutlich zu machen, dass uns das Agrarpaket nicht einfach übergestülpt werden kann“, betont Stephan Schäberle. Im Agrarpaket sind unter anderem strengere Auflagen beim Insektenschutz und beim Düngen festgelegt (wir berichteten). „Wir haben Marc Biadacz klargemacht, dass wir Landwirte seit eh und je den Wandel mitgemacht haben, aber in dieser Geschwindigkeit geht das nicht. Die letzte Düngerverordnung ist ja erst zwei Jahre her.“ Genauso betonte der 36-Jährige, dass „wir mit der Umwelt arbeiten. Wir leben vom Boden, vom Wasser, von den Insekten. Das heiß nicht, dass wir nie Fehler machen, aber uns Landwirten wird bei allem der Schuh angezogen.“
Als „sehr wissbegierig“ und „sehr interessiert“ beschreibt Stephan Schäberle den Böblinger Bundestagsabgeordneten. Das Gespräch fand direkt nach der Demonstration am Brandenburger Tor statt. Neben den beiden Tailfingern, waren auch zwei Landwirte aus Ludwigsburg dabei. In der Presseerklärung von Biadacz heißt es: „Mir ist es wichtig, zuzuhören und die Gespräche mit den Landwirten zu suchen, um Lösungen für die Zukunft der Höfe zu finden.“ Schäberle macht keinen Hehl daraus, dass „Betriebe auf dem Spiel stehen“. Wichtig sei es, nach der Demonstration in den Dialog zu treten, mit den Politikern und mit der Bevölkerung, um „aufzuklären“. Ziel müsse ein Kompromiss sein, eine Lösung, die mit den Landwirten gefunden wird – „und nicht ein Agrarpaket, das uns übergestülpt wird“. Am Montag findet im Kanzleramt in Berlin ein Gespräch statt mit den Spitzen des Bauernverbands und der Umweltverbände – und natürlich Kanzlerin Angela Merkel. Zudem sind weitere Gesprächsrunden geplant, um den Dialog mit den Landwirten fortzuführen. Stephan Schäberle begrüßt das, „weil Bewegung reinkommt und wir gehört werden. Was dabei rauskommt, wird man sehen, aber lockerlassen werden wir nicht.“