Blick zurück auf Lebenswelten von einst

Im Schwarzwald führten seine Bewohner einst ein karges und ärmliches Leben. Wie die Menschen in den vergangenen 600 Jahren in dieser Region gelebt, gewohnt und gearbeitet haben, davon kann man sich auf dem rund 7,4 Hektar großen Gelände des Schwarzwälder Freilichtmuseums Vogtsbauernhof bei Gutach einen Eindruck verschaffen.

Von Rüdiger Schwarz

Lesedauer: ca. 2min 47sec
Das Leben im Schwarzwald spiegelt das Museum wider GB-Foto: Schwarzwälder Freilichtmuseum Vogtsbauernhof

Das Leben im Schwarzwald spiegelt das Museum wider GB-Foto: Schwarzwälder Freilichtmuseum Vogtsbauernhof

 Im ältesten Freilichtmuseum von Baden-Württemberg erzählen Schwarz-waldhöfe und -häuser samt um die 15 Nebengebäude vom Lebensalltag, dem Habitus und der Vorstellungswelt jener Schwarzwaldbauern. In so einigen Häusern scheint die Zeit stehengeblieben zu sein. Das diesjährige Thema nimmt sich der unmittelbaren Vergangenheit, den 1950er bis 1980er Jahren an.

   Begonnen hat alles 1964 mit dem 1612 errichteten Vogtsbauernhof, dem einzigen Gebäude, das noch immer auf seinem angestammten Platz steht. Das gute Stüble zeigt sich noch annähernd im Gewand, wie es von der letzten Bewohnerin hinterlassen wurde. So lebt die Lebensrealität der 1960er Jahre noch einmal auf. In der Kammer im Obergeschoss ist derweil eine Ausstellung zum sogenannten Störhandwerk zu sehen. Störgeher waren wandernde Handwerker, die auch schon einmal für eine gewisse Zeit im Haus ihres Auftraggebers wohnten. Der aus dem Jahr 1608 stammende Lorenzhof zeigt mit seinem gemauerten Sockelgeschoss und dem holzgezimmerten Obergeschoss ein in typischer Kinzigtäler Bauweise erbautes Haus.

   Ob historische Waldbewirtschaftung, Bergbau im Schwarzwald, Glasmacherei und Töpferhandwerk, im Lorenzhof wird einem vor Augen geführt, mit welchem Handwerk die Menschen zumeist im Nebenerwerb ihren Lebensunterhalt aufgemöbelt haben und welchem Wandel diese Fertigkeiten mit der Zeit unterworfen waren.

   Das Schlössle aus Effringen, das in einem aufwendigen Verfahren von Wildberg ins Freilichtmuseum versetzt und restaueriert wurde, ist seit seiner Eröffnung im letzten Jahr das älteste Gebäude auf dem Gelände. Seine Geschichte reicht bis ins 14. Jahrhundert zurück. Es diente schon als prachtvolles Landschloss, später dann als Lehenshof und war nach der letzten Umbauphase um 1880 bis 1972 bewohnt. Es wurde im Stil der frühen 70er Jahre eingerichtet. Im Schauinslandhaus trifft dagegen Schnitzerhandwerk, mit dem ganz alltägliche Gebrauchsgegenstände gefertigt wurden, auf Glaubensvorstellungen und Volksfrömmigkeit der Schwarzwaldbauern. Die Kleinbauern hielten sich auch mit der Weberei über Wasser, wie im Hotzenwaldhaus, das mit seinem tief heruntergezogenen Dach dem rauen Klima trotzen sollte, zu sehen ist.

   Der 1599 entstandene Hippenseppenhof zeugt vom ältesten nachweisbaren Haustyp im Schwarzwald. Bei diesem Höhenhaus reichen die Ständer, die die Kon-
struktion tragen, vom Boden bis unter den First. Hier tauchen die Besucher in die Kunst der Uhrenherstellung und der Strohfelchterei ein, erfahren im „Schwarzwaldkabinett“ was es mit dem berühmten Bollenhut und der Schwarzwälder Kirschtorte auf sich hat. Was sich hinter einer „schwarzen Küche“ verbirgt, führt der Falkenhof aus dem Jahr 1737 vor Augen. Da es keine Kamine gab, zog der Rauch der Feuerstellen von der Küche über Luken und Schächte bis zum Dachboden hoch.

   Über den Feuerstellen wurden Gewölme, ein mit einem Gemisch aus Lehm und Stroh verschmiertes Geflecht aus Haselnussruten, gespannt. Zwar konnten im Gewölm aufgehängte Schinken und Würste länger haltbar gemacht werden, doch mit der Zeit färbte sich die ganze Küche mit Ruß, bis sie schließlich völlig in Schwarz getaucht war.

   Ob Milchhäusle überm Brunnentrog oder die Fratze eines Kleiekotzers, im Freilichtmuseum mit seinen täglich wechselnden Handwerksvorführungen werden Geschichten über Geschichten erzählt. Auch die von einem Mord an einem Knecht. Das Eifersuchtsdrama wird mit einer historischen Drehleier als Moritat gegeben. Mittlerweile sind auch ein 450 Quadratmeter großer Teich und ein Spielbereich für Kinder fertiggestellt worden.

Info – Das Freilichtmuseum Vogtsbauernhof Gutach hat im August täglich von 9 bis 19 Uhr geöffnet. Letzter Einlass ist um 18 Uhr. Ab September bis Sonntag, 3. November, ist das Museum täglich von 9 bis 18 Uhr geöffnet. Letzter Einlass ist um 17 Uhr. Weitere Infos unter www.vogtsbauernhof.de

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Erstellt:
19. August 2019

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