Gesundheitsamt an Leistungsgrenze angelangt

Soldaten der Bundeswehr unterstützen ab Montag das Gesundheitsamt der Böblinger Kreisbehörde beim Kontaktpersonenmanagement. Derweil steigt die Zahl der mit dem Corona-Virus infizierten Menschen weiter stark an.

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Die Testkapazitäten auf das Corona-Virus im Kreis werden langsam knappGB-Foto: Microgen– stock.adobe

Die Testkapazitäten auf das Corona-Virus im Kreis werden langsam knappGB-Foto: Microgen– stock.adobe

Die Situation im Landkreis Böblingen unterscheidet sich nicht von anderen Landkreisen – auch hier steigt die Zahl der infizierten Personen. Das digitale Anzeigentafel im Internet zeigte gestern einen Zuwachs von 64 auf insgesamt 476 Fälle; der Inzidenzwert ist auf 72 gestiegen. Wer sich jetzt überlegt, zu wie vielen Menschen jeder dieser Neuinfizierten zuletzt Kontakt hatte, bekommt einen kleinen Eindruck dessen, was zur Nachverfolgung von Infektionsketten beziehungsweise dazu, dass sich solche Infektionsketten eben nicht fortsetzen, geleistet werden muss“, sagt Simone Hotz, Pressesprecherin im Landratsamt.

Ab dem kommenden Montag werden deshalb 30 Soldaten vom Bundeswehr-Dienstleistungszentrum Stetten am kalten Markt das Gesundheitsamt unterstützen, das nach angaben der Kreisbehörde an der renze seiner Leistungsfähigkeit angelangt ist. Die Soldaten sind im Kontaktpersonenmanagement, der Nachverfolgung von Infektionsketten eingesetzt und helfen mit, die primären Kontakte einer infizierten Person zu informieren, was zu tun ist.

Landrat will Überblick über
Kontaktpersonen behalten

Landrat Roland Bernhard hatte sich zuletzt schriftlich mit der Bitte um Unterstützung durch die Bundeswehr an das Regierungspräsidium gewandt. „Ich begrüße es sehr, dass diese Unterstützung so schnell geleistet werden kann“, so Bernhard gestern in einer Pressemitteilung. „Es ist absolut unerlässlich, dass wir bei den Kontaktpersonen den Überblick behalten. Das ist ein entscheidender Baustein, um dem Anstieg der Fallzahlen zu begegnen.“

Eine weitere Folge der steigenden Fallzahlen ist, dass die Testkapazitäten knapp werden. Künftig werden bei Ausbrüchen in Schulklassen oder Kitas nur noch die Schüler getestet, die unmittelbar in Kontakt waren oder in der Folge Symptome zeigen. „Unsere Erfahrungen zeigen, dass bei den Testungen ganzer Klassen oder Gruppen wenige weitere positive Fälle auftreten“, erklärt Dr. Anna Leher, Leiterin des Böblinger Gesundheitsamts. „Bei allen, die näheren Kontakt hatten, wird die Quarantäne angeordnet und ein Test gemacht, zudem natürlich bei allen, die Symptome zeigen oder als besonders vulnerabel einzustufen sind. Damit gehen wir zielgerichteter vor.“ Denn das müsse entsprechend nicht eine ganze Klasse betreffen.

Ähnlich wird auch in anderen Kreisen verfahren. Eine Untersuchung des Landesgesundheitsamts hatte das Ergebnis gebracht, dass sich Schüler meist nicht in der Schule oder Kita, sondern in der Freizeit oder im Familienverbund anstecken.

Schulleitungen schicken Klassen, in denen ein Fall aufgetreten ist, zügig vorsorglich nach Hause. Die formale Anordnung der Quarantäne erfolgt ggf. dann vom jeweils zuständigen Rathaus. „Manchmal kommt der Bescheid aus dem Rathaus schneller als der von uns“, so Dr. Leher. Natürlich gilt dann eine ausgesprochene Quarantäne. Im Landkreis Böblingen wird diese mit 14 Tagen ab Kontakt mit der infizierten Person ausgesprochen. Und: Ein negativer Test verkürzt diese Quarantäne nicht! Die 14 Tagemüssen dennoch eingehalten werden. „Diese Frage wird uns sehr häufig gestellt“, weiß Dr. Leher.

Mit den höheren Fallzahlen steigt natürlich auch die Zahl der Kontaktpersonen. „Die Anrufe sind sehr aufwändig und dauern bis zu einer Stunde. Wenn man all das bedenkt, wird klar, warum Zeit verstreichen kann, bis sich die Behörde meldet“, so Dr.Leher.

Wer sich medizinischen Rat holen möchte oder ohne Aufforderung des Gesundheitsamts auf einem Test besteht, soll sich an die jeweiligen Hausärzte wenden. „Wir müssen es schaffen, uns darauf zu konzentrieren, das Ausbruchsgeschehen weiter unter Kontrolle halten zu können. Dazu müssen wir Anfragen und Nachfragen auch vermehrt an die Kolleginnen und Kollegen der Ärzteschaft außerhalb des Gesundheitsamts umleiten“, wirbt Dr. Leher um Verständnis. In der Behörde sei man in erster Linie dafür zuständig, den Kontakt mit infizierten Personen zu halten beziehungsweise deren weitere Kontakte entsprechend zu informieren. „Im Zweifel sollte man auch geduldig sein und warten, bis wir uns melden – und in jedem Fall seine Kontakte freiwillig reduzieren.“

Auf der Internetseite des Landkreises finden sich hilfreiche Informationen und Links (www.lrabb.de). Auch auf der Seite des Landes werden viele Fragen beantwortet.

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Erstellt:
22. Oktober 2020

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