Greening – für mehr Grünland und Vielfalt

Greening: Das kann blühende Gras- und Wildblumenstreifen neben Ackerflächen bedeuten – wie man sie tatsächlich im Gäu da und dort sehen kann –, das ist vor allem aber der Erhalt von Grünland, die Vielfalt beim Anbau von Feldfrüchten sowie die Schaffung ökologischer Vorrangflächen auf Ackerland. Der Hofbetrieb von Daniel und Wilhelm Dengler in Jettingen-Sindlingen setzt das Agrarmodell Greening um.

Von Marline Fetzer-Hauser

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Daniel Dengler konzentriert sich beim Greening auf den Anbau von Soja-Pflanzen – hier bei Affstätt GB-Foto: Bäuerle

Daniel Dengler konzentriert sich beim Greening auf den Anbau von Soja-Pflanzen – hier bei Affstätt GB-Foto: Bäuerle

Streng betriebswirtschaftlich gesehen „hat man als Landwirt nichts davon“, meint der junge Landwirt Daniel Dengler halb im Scherz: Greening ist ein Förderprogramm, das vor allem grüne Ideen für Klima und Umwelt befördern soll, und es ist ein Produkt der EU-Agrarpolitik mit bewusst international verständlichem Namen, erklärt Daniel Dengler, der mit seinem Vater Wilhelm 200 Hektar Anbauflächen umtreibt, ergänzt durch eine Schweinemast mit 2000 Tieren. Greening ist für ihn auch ein „Schlagwort gegen Monokulturen“.

Viele Vorgaben sind zu beachten

Die Umsetzung klingt kompliziert, und so galt es auch für Daniel Dengler zunächst, sich in die Richtlinien des vor drei Jahren, 2015, eingeführten EU-Programms einzuarbeiten – wie in so vieles, womit sich heutzutage Vollerwerbslandwirte beschäftigen müssen. Ein Blick in das Büro von Sohn und Vater Dengler zeigt deckenhohe Regale gefüllt mit Ordnern und gleich mehrere PC und Monitore auf den Schreibtischen – der 33-jährige Daniel Dengler legt auch gleich zwei dicke Informationsbroschüren zum Thema Greening vor, da geht es um Richtlinien, Pflanzenarten, die Mindestzahl an Kulturen, Flächenberechnungen, Prämiengrößen, Codes und Prozentzahlen.

Für die Landwirte gibt es pro Jahr für ihre gesamte Anbaufläche „die Basisprämie mit 171 Euro pro Hektar, plus 87 Euro pro Hektar als Greening-Prämie“, insgesamt 258 Euro, so Daniel Dengler, der im elterlichen Betrieb die Landwirtsausbildung und außerdem ein komplettes wirtschaftswissenschaftliches Studium in Hohenheim hinter sich hat. „Wenn man das Greening-Programm nicht erfüllt, werden die Flächenprämien zusammengestrichen“, ergänzt er. Wobei die Basisprämie über das Land von der EU kommt, die Greening-Prämie als Direktzahlung von der EU geleistet wird.

Bei Greening geht es grundsätzlich um zusätzliche Leistungen in der Artenvielfalt und ganzjährige Bodendeckung, damit Wildtieren wie dem Rebhuhn, Bienen und Wildpflanzen zusätzlicher Raum geboten wird. Das Programm umfasst drei Komponenten: den Erhalt von Wiesen und Weiden, eine größere Vielfalt bei den Feldfrüchten (Diversifizierung) sowie die sogenannten ökologischen Vorrangflächen (ÖVF), die mindestens fünf Prozent des Ackerlandes einnehmen müssen. Für diese Vorrangflächen nennt das Programm zahlreiche Möglichkeiten, die anerkannt werden: brachliegende Flächen, Anbau mit Zwischenfrüchten, mit Leguminosen, Kurzumtriebsplantagen von Niederwald, Landschaftselemente wie Puffer-, Wald- und Feldrandstreifen, auch Feldgehölze, Tümpel und Trockenmauern. „Man muss dabei viele Vorgaben beachten“, macht Daniel Dengler deutlich. So darf auf den Vorrangflächen keinerlei Pflanzenschutzmittel ausgebracht werden. Das allerdings führt zu Ertragsverlusten, die mit den Prämienzahlungen ausgeglichen werden sollen. Für alle Flächen gibt es unterschiedliche Codes und Faktoren, die der Anrechnung der Flächen dienen.

Auf den Feldern der Familie Dengler werden Winterweizen (27 Prozent), Körnermais (25 Prozent), Zuckerrüben, Raps und Sojabohnen (über zehn Prozent) angebaut, mehr als 20 Hektar – über zehn Prozent – sind als ökologische Vorzugsflächen ausgewiesen. Die Sojabohnen sind ausschlaggebend, da sie als Eisweißpflanzen und Stickstoffbinder nicht gedüngt werden müssen, sogar den Stickstoffgehalt des Bodens für weitere Kulturpflanzen verbessern. Auf einem Feld mit Soja wird im nächsten Jahr Winterweizen angebaut, während der Sojaanbau auf ein anderes Feld wechselt. „Das rolliert über die gesamte Anbaufläche“, die nicht nur bei Sindlingen sondern auch bei Affstätt liegt, erklärt Daniel Dengler. Er weiß, dass die meisten seiner Kollegen Greening über den Anbau von Zwischenfrüchten und Fruchtfolgen machen, mancher zudem über Brache und auch Blühstreifen, die beispielsweise an den Feldern mit Zuckerrüben angelegt werden.

Daniel Dengler konzentriert sich auf den Anbau von Sojabohnen, denn: „Wir machen das Greening, um Kosten im Rahmen zu halten“, Kosten für die Fütterung in der Schweinemast, wo der Betrieb auf gentechnikfreie Sojabohnen setzt. Statt diese teuer einzukaufen, pflanzen die Denglers sie in Fruchtfolgen an, ohne Dünger einzusetzen – und nutzen damit die Möglichkeit, den mit Ertragseinbußen verbundenen Anbau mit Fördermitteln des Greenings auszugleichen.

Regelungen wurden verschärft

Und trotzdem ist der Sindlinger Landwirt etwas hin- und hergerissen: „Man verschenkt fünf Prozent der Fläche, des Produktionsvolumens“, denkt er als Betriebswirt. Er betreibt seit 2005 mit seinem Vater den elterlichen Hof als GbR und ist seit Anfang 2017 stellvertretender Vorsitzender des Kreisbauernverbands Böblingen. Verstehen kann er einige Kollegen in der Region, die Greening wieder aufgegeben haben: „Die Regelungen von der EU sind dieses Jahr wieder verschärft worden“, auf Vorzugsflächen darf keinerlei Pflanzenschutzmittel mehr eingesetzt werden – stattdessen kommen zwischen den Anbaureihen gegen aufkommendes Unkraut wieder Hacken zum Einsatz, das sei aufwendig. Oder teuer: Die Hofbetreiber Dengler haben vor kurzem extra ein zwölfreihiges Hackgerät mit GPS-Steuerung gekauft. „Ob sich das am Ende amortisiert? Ich hoffe …“, lacht Daniel Dengler auf. Jeder Landwirt müsse sich genau überlegen, „ob man sich den Umweltschutzaspekt leisten will oder nicht“.

Für seinen Betrieb lohne sich das Greening, weil es mit dem Förderprogramm des Landes, FAKT, (Förderprogramm für Agrarumwelt, Klimaschutz und Tierwohl) kombiniert wird. Hierfür gilt eine Mindestanforderung von fünf verschiedenen Kulturen auf der Ackerfläche in Folgen, davon mindestens zehn Prozent Leguminosen/Eiweißpflanzen – das bringt dem Betrieb 75 Euro pro Hektar zusätzlich.

Dieser Ausgleich kann laut Informationsblatt des Ministeriums für ländlichen Raum „nur für erbrachte Umweltleistungen gezahlt werden, welche die Grundanforderungen an Düngung und Pflanzenschutz sowie die Cross-Compliance- und Greening-Auflagen übersteigen.“ Cross-Compliance steht für die Bindung bestimmter EU-Agrarzahlungen an Verpflichtungen aus den Bereichen Umweltschutz, Gesundheit von Mensch, Tier und Pflanze sowie Tierschutz.

„Lokale Wohlstandserscheinung“

Der Vorsitzende des Kreisbauernverbandes Böblingen, Andreas Kindler aus Renningen, stellt fest, dass im Kreisgebiet eine Großzahl der Landwirte bei Greening mitmacht. „Wenn man um sich sieht, gibt es viele Flächen mit Blühmischungen und Leguminosen, also vor allem Soja oder Erbsen in Mischkultur.“ Gleichwohl bezeichnet er Greening auch als eine „lokale Wohlstandserscheinung“ – denn global gesehen, gehe es in der Landwirtschaft vordergründig darum, die Menschen zu ernähren. Allerdings werde es „in Zukunft wohl weniger Gelder geben“ als Ausgleichszahlungen, ab 2020 seien Änderungen in der EU-Agrarpolitik zu erwarten.

Von den 620 Landwirten im Landkreis Böblingen, die 2017 das EU-Programm „Direktzahlungen“ beantragen, haben 296 Betriebe mit mehr als 15 Hektar Ackerland bei Greening mitgemacht, gibt das Landratsamt Auskunft. Von den 620 Landwirten haben zudem 426 eine Maßnahme in FAKT beantragt.

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Erstellt:
18. Juli 2018

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